Zusammenfassung
Die Placenta bietet in ihrerSonderstellung als kurzlebiges, menschliches Organ die Möglichkeit, an beliebig verfügbarem Material alle Phasen ihrer Entstehung, Reifung und Alterung zu verfolgen. Eine solche Betrachtungsweise ist Voraussetzung für das Verständnis und die Beurteilung pathologischer Zotten Veränderungen. -Die wesentlichen Veränderungen spielen sich an denEndorganen, den sog. Resorptions-oder Nährzotten ab, die nach Art einesWurzelgeflechts blindendigend verschlungen sind, und mit Hilfe einesintervillösen Capillarsystems den Stoffwechsel zwischen mütterlichem und fetalem Organismus bewältigen.
Als Gradmesser für die ungestörte Entwicklung und Reifung der Placenta ergibt sich aus 11600 Zottenmessungen ein gleichmäßigesAbsinken der Durchmesser von etwa 140 μ im ersten auf durchschnittlich 50 μ im letzten Schwangerschaftsmonat. Dieses Verhalten der Endzotten steht in enger Beziehung zur Ausbildung des Placentakreislaufs: mit dem von der Chorionepithelschranke regulierten Durchmesser von 140 μ ist bei den embryonalen Zotten dieGrenzschichtdicke erreicht, die Voraussetzung ist für das Einsprossen der Bauchstielgefäße und den ersten
Ausbau des Placentenkreislaufs, d. h. für dieFetalisierung der Placenta. Diese Grundlagen werden graphisch, tabellarisch und in einerLebenskurve normaler Chorionzotten dargestellt.
Die Zotten-bzw. Placentaerkrankungen müssen danach in der ersten und zweiten Schwangerschaftshälfte grundsätzlich verschiedene Züge tragen:
Die Pathologieder reifen Placenta umfaßt sekundäre Veränderungen am fetalen Zottenkreislauf einschlieβlich des als Accessoria der fetalen Blutgewebsschranken aufzufassenden placentaren Bindegewebes. Hierher gehören die bakteriellen Placentaentzündungen (z. B. Lues), das Zottenödem, der Hydrops placentae und regressive Ältersveränderungen des Gefäßsystems. Diese Erkrankungen sollen späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben.
Dieersten Schwangerschaftswochen sind dagegen belastet durch das Auftreten vonEntwicklungsstörungen als Folge einer primären „Dysorie“ der Chorionepithelschranke, wobei die Grenzschichtdicke überschritten und die Fetalisierung der Zottenhaut verhindert wird. Charakteristische Vertreter solcher Entwicklungsstörungen sind alleAbortiveier einschlieβlich der Blasenmolen. Die Zusammenhänge werden im einzelnen an Hand einerLebenskurve entwicklungsunfähiger Chorionzotten veranschaulicht.
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Hörmann, G. Lebenskurven normaler und entwicklungsunfähiger Chorionzotten. Arch. Gynak. 181, 29–43 (1951). https://doi.org/10.1007/BF00985868
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