Zusammenfassung
Es wurde die BS. bei 100 Psychotikern untersucht. Eine unspezifische Beschleunigung der SG. fand sich bei all jenen Kranken, die gegenüber der Norm vermehrte körperliche Arbeit leisten, also bei erregten Epileptikern, bei motorisch unruhigen Paralytikern und bei gespannten („spastischen”) Katatonen, die sich von den schlaffen („paralytischen”) „Katatonen” unterschieden, deren SG. gegenüber der Norm verzögert war. Dabei wurde die SG. nicht als direkte Funktion des psychischen Zustandes aufgefaßt, sondern lediglich als primärer Ausdruck des jeweiligen körperlichen Ruhe-oder Erregungszustandes. Die sich widersprechenden Ergebnisse früherer Untersucher finden so ihre Erklärung. Speziell vom Vorhandensein oder Fehlen etwa von Sinnestäuschungen ist die BS. primär völlig unabhängig, was bei der trotz aller beobachteten Vorsichtsmaßnahmen zur Erzielung möglichst gleicher Versuchsvorbedingungen doch recht groben Methode eigentlich auch nicht anders zu erwarten war; Einblick in derartige psychische Vorgänge erlauben höchstens viel feinere Methoden, wie sie etwaRohracher u. a. bei hirnelektrischen Ableitungsuntersuchungen angewendet haben1. Ebenso unabhängig erwies sich die SG. auch vom Defektausmaß oder vom Demenzgrad eines Kranken.
Gewissermaßen als Nebenbefund bestätigte sich die auch klinisch, d. h. psychiatrisch erfaßte Beobachtung, wonach „schlaffe” und „gespannte” Katatonie 2 verschiedene Zustandsbilder und Verlaufsformen darstellen.
Wird die Beobachtung der BS. für den Internisten stets ihren Wert als wichtiges Symptom für die Beurteilung des somatischen Zustandes eines Individuums behalten, so erscheint ihre Anwendung in der Psychiatrie überflüssig. Einem Katatonen sieht man eben an, ob er „gespannt” oder „schlaff” ist; eine scharfe Begrenzung des Begriffes „Stupor” auf diese letzteren nicht gespannten Fälle möglichst unter Verzicht auf den hier sprachlich ungeeigneten und symptomatisch-deskriptiv irreführenden Ausdruck „Katatonie” erscheint geboten. -Psychisches Krankheitsgeschehen selbst bleibt dagegen direkt stets nur durch klinische, d. h. psychiatrische bzw. psychologische Beobachtung faßbar.
Literatur
Götz: Z. Neur.113, 719 (1928).
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Elste, R. Die Blutkörperchensenkung in der Psychiatrie. Z. f. d. g. Neur. u. Psych. 168, 239–247 (1940). https://doi.org/10.1007/BF02871559
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