Skip to main content
Log in

»Möglichkeiten von Text im Digitalen«

Ästhetische Urbarmachung von korpuslinguistischen Analysetools und Bots in der generativen Literatur der Gegenwart am Beispiel des Textkollektivs 0x0a

»Possibilities for text in the digital world«

The aesthetic cultivation of analysis tools from corpus linguistics and bots in contemporary generative literature – using the example of the text collective 0x0a

  • Beitrag
  • Published:
Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Mit den Arbeiten des Textkollektivs 0x0a wird eine Spielart digitaler Literatur vorgestellt, die sich als eine Form ›eskalierten Schreibenlassens‹ versteht und sich zur Generierung ihrer Texte gleichermaßen Verfahren der korpuslinguistischen Textanalyse wie Algorithmen, Skripte und Bots zunutze macht. Hannes Bajohrs Roman Durchschnitt (2015), der als zeitgenössische Antwort auf die Kanonfrage konzipiert ist, gibt die Ergebnisse seines ›Distant Reading‹ des Kanons der deutschen Literatur irritierenderweise als Roman zu lesen, der ein ›Close Reading‹ einfordert. Gregor Weichbrodt führt in nachrichten futur (2015) aktuelle Entwicklungen in Social Media, Journalismus und Politik zusammen. Beide plädieren für die Aufnahme digitaler Methoden und Sprachtechnologien ins ›Arsenal der Gegenwartsliteratur‹.

Abstract

By discussing selected works of text collective 0x0a, the article presents a rigorous type of generative digital literature. For producing its texts, the collective utilizes processes employed for textual analysis common in corpus linguistics as well as algorithms, scripts, and bots. Hannes Bajohr’s novel Durchschnitt (2015) – conceptualized as a contemporary answer to the problem of literary canon – presents the results of his »distant reading« of the German literary canon. Astonishingly, this takes place in the form of a novel that requires a »close reading«. In nachrichten futur (2015), Gregor Weichbrodt brings together current developments in social media, journalism, and politics. Both approaches argue for incorporating digital methods and language technologies into the »arsenal of contemporary literature.«

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Abbildung 1:
Abbildung 2:
Abbildung 3:
Abbildung 4:

Notes

  1. Marcel Reich-Ranicki, »›Literatur muss Spaß machen‹. Marcel Reich-Ranicki über einen neuen Kanon lesenswerter deutschsprachiger Werke«, Spiegel 25 (2001), 212–223, hier: 213.

  2. Marcel Reich-Ranicki in Hubert Spiegel, »In Deutschland leben viele rohe Menschen. Gespräch mit Marcel Reich-Ranicki«, Frankfurter Allgemeine Zeitung 118 (2002), 24.5.2002, 45.

  3. Reich-Ranicki (Anm. 1), 214.

  4. Reich-Ranicki (Anm. 1), 214.

  5. Marcel Reich-Ranicki, »Warum wir einen Kanon brauchen. Fragwürdig, aber notwendig: Marcel Reich-Ranicki über seine Liste der 20 wichtigsten Romane«, Die Welt am Sonntag 36 (2002), 8.9.2002, 59.

  6. Reich-Ranicki (Anm. 1), 223.

  7. Der Schuber enthält, nach Publikationsjahren geordnet: Johann Wolfgang Goethe, Die Leiden des jungen Werther (1774), Ders., Die Wahlverwandtschaften (1809), E. T. A. Hoffmann, Die Elixiere des Teufels (1815/16), Gottfried Keller, Der grüne Heinrich (1854/55), Theodor Fontane, Frau Jenny Treibel (1892), Ders., Effi Briest (1894/95), Thomas Mann, Buddenbrooks (1901), Heinrich Mann, Professor Unrat (1905), Hermann Hesse, Unterm Rad (1906), Robert Musil, Die Verwirrungen des Zöglings Törless (1906), Franz Kafka, Der Prozess (1914/15), Thomas Mann, Der Zauberberg (1924), Alfred Döblin, Berlin Alexanderplatz (1929), Joseph Roth, Radetzkymarsch (1932), Anna Seghers, Das siebte Kreuz (1942), Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege (1951), Wolfgang Koeppen, Tauben im Gras (1951), Günter Grass, Die Blechtrommel (1959), Max Frisch, Montauk (1975), Thomas Bernhard, Holzfällen (1984).

  8. Marcel Reich-Ranicki, »Wer soll das alles lesen und warum? Marcel Reich-Ranicki erklärt, wie die 180 Erzählungen in seinen Kanon kamen. Und wer leider draußen bleiben muß [Interview mit Volker Weidemann und Claudius Seidl]«, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 44 (2003), 2.11.2003, 28.

  9. Genaugenommen sind es 260 Seiten. Hannes Bajohr, »Durchschnitt [Klappentext]«, in: http://0x0a.li/de/text/durchschnitt/ und http://frohmann.orbanism.com/post/106900197736 (11.5.2017).

  10. Der von Bajohr ermittelte Durchschnittswert für Reich-Ranickis Roman-Kanon steht im Einklang mit sprachstatistischen Untersuchungen. So gibt Meier die durchschnittliche Satzlänge für die deutschsprachige Prosa mit 19,3 Wörtern an. Vgl. Helmut Meier, Deutsche Sprachstatistik, 2 Bde., Hildesheim 1964, I, 190–192.

  11. Reich-Ranicki zeigt sich zutiefst davon »überzeugt, dass der Verzicht auf einen Kanon in einer zivilisierten Gesellschaft verhängnisvoll, ja unvorstellbar ist. Er wäre ein Rückfall in Willkür und Beliebigkeit, in Chaos und Ratlosigkeit, ein Rückfall in die Barbarei.« Reich-Ranicki (Anm. 5).

  12. »Worauf also kam es mir an? Kurz gesagt: Auf den literarischen Wert und auf die Lesbarkeit.« Reich-Ranicki (Anm. 8).

  13. Unter Hinweis auf die »Zusammenhänge zwischen der Größe von Silben, Wörtern und (Kern)Sätzen« und auf die Wechselbeziehung der Satzlänge »zu anderen syntaktischen Eigenschaften wie Frequenz und Komplexität« kommt etwa Karl-Heinz Best zum Schluss, dass »die Angabe von Mittelwerten doch nicht mehr ganz so trivial [ist], wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Um es anders auszudrücken: Satzlänge steht wie Wortlänge im Zentrum eines Netzes von vielfältigen Beziehungen zu anderen Größen, die insgesamt die Struktur von Texten ausmachen.« (Karl-Heinz Best, »Satzlängen im Deutschen: Verteilungen, Mittelwerte, Sprachwandel«, Göttinger Beiträge zur Sprachwissenschaft 7 [2002], 7–31, hier: 28, vgl. ähnlich auch schon Hans Arens, Verborgene Ordnung. Die Beziehungen zwischen Satzlänge und Wortlänge in deutscher Erzählprosa vom Barock bis heute, Düsseldorf 1965). Auch Wilhelm Fucks hat in den 1960er Jahren der mittleren Satzlänge als Stilcharakteristikum besondere Aufmerksamkeit geschenkt – nicht ohne jedoch darauf hinzuweisen, dass die Satzlänge keine »Aussage über die stilistische Güte« oder »den literarischen Wert« eines Werks zulasse (vgl. Wilhelm Fucks, Nach allen Regeln der Kunst. Diagnosen über Literatur, Musik, bildenden Kunst – die Werke, ihre Autoren und Schöpfer, Stuttgart 1968, insb. 33–65 und 95–103 sowie Ders., Josef Lauter, »Mathematische Analyse des literarischen Stils«, in: Helmut Kreuzer, Rul Gunzenhäuser [Hrsg.], Mathematik und Dichtung. Versuche zur Frage einer exakten Literaturwissenschaft, München 1965, 107–122, insb. 112–116). Für einen Überblick zur jüngsten literaturwissenschaftlichen Stylometrie-Forschung vgl. Hugh Craig, »Stylistic Analysis and Authorship Studies«, in: Susan Schreibman (Hrsg.), A Companion to Digital Humanities, Malden (Massachusetts) 2004, 273–288, David I. Holmes, »The Evolution of Stylometry in Humanities Scholarship«, Literary and Linguistic Computing 13/3 (1998), 111–117, sowie Fotis Jannidis, »Der Autor ganz nah. Autorstil in Stilistik und Stilometrie«, in: Matthias Schaffrick, Marcus Willand (Hrsg.), Theorien und Praktiken der Autorschaft, Berlin et al. 2014, 169–195.

  14. Für einen Überblick über die linguistische Satzlängenforschung vgl. Best (Anm. 13) sowie Ders., »Satzlänge«, in: Reinhard Köhler, Gabriel Altmann, Rajmund G. Piotrowski (Hrsg.), Quantitative Linguistik – ein internationales Handbuch, Berlin et al. 2005, 298–305.

  15. Während die mittlere Satzlänge in Manns Buddenbrooks 17 Wörter je Satz bei einer Streuung von 14 beträgt, sind es in Doktor Faustus bereits 31 Wörter je Satz bei einem Streuwert von 21. Zum Vergleich: Grass’ Blechtrommel kommt auf 26 Wörter je Satz bei einer Streuung von 15 (vgl. Fucks [Anm. 13], 42 und 94). Meier führt als Extrembeispiel Hermann Brochs Der Tod des Vergils mit Sätzen bis zu 1.077 Wörtern an (vgl. Meier [Anm. 10]).

  16. Bloom stellt sich der Frage, »what makes the author and the works canonical. The answer, more often than not, has turned out to be strangeness, a mode of originality that either cannot be assimilated, or that so assimilates us that we cease to see it as strange. […] The cycle of achievements goes from The Divine Comedy to Endgame, from strangeness to strangeness. When you read a canonical work for a first time you encounter a stranger, an uncanny startlement rather than a fulfillment of expectations.« Harold Bloom, The Western Canon: The Books and School of the Ages, New York, San Diego, London 1994, 3.

  17. Selbst wenn es pragmatische Gründe waren, die Bajohr nach eigener Aussage zum Eingriff in die Interpunktion bewogen, ist dieser Effekt sicher nicht unwillkommen. Die Präferenz für den Punkt enthält zudem eine Reminiszenz an eine Ikone der Avantgarde, ist es doch der Punkt, den Gertrude Stein zum ›interessantesten‹ aller Satzzeichen erklärt: »There are some punctuations that are interesting and there are some punctuations that are not. Let us begin with the punctuations that are not. Of these the one but the first and the most the completely most uninteresting is the question mark. […] A question is a question, anybody can know that a question is a question and so why add to it the question mark when it is already there when the question is already there in the writing. […] Exclamation marks have the same difficulty and also quotation marks, they are unnecessary, they are ugly, they spoil the line of the writing or the printing and anyway what is the use, if you do not know that a question is a question what is the use of its being a question. The same thing is true of a exclamation. And the same thing is true of a quotation.« Gertrude Stein, »Poetry and Grammar«, in: Dies., Lectures in America, Boston 1967, 209–246, hier: 214f.

  18. Hannes Bajohr, »Algorithmische Einfühlung: Über Nick Montforts ›Megawatt‹«, 1.1.2015, in: http://0x0a.li/de/algorithmische-einfuehlung-nick-montforts-megawatt/ (11.5.2017).

  19. Margaret Cohen, The Sentimental Education of the Novel, Princeton 1999, 23. Vgl. auch Dies., »Narratology in the Archive of Literature«, Representations 108/1 (Fall 2009), 51–75. Aufgegriffen von Franco Moretti, »The Slaughterhouse of Literature«, Modern Language Quarterly 61/1 (March 2000), 207–227.

  20. Mark Twain, »Disappearance of Literature. Address at the Dinner of the Nineteenth Century Club, at Sherry’s, New York, November 20, 1900«, in: Ders., Mark Twain’s Speeches, New York 1923, 209–210, hier: 210.

  21. »if you want to look beyond the canon […] close reading will not do it.« Franco Moretti, »Conjectures on World Literature«, New Left Revue 1 (2000), 54–68, hier: 57. Vgl. auch Ders. (Anm. 19), 225.

  22. Diese Poetik des Zwischenstadiums zeichne generell die Avantgarde der Gegenwart aus und lasse sich, so Bajohr, im Rückgriff auf Hans Blumenberg als »Halbzeug« beschreiben. Vgl. Hannes Bajohr, »Schreibenlassen: Gegenwartsliteratur und die Furcht vorm Digitalen«, Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken 68/782 (2014), 651–658, hier: 656.

  23. Bestätigt wird der Zweifel durch den folgenden Satz »Hans hatte keine gute Schreibfeder […]«, in dem die Figur Hans erneut ihre Eindeutigkeit verliert. Hannes Bajohr, Durchschnitt. Roman, Berlin 2015, 121 (erhältlich als E‑Book bei Frohmann und Print-on-Demand bei Lulu, seit 2017 auch als Paperback bei Frohmann).

  24. Christiane Frohmann, »Digitale Literatur als Datendada«, in: https://www.goethe.de/ins/cn/de/kul/mag/20789966.html (11.5.2017).

  25. Alle Zitate aus Sianne Ngai, Ugly Feelings, Cambridge, 253 und 254. Bajohr übersetzt Ngais Begriff als das »Dumm-Erhabene«, vgl. Hannes Bajohr, »Infradünne Plattformen. Print-on-Demand als Strategie und Genre«, Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken 70/800 (2016), 79–87, hier: 82f.

  26. Kenneth Goldsmith, »Being Boring«, in: http://wings.buffalo.edu/epc/authors/goldsmith/goldsmith_boring.html (11.5.2017).

  27. Ngai (Anm. 25), 272 [Herv. i.O.].

  28. Goldsmith (Anm. 26).

  29. Frohmann (Anm. 24).

  30. Bezweifelt werden darf allerdings, dass sich mit dieser Lesestrategie das Versprechen einlösen lässt, das im »A«-Kapitel gegeben wird und selbstbezüglich den vorliegenden Roman zu reflektieren scheint: »Alles wird sich, lieber Leser, nun klärlich dartun, wenn du diese wenigen Vornamen und Buchstaben im Sinn behältst.« Bajohr (Anm. 23), 15f.

  31. Ursula März, »Wer waren noch mal Georg und Nele? Vom Schwinden der Vollnamen in der deutschen Literatur«, Die Zeit 25 (2016), 9.6.2016, 45.

  32. »Er starrte Zillich an, der ihm mit einem schweren finsteren Blick erwiderte, voll Reue und Trauer und Schuldbewußtsein. Er steht am Ausgang der Untergrundbahn Potsdamer Platz, in der Friedrichstraße an der Passage, unter dem Bahnhof Alexanderplatz. Er steigt vor der Post aus und schreibt mit fester Hand ein Telegramm an Carl Joseph: Wird erledigt. Er stülpte rasch den leeren Korb, in dem er Elli hatte verstauen wollen in den anderen leeren Korb. Er sucht Franzen auf, der sitzt viel auf seiner Bude, Franz soll ihm was verraten oder ihm beistehen.« Bajohr (Anm. 23), 93 [Herv. A.G.]. Zu Erzählweisen im Präsens vgl. Armen Avanessian, Anke Hennig, Präsens. Poetik eines Tempus, Zürich 2012.

  33. »Wer in den vergangenen zehn Jahren auch nur ein Dutzend Bücher las, begegnete garantiert einer Nele und einem Georg, wahrscheinlich auch einem Sven. Aber in welchem Roman kamen sie noch mal vor?« März (Anm. 31).

  34. Bajohrs Arbeiten belegen so en passant auch die Erkenntnis der jüngsten Stylometrie-Forschung, dass die Rede vom ›stilistischen Fingerabdruck‹ eines Autors »ein falsches Bild« vermittle, »da es keine einzigartigen individuellen Merkmale gibt, die den Stil eines Autors kennzeichnen. Oakes fasst diesen Befund so zusammen: ›However, to date, more success has been found in determining the constancy of style between texts written by the same author than the uniqueness of an individual’s writing style.‹« Jannidis (Anm. 13), 183.

  35. Hannes Bajohr, »Es trug sich zu«, mütze 8 (2014), 402–403.

  36. Die erstaunliche Aussagekraft und »bemerkenswerte Leistungsfähigkeit von Ngrammen« (insbesondere von auf Buchstaben basierenden n‑Grammen) kann gegenwärtig noch kaum erklärt werden. Die zugrundeliegenden kausalen Zusammenhänge sind unklar, unter Beweis gestellt werden konnte bislang allein, dass n‑Gramme – wie Häufigkeitswortlisten – »ein guter Stellvertreter für eine Reihe von anderen Merkmalen« sind. Jannidis (Anm. 13), 188 und 189.

  37. Die potenziell wissenschaftliche Nutzbarmachung wird jedoch nicht aus dem Auge verloren. So hat 0x0a das aus 282.596 Facebook-Kommentaren auf der Pegida-Seite und ihren Ablegern erstellte (anonymisierte) Korpus online veröffentlicht, das die Grundlage für ihr Gedicht »Pegida kommt zu Wort« (Gregor Weichbrodt, »Pegida kommt zu Wort«, 5.1.2015, in: http://0x0a.li/de/pegida-kommt-zu-wort/ [11.5.2017]) und ihr Buch Glaube Liebe Hoffnung. Nachrichten aus dem christlichen Abendland (Gregor Weichbrodt, Hannes Bajohr, Glaube Liebe Hoffnung. Nachrichten aus dem christlichen Abendland, Berlin 2015 [E-Book und PoD; 2017 als Paperback im Frohmann Verlag]) bildete. Es eignet sich ihrer Meinung nach ebenso zur literarischen Nutzung wie zur (sozio-)linguistischen Auswertung, denn man kann es »nachlesen, parsen, quantitativ analysieren.« (Hannes Bajohr, »Die Sprache Pegidas«, in: Ders., Gregor Weichbrodt, Glaube Liebe Hoffnung, Berlin 2017, 76–78, hier: 77) Sowohl das Pegida-Korpus selbst als auch die beiden literarischen Arbeiten haben ein großes mediales Echo hervorgerufen. Dabei wurden die literarischen Werke interessanterweise häufig als soziolinguistische Analyse der Pegida-Sprache gelesen. Das Korpus ist inzwischen mehrfach Gegenstand sozialwissenschaftlicher und linguistischer Analysen geworden, vgl. z.B. Tino Heim, »Pegida als leerer Signifikant, Spiegel und Projektionsfläche – eine Einleitung«, in: Ders. (Hrsg.), Pegida als Spiegel und Projektionsfläche: Wechselwirkungen und Abgrenzungen zwischen Pegida, Politik, Medien, Zivilgesellschaft und Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2017, 1–32, sowie Alexa Mathias, »Von ›Parasiten‹ und anderen ›Schädlingen‹. Feinddiskreditierung rechtspopulistischer und rechtsextremer Bewegungen in Deutschland«, in: Linguistik online 82/3 (2017), https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/3716/5666 (11.5.2017).

  38. »This strange blurring of and even feedback loop between reading and writing signals a definitive shift in the nature and the definition of literature. […] What is new and particular to the twenty-first-century literary landscape is a revived interest in the underlying workings of the algorithms that are reading, writing, and reading our writing.« Lori Emerson, Reading Writing Interfaces. From the Digital to the Bookbound, Minneapolis, London 2014, 163f. [Herv. i.O.].

  39. Hannes Bajohr, »Vom Geist und den Maschinen«, in: Logbuch. Deutschsprachige Literatur heute [Suhrkamp Blog, Juli 2016], http://www.logbuch-suhrkamp.de/hannes-bajohr/vom-geist-und-den-maschinen/ (11.5.2017).

  40. Bajohr (Anm. 39).

  41. Bajohr (Anm. 39), [Herv.i.O.]. Vgl. auch Gregor Weichbrodt, »0x0a online [Blogeintrag]«, 22.10.2014, in: http://0x0a.li/de/0x0a-online/ (11.5.2017). Vgl. auch Jean-Pierre Balpe, »Principles and Processes of Generative Literature. Questions to Literature«, in: Peter Gendolla, Jörgen Schäfer (Hrsg.), The Aesthetics of Net Literature: Writing, Reading and Playing in Programmable Media, Bielefeld 2007, 309–318.

  42. Bajohr hält am Können des Autors, an seiner Virtuosität und seinen Skills im Coding fest (vgl. Hannes Bajohr, »Das Reskilling der Literatur. Einleitung zu Code und Konzept«, in: Ders. (Hrsg.), Code und Konzept. Literatur und das Digitale, Berlin 2015, 7–22). Insofern führt die vernichtende Kritik seines Romans durch einen Laien auf goodreads.com in die Irre, die Bajohrs Roman sowohl jeglichen literarischen Wert als auch jegliche kreative Leistung abspricht: »[…] there is no story, no plot, no development of characters, and, frankly, no sense. The whole endeavor seems completely pointless to me. […] This book carries no value, literary of [sic] otherwise./The effort spent to create the book must have been minimal, and so is the result (way below average). Without being pretentious, I have to say, I could ›write‹ such a book in one lazy Sunday afternoon. I wouldn’t publish it though.« [Matt], »Review«, 7.3.2016, in: http://www.goodreads.com/review/show/1273878151?book_show_action=true (11.5.2017) [Herv. i.O.].

  43. Bajohr (Anm. 42), 18.

  44. Eben diese durchdachte künstlerische Konzeption vermisst man schmerzlich in dem Szenario, dass der Laienrezensent zum Beweis der Lächerlichkeit und Einfallslosigkeit von Bajohrs Roman entwirft, weshalb es unfreiwillig eben die Konzeption als entscheidenden Unterschied zwischen beiden Ansätzen vorführt: »Let’s see. The text above this line [d.i. die Rezension] has 310 words, with an average of 4 letters […]. I’ll take the four-letter words, sort them, put them here:

    also asks been been book book book book book book book book even have have have have into it’s keep lazy like like made make mean mean mean most most must only only plot read said such sure take take text text that that that that them this this this this this this this this this this used with with.

    Now am I being creative, or what?« [Matt] (Anm. 42).

  45. Vgl. Bajohr (Anm. 39 und 42).

  46. Bajohr (Anm. 22), 657.

  47. Vgl. Max Bense, Programmierung des Schönen. Allgemeine Texttheorie und Textästhetik. Aestetica IV, Baden-Baden, Krefeld 1960; Theo Lutz, »Stochastische Texte«, augenblick 4/1 (1959), 3–9; Konrad Balder Schäuffelen, »beseitigt Dichters – Aus der deutschen Rangliste –«, in: Ludwig Harig, Elisabeth Walther (Hrsg.), muster möglicher welten. eine anthologie für max bense, Wiesbaden 1970, 157–159. Die Grundlage für Schäuffelens Gedicht mit den 999 häufigsten Wörtern der deutschen Schriftsprache bildete Meiers Deutsche Sprachstatistik von 1964 (Anm. 10).

  48. Gregor Weichbrodt, »[Kommentar zu Bajohrs Blogbeitrag: Where Is The Word Electric?]«, 1.11.2014, in: http://0x0a.li/de/where-is-the-word-electric/ (11.5.2017).

  49. Emerson (Anm. 38), 176 und 177.

  50. Bajohr (Anm. 22), 656.

  51. Jörg Piringer, »datenpoesie«, in: Logbuch. Deutschsprachige Literatur heute [Suhrkamp Blog], http://www.logbuch-suhrkamp.de/joerg-piringer/datenpoesie/ (11.5.2017).

  52. Jörg Piringer, »Was wird Literatur? Was wird Poesie?«, Metamorphosen 12/1 (2016), 16–19, hier: 18.

  53. Piringer (Anm. 51) [Herv. i.O.].

  54. 0x0a [Hannes Bajohr, Gregor Weichbrodt], »These«, in: http://0x0a.li/de/these/ (11.5.2017).

  55. Kommentar von Hannes Bajohr zu Ders., »Where Is The Word Electric?«, 1.11.2014, in: http://0x0a.li/de/where-is-the-word-electric/ (11.5.2017).

  56. Beunruhigend daran ist der Verdacht, dass die häufig verdeckt agierenden Bots gerade in den Social Media Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen können und Öffentlichkeit generieren, wo keine ist, wie möglicherweise im amerikanischen Wahlkampf und bei der Brexit-Kampagne geschehen. Immer häufiger ist in diesem Zusammenhang von ›virtuellen Twitter-Armeen‹ die Rede, die mithilfe von Fake-Accounts und Bots liken, teilen, (re-)tweeten, feindliche Accounts zuspammen, den Traffic künstlich in die Höhe treiben und dergestalt die Diskussion und das Stimmungsbild intensivieren, sabotieren und/oder manipulieren. Vgl. hierzu insb. die Untersuchungen des Oxforder Politologen und Soziologen Phil N. Howard (http://politicalbots.org). Weichbrodt bemüht sich um eine Versachlichung der Debatte in seinem Essay Bots unter Generalverdacht, 12.1.2017, http://0x0a.li/de/bots-unter-generalverdacht/ (11.5.2017). In ihrer gesellschaftspolitischen Brisanz sind Bots der zunehmend besorgniserregenden Debattenkultur in sozialen Netzwerken vergleichbar, deren Problematik Weichbrodt und Bajohr 2015 in Glaube Liebe Hoffnung. Nachrichten aus dem christlichen Abendland (Anm. 37) anhand von Kommentaren auf den Facebook-Seiten von Pegida und ihren Ablegern dokumentieren.

  57. Zur Bot Poetry vgl. Andreas Bülhoff, »Twitter Bots als poetische Intervention«, in: Fabrikzeitung, 14.4.2016, http://www.fabrikzeitung.ch/twitter-bots-als-poetische-intervention/ (11.5.2017) sowie Hannes Bajohr, »Bot Poetry at the SFPC«, 25.10.2015, in: http://0x0a.li/de/bot-poetry-at-the-sfpc/ (11.5.2017). Einen kritischen Überblick über die Schreibweisen, Textsorten und Konzepte, die unter dem Begriff der Twitteratur subsumiert werden, gibt Elias Kreuzmair, »Was war Twitteratur?«, in: Merkur-Blog, 04.02.2016, http://www.merkur-zeitschrift.de/2016/02/04/was-war-twitteratur/ (11.5.2017).

  58. Geschichte geschrieben haben bspw. die Erdbebennachrichten in der Los Angeles Times, die seit 2014 von einem Quakebot verfasst werden. Immerhin wird die Zuhilfenahme eines automatischen Textgenerators jeweils zum Ende des Artikels offengelegt: »This information comes from the USGS Earthquake Notification Service and this post was created by an algorithm written by the author.« Die von Firmen wie Narrative Science und Automated Insights entwickelten Textgeneratoren finden häufig auch bei Sport- und Wirtschaftsnachrichten Anwendung. Philip M. Parker setzt sie erfolgreich für die automatisierte Erzeugung ganzer Bücher ein. Amazon listet derzeit 107.000 Bücher unter seiner Autorschaft, sein Unternehmen ICON Group International kommt gar auf 817.000 Titel.

  59. Vgl. Gregor Weichbrodt, nachrichten futur (seit 9/2015), https://twitter.com/futur_news sowie http://futurnews.tumblr.com/ (11.5.2017).

  60. http://futurnews.tumblr.com/post/151248016657 und http://futurnews.tumblr.com/post/151117575287 (11.5.2017).

  61. Ganz in diesem Sinn verbindet auch Piringer mit seiner datenpoesie die Hoffnung, dass »die explorative erforschung der sprachtechnologie aufschluss über die verfasstheit und die abschätzung möglicher gesellschaftlicher folgen zu geben« vermag. Piringer (Anm. 51).

  62. Weichbrodt, zit. n. Jana Lapper, »Der Bot in meiner Timeline«, taz. die tageszeitung, 2.6.2016, 13.

  63. Tweets vom 5.1., 3.10., 19.9. und 3.10.2016, http://futurnews.tumblr.com/post/136671750907, http://futurnews.tumblr.com/post/151290008907, http://futurnews.tumblr.com/post/151085557172, http://futurnews.tumblr.com/post/151285695772 (11.5.2017).

  64. Stephan Porombka, »Die nächste Literatur. Anmerkungen zum Twittern«, in: Berliner Festspiele, Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Netzkultur. Freunde des Internets [eReader zur Konferenz Technologie-Evolution, 30. November 2013], http://netzkultur.berlinerfestspiele.de/wp-content/uploads/2013/11/eReader-Netzkultur.pdf (11.5.2017), 42–49, hier: 42.

  65. Porombka (Anm. 64), 44.

  66. Piringer (Anm. 52), 18f. Ich danke Hannes Bajohr und Gregor Weichbrodt für die Auskünfte zu ihren Werken und die Diskussion, außerdem Andreas Bülhoff und Peer Trilcke für ihre Kommentierung und Anregungen.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Annette Gilbert.

Additional information

Bildrechte: © Hannes Bajohr und Gregor Weichbrodt, 2017.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Gilbert, A. »Möglichkeiten von Text im Digitalen«. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 91, 203–221 (2017). https://doi.org/10.1007/s41245-017-0038-y

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s41245-017-0038-y

Navigation