Zusammenfassung
Der Beitrag befasst sich mit dem Spannungsfeld zwischen dem politischen Begehren nach Veränderung und institutionellen Widerstand, in dem sich universitäre Gleichstellungsarbeit strukturell bewegt. Mit einem psychoanalytischen Analysemodell wird das universitäre Feld als Szene verstanden, die auf unterschiedlichen Bühnen mit je eigenen Handlungsmotiven spielt. Die Dynamik eines destruktiven Aufschubs von emanzipatorischer Veränderung wird als spezifische Widerstandsform der unternehmerischen Universität diskutiert. In Anerkennung der wesentlichen Konfliktualität von Subjekten und Institutionen, wird Zeit zur Reflexion von Konflikten als ethische Forderung der Gleichstellungsarbeit argumentiert.
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Notes
- 1.
Universitäten in Großbritannien werden neben ihren Gründungsdokumenten durch ein Letter, einen Schriftzug oder eine Art Wappen (hier von Piror als character bezeichnet) konstituiert.
- 2.
Zur affektiven Besetzung unterschiedlicher Machtformen bzw. politischer Setzungen, siehe Pechriggl 2007.
- 3.
Das Modell ist in der sozialwissenschaftlichen Organisationstheorie durch Erving Goffman und Frederick Bailey geläufig. Hark macht darauf aufmerksam, dass Goffman das Modell allerdings nicht zur Beschreibung von Handeln und Interaktionen in Organisationen eingesetzt hat, sondern zur Beschreibung von sozialen Interaktionen unter natürlichen Bedingungen (Hark 2005, S. 184).
- 4.
Ich unterscheide im Text nicht klar zwischen der Organisation und der Institution. Die Verwendung des Begriffs der Organisation akzentuiert jedoch mehr die unternehmerische, am Output orientierten Aspekte und der Begriff der Institution betont weniger die Seite des Marktes als jene des Bildungs- und Forschungsauftrages von Universitäten. In der Universität verschränken sich beide Aspekte, wenn auch – wie Hark und Hofbauer (2018, S. 13) analysieren – die marktorientierte Seite zunehmend in den Vordergrund gerückt ist.
- 5.
Alice Pechriggl erläutert, dass Freud selbst den Instanzen-Begriff aus einer rechts- und sozialwissenschaftlichen Terminologie entlehnte (Pechriggl 2018, S. 210).
- 6.
deliberatio: Erwägung, Überlegung, Beratung, beratende Rede.
- 7.
Anders als das bewusste Handeln, kann Agieren bereits als Ausdruck des Konflikts zwischen moralisch-gesellschaftlichen Beschränkungen/Imperativen des Über-Ichs und den An/Trieben und Bedürfnissen/Ansprüchen des Es betrachtet werden kann.
- 8.
Eine weitergehende begriffliche Differenzierung müsste sowohl die Zirkularität zwischen den unterschiedlichen psychischen Forderungen als auch zwischen dem Gesellschaftlichen und der individuellen Psyche in Betracht ziehen (Pechriggl 2018).
- 9.
Als Person, die in der Gleichstellung arbeitet, gerät eine Erfahrungsreflexion der Widerstände gegen die Ziele der Gleichstellung oft aus dem Blick.
Literatur
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Foucault, Michel. 1987. Das Subjekt und die Macht. In Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik, Hrsg. Hubert L. Dreyfus und Paul Rabinow, 243–261. Frankfurt a. M.: Athenäum.
Hark, Sabine. 2005. Dissidente Partizipation Eine Diskursgeschichte des Feminismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Hark, Sabine, und Johanna Hofbauer, Hrsg. 2018. Vermessene Räume, gespannte Beziehungen. Unternehmerische Universitäten und Geschlechterdynamiken. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Laplanche, Jean, und Jean-Bertrand. Pontalis. 1972. Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Pechriggl, Alice. 2007. Destituierung, Instituierung, Konstituierung … und die de/formierende Macht affektiver Besetzung. transversal texts 5.
Pechriggl, Alice. 2018. Agieren und Handeln. Studien zu einer philosophisch-psychoanalytischen Handlungstheorie. Bielefeld: transcript.
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Appiano, L. (2021). Den Konflikt verstehen – Gleichstellungsarbeit im Spannungsfeld von politischem Begehren und institutionellem Widerstand. In: Wroblewski, A., Schmidt, A. (eds) Gleichstellungspolitiken revisted. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35846-4_14
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