Zusammenfassung
Was bestimmt die unbewussten Vorstellungen vom eigenen Genitale? Wie greifen da weibliche Anatomie und auf die Anatomie projizierte innere Konfliktthemen ineinander? Die Autorin bezieht sich auf die von Bernstein explorierten Angstquellen der weiblich-genitalen Anatomie, besonders darauf, dass die Vagina nicht willentlich zu öffnen und zu schließen ist. Sie stellt die These auf, dass sich besonders dieses angsterregende Moment mit unbewussten prägenitalen Konflikten verbinden kann, sodass – je nach Konfliktthematik – ganz unterschiedliche unbewusste Bilder des eigenen Genitales entstehen. Aus einer vorwiegend triebtheoretischen Perspektive wird anhand von 2 Falldarstellungen gezeigt, welche unbewussten Bilder sich bei oralen und bei analen auf das Geschlecht projizierten Konflikten entwickeln können. Die Verbindung zu Penetrationsängsten wird hergestellt und die Qualität der Penetrationsängste genauer untersucht. Schließlich widmet sich die Autorin der Frage, auf welche Weise die oral und anal gefärbten genitalen Ängste durch eine Penisfantasie abgewehrt werden können, und was die Penisfantasie dann jeweils bedeutet.
Abstract
What determines the unconscious fantasies about one’s own genitals? How do female anatomy and inner conflict issues projected onto anatomy intertwine? The author refers to the sources of anxiety of the female genital anatomy explored by Bernstein, especially to the fact that the vagina cannot be opened and closed voluntarily. She posits that this anxiety-provoking moment in particular can combine with unconscious pregenital conflicts, so that, depending on the conflict theme, quite different unconscious images of one’s own genitals emerge. From a predominantly drive-theoretical perspective, two case presentations are used to show which unconscious images can develop in oral and in anal conflicts projected onto the sex. The connection to penetration fears is made and the quality of penetration fears is examined in more detail. Finally, the author addresses the question in which way the oral and anal colored genital fears can be warded off by a penis fantasy and what the penis fantasy then means in each case.
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Danksagung
Ich danke Dr. Elisabeth Imhorst für die wertvollen Hinweise und die ermutigende Unterstützung.
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B. Contzen gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Contzen, B. Prägenitale Konflikte und unbewusste Fantasien vom eigenen Genitale bei Frauen. Forum Psychoanal 38, 177–190 (2022). https://doi.org/10.1007/s00451-022-00467-8
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