Zusammenfassung
Der unter konstanten Laboratoriumsbedingungen gemessenen Aktivität von Vögeln lassen sich neben der Spontanfrequenz der Tagesperiodik zwei Meßgrößen entnehmen: Die mittlere Aktivitätsmenge je Zeiteinheit und das Verhältnis von Aktivitätszeit zu Ruhezeit (α∶ϱ-Verhältnis). Beide stehen in gesetzmäßigen Beziehungen zueinander und zur jeweiligen Beleuchtungsstärke. Die Ergebnisse zweier Versuchsreihen mit a) vier einzeln untergebrachten und b) vier Gruppen zu viert untergebrachter Buchfinken (Fringilla coelebs) zeigen, daß sich Aktivitätsmenge und α∶ϱ-Verhältnis gleichsinnig zueinander und zur Beleuchtungsstärke ändern.
Diese Änderungen der biologischen Meßgrößen lassen sich deuten, wenn man der Tagesperiodik der Aktivität eine hypothetische periodische Funktion zugrunde legt, die durch eine Schwelle in zwei qualitativ verschiedene Zustände (Aktivitäts- und Ruhezeit) zerlegt wird. Der Gleichwert einer solchen periodischen Funktion (d. i. das arithmetische Mittel aller Augenblickswerte innerhalb einer Periode) und ihre Amplitude bestimmen sowohl Aktivitätsmenge wie α∶ϱ-Verhältnis. Aus diesen Meßgrößen kann also indirekt auf die Schwingungsparameter Gleichwert (biologisch: Niveau) und Amplitude geschlossen werden, wenn man von der Annahme eines variablen Gleichwertes und einer konstanten Schwelle ausgeht. Die Zusammenhänge sind in einer ausführlichen theoretischen Analyse dargestellt.
Die Ergebnisse der Versuche mit Buchfinken und ihr Vergleich mit Versuchen an anderen Arten führen zu dem Schluß, daß die Beleuchtungsstärke in erster Linie das Niveau der biologischen Schwingung beeinflußt. Bei lichtaktiven Arten ist das Niveau positiv, bei dunkelaktiven Arten negativ mit der Beleuchtungsstärke korreliert. Außerdem scheint sich die Amplitude (wie auch die Frequenz) mit der Beleuchtungsstärke zu ändern. Bei bestimmten selbsterregten (nichtlinearen) Schwingungen sind diese Größen gesetzmäßig mit dem Gleichwert verknüpft. Es lassen sich also alle am biologischen Objekt beobachteten Erscheinungen mit Angriff des Lichtes an einem Parameter, dem Niveau der biologischen Schwingung, erklären.
Literatur
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- Zum Mechanismus der biologischen 24-Stunden-Periodik. II. Der Einfluß des Gleichwertes auf die Eigenschaften selbsterregter Schwingungen. (Zum Druck vorgesehen).
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Aschoff, J., Wever, R. Aktivitätsmenge und α∶ϱ-Verhältnis als Messgrössen der Tägesperiodik. Zeitschrift für vergleichende Physiologie 46, 88–101 (1962). https://doi.org/10.1007/BF00340354
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