Vorwort

Die Intensivmedizin hat in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Weiterentwicklung erfahren. Die Internistische Intensivmedizin stellt dabei aufgrund der hohen Zahl internistischer Erkrankungen eine zentrale Säule innerhalb der Intensivmedizin dar; sie wird aufgrund der demographischen Entwicklung mit einer zunehmenden Zahl alter intensivpflichtiger Patienten noch an Bedeutung zunehmen. Alte Intensivpatienten weisen in der Regel mehrere prognoserelevante internistische Begleiterkrankungen auf, die im Rahmen der Intensivpflichtigkeit ebenso behandelt werden müssen wie die intensivpflichtige Akuterkrankung.

Die aktuelle Musterweiterbildungsordnung ([M-]WBO) trägt dem hohen Stellenwert der Internistischen Intensivmedizin innerhalb der Inneren Medizin insofern Rechnung, als dass die Weiterbildungsordnung für den Facharzt für Innere Medizin bzw. für Innere Medizin und Schwerpunkt einen gut fundierten ausführlichen internistisch-intensivmedizinischen Weiterbildungsblock aufweist. Allerdings kann dieser internistisch-intensivmedizinische Weiterbildungsblock im Rahmen der internistischen Weiterbildung nicht das gesamte Spektrum der Internistischen Intensivmedizin abbilden. Deshalb sieht die (M-)WBO darüber hinaus eine Zusatz-Weiterbildung (ZWB) (Internistische) Intensivmedizin vor, mit einem speziellen Weiterbildungsblock für die Internistische Intensivmedizin. Diese ZWB soll es dem in Zukunft als Internistischer Intensivmediziner tätigen Internisten bzw. Schwerpunktinternisten erlauben, sich die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten anzueignen, die er für seine spätere Tätigkeit auf der Intensivstation benötigt. Letztlich soll der Internistische Intensivmediziner in der Lage sein, eigenverantwortlich tägliche Visiten durchzuführen, Therapieentscheidungen zu treffen, manuelle Verfahren sicher zu beherrschen, als Hintergrunddienst nachts und am Wochenende zu fungieren oder auch Leitungsaufgaben auf einer Intensivstation übernehmen zu können.

Das vorliegende Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) dient dazu, die ZWB (Internistische) Intensivmedizin „mit Leben zu füllen“, die relevanten internistisch-intensivmedizinischen Themen zu benennen, die Lerninhalte zu deklarieren und letztendlich einen umfassenden Überblick über die Internistische Intensivmedizin zu geben. Dieses Curriculum kann zudem als Leitfaden für den Erwerb der Kenntnisse genutzt werden, als Nachschlagewerk der Aufgabenstellungen, als Themensammlung sowie -verzeichnis, und es definiert und kategorisiert die notwendigen praktischen Fähigkeiten für eine optimale Versorgung internistisch-intensivmedizinischer Patienten.

Infolge seiner Vollständigkeit und großen Detailliertheit repräsentiert das Curriculum umfassend die Position und das Verständnis der DGIIN, was unter dem Begriff „Internistische Intensivmedizin“ zu verstehen ist und welche Expertise, Kenntnisse, Fertigkeiten und auch berufsethische Qualitäten künftige Internistische Intensivmediziner besitzen sollen. Die Autoren erhoffen sich zudem, dass dieses Positionspapier als Standardwerk bei berufspolitischen und standesorganisatorischen Fragestellungen sowie Diskussionen entsprechende Berücksichtigung findet.

Für den Vorstand der DGIIN

Prof. Dr. med. R. Riessen, Prof. Dr. med. S. John, Prof. Dr. med. C. Karagiannidis

Inhaltsverzeichnis

Adressaten des Curriculums „Internistische Intensivmedizin“

Präambel: Der Internistische Intensivmediziner in der Zusatz-Weiterbildung (ZWB) „Intensivmedizin“ der (Muster‑)Weiterbildungsordnung ([M‑]WBO) der Ärztekammern und im Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ der DGIIN

1. Theoretische Kenntnisse, praktische Fähigkeiten und beruflich-professionales Verhalten des Internistischen Intensivmediziners

1.1. Qualifikationen des Internistischen Intensivmediziners

1.2. Kompetenzgraduierung

2. Durchführung der Zusatz-Weiterbildung zum Internistischen Intensivmediziner

2.1. Weiterbildungsinhalte und Weiterbildungsdauer

2.2. Aktivitätsnachweise und Einbindung der DGIIN

2.3. Mindestmengen

3. Anforderungen an den Weiterzubildenden

4. Anforderungen an den Weiterbilder und an die Weiterbildungsstätte

5. Dokumentation der Zusatz-Weiterbildung

6. Akkreditierung der Weiterbildungsstätte

7. Zertifizierung des Weiterzubildenden

8. Vorgesehene Aktualisierung des Positionspapiers

9. Ziele der Zusatz-Weiterbildung zum Internistischen Intensivmediziner und danach: Sowohl die intensivmedizinische als auch die internistische Kompetenz sind gleichermaßen erforderlich

9.1. Allgemeiner Teil – Struktur- und Prozessqualität (Tab. 1)

9.2. Allgemeiner Teil – Diagnostik und Monitoring (Tab. 2)

9.3. Allgemeiner Teil – allgemeine Therapieverfahren (Tab. 3)

9.4. Allgemeiner Teil – Ethik (Tab. 4)

9.5. Allgemeiner Teil – Hygienemaßnahmen (Tab. 5)

9.6. Allgemeiner Teil – Pharmakotherapie (Tab. 6)

9.7. Spezieller Teil – intensivmedizinische Syndrome (Tab. 7; Schock; Sepsis; respiratorisches Versagen; Reanimation; Bewusstseinsstörung)

9.8. Spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen (Tab. 8; Kardiologie; Pneumologie; Nephrologie und Rheumatologie; Gastroenterologie; Endokrinologie; Angiologie; Infektiologie; Hämatologie/Onkologie; Toxikologie; Geriatrie)

Adressaten des Curriculums „Internistische Intensivmedizin“

  • Ziel dieses Curriculums ist es, aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) aufzuzeigen, welche Kompetenzen ein Internistischer Intensivmediziner heute haben sollte. Dem in der Zusatz-Weiterbildung (Internistische) Intensivmedizin weiterzubildenden Internisten oder Schwerpunktinternisten soll das Curriculum die Möglichkeit geben, seine Weiterbildungszeit (ZWB) so effizient wie möglich zu strukturieren, sich gut auf die Prüfung vorzubereiten und das Erlernte anschließend im Sinne eines „berufslebenslangen“ Qualifizierens zu bewahren und auszubauen.

  • Das Curriculum möchte aber nicht nur die Weiterzubildenden, sondern auch die Weiterbilder in der ZWB (Internistische) Intensivmedizin erreichen und aufzeigen, welche Inhalte und Fertigkeiten nach Ansicht der DGIIN in der ZWB zum Internistischen Intensivmediziner vermittelt werden sollen, um das gesamte Potenzial der Internistischen Intensivmedizin für die Patienten bestmöglich einsetzen zu können.

  • Und schließlich soll das Curriculum den für die ZWB verantwortlichen Gremien der Ärztekammern das breite Spektrum der Internistischen Intensivmedizin aufzeigen, das nach Ansicht der DGIIN in die ZWB zum Internistischen Intensivmediziner einfließen soll, um das Potenzial der Internistischen Intensivmedizin für unsere Patienten bestmöglich einsetzen zu können. Demzufolge sieht die DGIIN dieses Curriculum auch als ein Dokument, das bei der zukünftigen Aktualisierung der Weiterbildungsordnung – speziell der ZWB Intensivmedizin für Internisten – der Bundesärztekammer und den Landesärztekammern als Information dienen und mit den Vertretern der DGIIN diskutiert und berücksichtigt werden kann.

Präambel: der Internistische Intensivmediziner in der Zusatz-Weiterbildung (ZWB) „Intensivmedizin“ der (Muster‑)Weiterbildungsordnung ([M-]WBO) der Ärztekammern und im Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ der DGIIN

  • Der Begriff „Weiterbildung“ im engeren Sinne ist ein Terminus der M‑WBO mit Prüfungsabschluss, für die die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern verantwortlich zeichnen [1]. Die Präambel der (M‑)WBO führt dazu Folgendes an [1]: „Ärztliche Weiterbildung beinhaltet das Erlernen spezieller ärztlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten nach abgeschlossenem Studium der Humanmedizin und nach Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit. Im Interesse der Patienten werden die in der Ausbildung geprägten ärztlichen Kompetenzen und Haltungen während der Weiterbildung vertieft. Kennzeichnend für die Weiterbildung ist die vertiefende Anwendung ärztlicher Kenntnisse in der Berufsausübung. Die Weiterbildung erfolgt in strukturierter Form, um in Gebieten die Qualifikation als Facharzt, darauf aufbauend eine Spezialisierung in Schwerpunkten oder in einer Zusatz-Weiterbildung zu erhalten … Die Weiterbildung wird in angemessen vergüteter hauptberuflicher Ausübung der ärztlichen Tätigkeit an zugelassenen Weiterbildungsstätten durchgeführt. Sie erfolgt unter Anleitung befugter Ärzte in praktischer Tätigkeit und theoretischer Unterweisung sowie teilweise durch die erfolgreiche Teilnahme an anerkannten Kursen … Die Weiterbildungsbezeichnung ist der Nachweis für erworbene Kompetenz. Sie dient der Qualitätssicherung der Patientenversorgung und der Bürgerorientierung.“

  • Die Novellierung der (Muster‑)Weiterbildungsordnung ([M-]WBO) der Bundesärztekammer ist im November 2018 mit der Publikation [1] erfolgreich zum Abschluss gebracht worden. Die (M-)WBO beinhaltet neben der Gebiets‑, Facharzt- und Schwerpunktweiterbildung auch die darauf aufbauenden Zusatz-Weiterbildungen (ZWB), die gebietsübergreifend erworben werden können.

  • Die Fachgesellschaften haben die Möglichkeit, bei einer Aktualisierung der (M-)WBO („Novellierung“) durch die BÄK beratend die Weiterbildungsinhalte mit zu definieren: In Vorbereitung einer Novellierung der (M-)WBO durch die BÄK werden die Fachgesellschaften von der BÄK aufgefordert, Vorschläge hinsichtlich der Weiterbildungsinhalte zu unterbreiten. Nach Fertigstellung der Novellierung durch die BÄK legt diese die (M-)WBO-Novellierung dem Ärztetag zur Beschlussfassung vor. Nach Zustimmung des Ärztetags leitet die BÄK die novellierte (M-)WBO als „Muster“-Vorschlag den Landesärztekammern zur Umsetzung zu, wobei diese die Möglichkeit haben, durch Modifikationen die (M-)WBO der BÄK in die definitive Weiterbildungsordnung für ihren jeweiligen Ärztekammerbereich (WBO) umzugestalten. In dieser Phase besteht wiederum für Mitglieder der Fachgesellschaften, die in Gremien der Landesärztekammer mitarbeiten, die Möglichkeit – dieses Mal auf der Ebene der jeweiligen Landesärztekammer – beratend Modifikationen der Weiterbildungsinhalte vorzuschlagen.

  • Für die ZWB gibt die (M-)WBO folgende Definition: „Die Zusatz-Weiterbildung Intensivmedizin umfasst in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Intensivüberwachung und Intensivbehandlung von Patienten, deren Vitalfunktionen oder Organfunktionen in lebensbedrohlicher Weise gestört sind und durch intensive therapeutische Verfahren unterstützt oder aufrechterhalten werden müssen … Dieser Bezeichnung kann der adjektivische Zusatz der jeweiligen Facharztbezeichnung zugefügt werden (Anästhesiologische, Chirurgische, Internistische, Pädiatrische, Neurochirurgische oder Neurologische Intensivmedizin).“

    Die Mindestanforderungen gemäß § 11 MWBO sind die „Facharztanerkennung in den Gebieten … Innere Medizin … und zusätzlich 18 Monate Intensivmedizin unter Befugnis an Weiterbildungsstätten.“

  • Die ZWB „Intensivmedizin“ verbindet Weiterbildungsinhalte der allgemeinen Intensivmedizin mit den für die jeweiligen Facharzt- bzw. Schwerpunktkompetenzen spezifischen Inhalten. Die ZWB „Intensivmedizin“ für Internisten hat demzufolge neben allgemeinen intensivmedizinischen Weiterbildungsinhalten vor allem auch Weiterbildungsinhalte der Inneren Medizin und deren Schwerpunkte zu berücksichtigen. Das vorgelegte Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ der DGIIN soll diesen offiziellen Rahmen der ZWB „Internistische Intensivmedizin“ mit konkret formulierten Inhalten füllen.

  • Die in diesem Curriculum der DGIIN aufgeführten Weiterbildungsinhalte berücksichtigen auch die entsprechenden Weiterbildungsinhalte des European Diploma in Intensive Care Medicine der European Society of Intensive Care Medicine, legen aber ihren Schwerpunkt auf die spezifischen Belange der Tätigkeit eines Internistischen Intensivmediziners im Verantwortungsbereich der deutschen Ärztekammern.

1. Theoretische Kenntnisse, praktische Fähigkeiten und beruflich-professionelles Verhalten des Internistischen Intensivmediziners

1.1. Qualifikationen des Internistischen Intensivmediziners

Theoretische Kenntnisse – praktische Fähigkeiten – professionelles Verhalten.

Die Qualifikation des Internistischen Intensivmediziners wird durch theoretische Kenntnisse (TK), praktische Fähigkeiten (PF) und beruflich-professionelles Verhalten (BV) erworben und aufrechterhalten. Diese Klassifizierung ist international akzeptiert [2] und auch auf nationaler Ebene – z. B. in Deutschland [3] – im Einsatz. Die Bundesärztekammer [1] verwendet in der (M-)WBO die Begriffe „kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse –“ und „Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten –“, die unschwer mit den in diesem Curriculum verwandten Begriffen „theoretische Kenntnisse“ und „praktische Fähigkeiten“ gleichgesetzt werden können. Dagegen ist der für den Berufsalltag wichtige Weiterbildungsinhalt „beruflich-professionelles Verhalten“ in der (M-)WBO nicht explizit abgebildet.

Die TK-PF-BV-Einteilung bildet die Basis der Klassifikation dieses Curriculums. Dieses standardisierte Vorgehen erleichtert den Vergleich der Zusatz-Weiterbildungsinhalte der Internistischen Intensivmedizin mit den Weiterbildungsinhalten der internistischen Schwerpunkte, z. B. der Kardiologie [3, 4]:

  • Die „theoretischen Kenntnisse“ („knowledge“) definieren sich aus den stichwortartig aufgeführten Themenschwerpunkten der Internistischen Intensivmedizin (siehe Tab. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17 und 18). Die theoretischen Wissensanteile sind das essenzielle Fundament der Kompetenzentwicklung.

  • Die „praktischen Fähigkeiten“ („skills“) beschreiben die effektive Anwendung von theoretischem Wissen zur Lösung von Problemen, zu klinischen Entscheidungsfindungen und – aufbauend auf Erfahrung und Training – zur Durchführung von Prozeduren. Simulatortraining (siehe Kurse der DGIIN) kann in ausgewählten Fällen eine sinnvolle Ergänzung in der kompetenzorientierten Zusatz-Weiterbildung darstellen. Die „skills“ sollten sich allerdings nicht allein auf die fachpraktischen, die sog. „hard skills“ beschränken, sondern persönliche, soziale und methodische Kompetenzen, sog. „soft skills“, mit einschließen.

  • Das „beruflich-professionelle Verhalten“ („attitudes and behaviours“) muss der Internistische Intensivmediziner lernen und beruflich „leben“ im Umgang mit Patienten und Angehörigen, allen beteiligten Berufsgruppen – sowohl interdisziplinär als auch interprofessionell – und anderen Akteuren im Gesundheitswesen.

1.2. Kompetenzgraduierung

Kompetenzlevel I, II und III.

Das sehr aufgefächerte gesamte Methodenspektrum der Internistischen Intensivmedizin muss zwar von jedem Internistischen Intensivmediziner „gewusst“ werden, nicht jeder Internistische Intensivmediziner kann aber alle Spezialtechniken – wie z. B. ECMO/ECLS – der integrierten internistischen Schwerpunktfächer selbstständig durchführen. Diese speziellen Qualifizierungen können einerseits anhand weiterführender, auf dem Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ aufbauenden Curricula der internistischen Schwerpunktfächer erworben werden, z. B. dem Curriculum Kardiovaskuläre Intensiv- und Notfallmedizin der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) [5]; andererseits dienen dazu fächerübergreifende Konsensuspapiere unter Einbeziehung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), z. B. die Empfehlungen zur extrakorporalen Reanimation (eCPR) [6]. Insofern muss hinsichtlich der „Eindringtiefe“ im Beherrschen praktischer Fähigkeiten zwangsläufig eine Selektion vorgenommen werden zwischen dem selbstständigen bzw. nichtselbstständigen Beherrschen der breiten Palette internistisch-intensivmedizinischer Methoden und Techniken und dem Wissen um spezielle Methoden und Techniken. Hinsichtlich der Kompetenzgraduierung orientiert sich das vorliegende Curriculum ebenfalls an der Graduierung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC; [2]) mit den Kompetenzlevels I–III:

Kompetenzlevel I für praktische Fähigkeiten („skills“).

  • Erfahrung bei der Auswahl der geeigneten diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme und der Interpretation der erhaltenen Ergebnisse;

  • Erfahrung bei der Suche nach einer geeigneten Behandlung, zu der der Patient überwiesen werden soll;

  • Level I erfordert zwar umfassende theoretische Kenntnisse der Methoden, jedoch keine Beherrschung der Techniken.

Kompetenzlevel II für praktische Fähigkeiten („skills“).

  • Level II geht über Level I hinaus: Zusätzlich zur Level-I-Kompetenz muss der Weiterzubildende sich praktische Erfahrungen aneignen und bewahren, aber nur als nichtselbstständiger und nicht als eigenverantwortlicher Untersucher (der Weiterzubildende assistiert oder führt eine spezielle Technik oder Prozedur unter Anleitung durch).

Kompetenzlevel III für praktische Fähigkeiten („skills“).

  • Level III geht über Level I und Level II hinaus. Der Weiterzubildende muss lernen und die Kompetenz bewahren, eigenständig für ein diagnostisches oder therapeutisches Verfahren die Indikation zu erkennen, die Technik oder die Prozedur durchzuführen, die Daten zu interpretieren und Komplikationen zu beherrschen.

2. Durchführung der Zusatz-Weiterbildung (ZWB) zum Internistischen Intensivmediziner

2.1. Weiterbildungsinhalte und Weiterbildungsdauer

  • Für die ZWB „Intensivmedizin“ [1, S. 335–339] gibt die (M-)WBO folgende Definition: „Die Zusatz-Weiterbildung Intensivmedizin umfasst in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Intensivüberwachung und Intensivbehandlung von Patienten, deren Vitalfunktionen oder Organfunktionen in lebensbedrohlicher Weise gestört sind und durch intensive therapeutische Verfahren unterstützt oder aufrechterhalten werden müssen …“

  • Der BezeichnungIntensivmedizinkann der adjektivische Zusatz der jeweiligen Facharztbezeichnung zugefügt werden (Anästhesiologische, Chirurgische, Internistische, Pädiatrische, Neurochirurgische oder Neurologische Intensivmedizin).

  • Die Mindestanforderungen gemäß § 11 MWBO sind die „Facharztanerkennung in den Gebieten … Innere Medizin … und zusätzlich 18 Monate Intensivmedizin unter Befugnis an Weiterbildungsstätten.“

  • Die Weiterbildungsinhalte der ZWB (kognitive Methodenkompetenz und Handlungskompetenz) weisen gemeinsame Inhalte der ZWB Intensivmedizin und spezifische Inhalte für die jeweiligen Facharztweiterbildungen (Facharztweiterbildung Anästhesiologie, Gebiet Chirurgie, Gebiet Innere Medizin, Gebiet Neurochirurgie, Gebiet Neurologie, Gebiet Kinder- und Jugendmedizin) aus. Die ZWB beschreibt die jeweiligen Weiterbildungsinhalte kursorisch und stichwortartig. Mit dem vorliegenden Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ möchte die DGIIN den weiterzubildenden Internisten einen strukturierten Vorschlag für den Erwerb der Inhalte der ZWB „Intensivmedizin“ für Internisten geben.

2.2. Aktivitätsnachweise und Einbindung der DGIIN

  • Obligat ist die Dokumentation der erworbenen Weiterbildungsinhalte für die ZWB „Intensivmedizin“ entsprechend der WBO der zuständigen Ärztekammer.

  • Der Besuch nationaler und internationaler Fachtagungen mit internistisch-intensivmedizinischen Programmteilen ist empfehlenswert. Auf nationaler Ebene bieten sich dabei die Kongresse der DGIIN/ÖGIAIN und der DIVI sowie die Kurse der DGIIN an.

  • Die Weiter- und Fortbildungsveranstaltungen und -kurse der DGIIN gehen gezielt auf die im Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ genannten Zusatz-Weiterbildungsinhalte ein.

2.3. Mindestmengen

  • Beim Erlernen von Techniken spielen das persönliche Handanlegen und die praktische Erfahrung eine große Rolle. Zwar ist die Zahl der durchgeführten Untersuchungen keine Garantie dafür, dass die Prozedur vom jeweiligen Weiterzubildenden kompetent beherrscht wird; dennoch vermittelt die Durchführung einer bestimmten Anzahl bei ausgewählten Prozeduren eine gewisse Sicherheit, die in Bezug auf den Patienten gefordert werden muss.

  • Die ZWB Intensivmedizin der BÄK führt für die Internistische Intensivmedizin nur 2 Mindestmengen an: perkutane Tracheostomie: n = 10; transvenöse Schrittmachertherapie: n = 3.

  • Das vorliegende Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ hat auf die Angaben von Mindestmengen verzichtet (Ausnahme: 25 Anlagen von Dialysekathetern; Tab. 3/A3/11 PF 2), da die Evidenzlage für eine prognostische Relevanz von Mindestzahlen bei internistisch-intensivmedizinischen Maßnahmen und Techniken äußerst spärlich und nicht ausreichend validiert ist.

3. Anforderungen an den Weiterzubildenden

  • Jeder Facharzt für „Innere Medizin“ und jeder Facharzt für „Innere Medizin und Schwerpunkt“, der die Zusatzqualifikation Intensivmedizin anstrebt und anschließend als Internistischer Intensivmediziner arbeiten möchte, muss sich im Rahmen seiner ZWB-Zeit zum Internistischen Intensivmediziner die von den Ärztekammern in der WBO geforderte kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse) und Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten) aneignen. Das vorliegende Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ der DGIIN versucht, diese von den Ärztekammern vorgeschriebenen Weiterbildungsinhalte „mit Leben zu füllen“, anhand der geforderten theoretischen Kenntnisse, der praktischen Fähigkeiten und des beruflich-professionellen Verhaltens.

  • Die zugehörige Qualifikation ist die ZWB-Prüfung zum Internistischen Intensivmediziner durch die jeweilige Landesärztekammer. Eine zusätzliche Zertifizierung durch die zuständige Fachgesellschaft (DGIIN) ist nicht vorgesehen.

4. Anforderungen an den Weiterbilder und an die Weiterbildungsstätte

  • Der Weiterbilder für die ZWB „Intensivmedizin für Internisten“ soll als Facharzt für „Innere Medizin“ bzw. als Facharzt für „Innere Medizin und Schwerpunkt“ die ZWB „Intensivmedizin“ besitzen. Dessen Vollzeit- bzw. überwiegendes Tätigkeitsfeld ist eine internistische bzw. eine interdisziplinäre Intensivstation, in der der Weiterbilder als Leiter bzw. als Oberarzt für die internistischen Intensivpatienten verantwortlich zeichnet.

  • Die Weiterbildungsstätte für die ZWB „Intensivmedizin für Internisten“ sollte mit einer adäquaten Prozess- und Strukturqualität ausgestattet sein, um den Weiterzubildenden die in Abschn. 9 aufgeführten Weiterbildungsinhalte zu ermöglichen.

  • Ein entsprechendes Positionspapier „Qualitätskriterien der DGIIN für Weiterbilder und Weiterbildungsstätten für die Zusatz-Weiterbildung Intensivmedizin für Internisten“ ist bei der DGIIN in Planung, analog dem Positionspapier der DGK für Kardiologen [7].

  • Anzustreben ist hinsichtlich des Erstellens eines Qualitätskriterienkatalogs für Weiterbilder und Weiterbildungsstätten für die ZWB „Intensivmedizin für Internisten“ eine Kooperation der DGIIN mit den Landesärztekammern, wie dies im Fall der Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie bereits realisiert ist.

5. Dokumentation der Zusatz-Weiterbildung

  • Im Rahmen der ZWB „Intensivmedizin“ hat der weiterzubildende Facharzt für „Innere Medizin“ bzw. Facharzt für „Innere Medizin und Schwerpunkt“ die Umsetzung der Weiterbildungsinhalte entsprechend der WBO der zuständigen Ärztekammer anhand seines (elektronischen) Logbuchs und der Zeugnisse der Weiterbilder zu dokumentieren. Das Curriculum „Internistische Intensivmedizin“ der DGIIN kann als Hilfestellung für diese strukturierte Dokumentation dienen.

  • Die DGIIN unterstützt die Weiterzubildenden beratend und anhand des Fortbildungs- und Kursangebotes bei der strukturierten ZWB entsprechend dem Curriculum „Internistische Intensivmedizin“. Eine zusätzliche Zertifizierung der in diesem Curriculum vorgeschlagenen Weiterbildungsinhalte sieht die DGIIN nicht vor.

  • Der Weiterbilder wird gebeten, im Weiterbildungszeugnis nicht nur die Erfüllung der in der ZWB geforderten Weiterbildungsinhalte zu dokumentieren, sondern auch die der in diesem Curriculum vorgelegten Weiterbildungsinhalte.

6. Akkreditierung der Weiterbildungsstätte

  • Hinsichtlich der Akkreditierung der Weiterbildungsstätte gilt das unter Abschn. 4 Gesagte.

  • Eine darüber hinaus gehende Akkreditierung durch die DGIIN als Fachgesellschaft ist nicht vorgesehen.

7. Zertifizierung des Weiterzubildenden

  • Die zuständige Landesärztekammer zertifiziert die Zusatz-Weiterbildung „Intensivmedizin“ für den Internisten durch eine Prüfung.

  • Dem in der Internistischen Intensivmedizin tätigen und mit der Zusatz-Weiterbildung „Intensivmedizin“ qualifizierten Internisten bzw. Schwerpunktinternisten obliegt die Verantwortung für das „berufslebenslange“ Aufrechterhalten dieser Qualifikation durch Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und Kursen (z. B. der DGIIN), durch Kongressbesuche (z. B. Jahrestagung der DGIIN/ÖGIAIN) und mit kontinuierlichem Fachliteraturstudium.

  • Eine darüber hinaus gehende Zusatzqualifizierung Internistischer Schwerpunktgesellschaften [5] erweitert das Spektrum im Sinne einer weiterführenden Spezialisierung.

8. Vorgesehene Aktualisierung des Curriculums

Eine Aktualisierung des Curriculums ist spätestens in 5 Jahren (2025) vorgesehen.

9. Ziele der Zusatz-Weiterbildung zum Internistischen Intensivmediziner und danach: sowohl die intensivmedizinische als auch die internistische Kompetenz sind gleichermaßen erforderlich

Ziel der ZWB muss es sein, den Internistischen Intensivmediziner in die Lage zu versetzen, bei seiner Tätigkeit auf der Intensivstation das gesamte Spektrum der Internistischen Intensivmedizin in Bezug auf Diagnostik, Monitoring und Therapie kompetent beim Patienten anzuwenden. Dies gelingt nur dann, wenn diese Zusatz-Weiterbildung die Vermittlung breiter Basiskenntnisse und -fähigkeiten der allgemeinen Intensivmedizin mit der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten der speziellen Internistischen Intensivmedizin verbindet. Dies schließt umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Gesprächsführung mit Patienten und Angehörigen mit ein. Besondere Kenntnisse und praktische Erfahrungen muss der Internistische Intensivmediziner auch bezüglich der Anwendung von Arzneimitteln bei Intensivpatienten erwerben, da häufig Arzneimittelmetabolismus und -elimination infolge von Organdysfunktionen oder auch Einsatz extrakorporaler Therapieverfahren des Intensivpatienten alteriert sind. Dies gilt insbesondere auch für alte und geriatrische Patienten auf der Intensivstation, mit Frailty, Sarkopenie, geriatrischen Syndromen, kognitiver Dysfunktion, Polypharmazie und Polypragmasie. Und schließlich stellt die zunehmende Digitalisierung in der Intensivmedizin einen hohen Anspruch an die ZWB.

9.1. Allgemeiner Teil – Struktur- und Prozessqualität (Tab. 1)

Die Qualität der Zusammenarbeit in dem interprofessionellen und interdisziplinären Team einer Intensivstation hat einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der dortigen Patientenversorgung und die Patientensicherheit. Der Internistische Intensivmediziner soll ein Verständnis dafür entwickeln, welche strukturellen Faktoren und Prozesse diese Qualität beeinflussen und welche Ergebnisse als relevant eingestuft werden müssen. Dazu gehören auch medikolegale Aspekte, wie die Einwilligung in medizinische Eingriffe, das Betreuungsrecht und die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen.

Tab. 1 A 1 Allgemeiner Teil – Struktur- und Prozessqualität

9.2. Allgemeiner Teil – Diagnostik und Monitoring (Tab. 2)

Standardrepertoire.

Die Akutdiagnostik und das Monitoring gehören zum Standardrepertoire der intensivmedizinischen Betreuung von kritisch kranken Patienten [9]. Im Rahmen der Diagnostik sollten die gezielte (Fremd‑)Anamnese sowie die körperliche Untersuchung und damit der „klinische Blick“ stets die Basis bei der Aufnahme eines intensivpflichtigen Patienten darstellen.

Diagnostik.

In der Intensivmedizin findet die bildgebende Diagnostik überwiegend am Krankenbett statt – „bedside ultrasonography“ (fokussierte Sonographie), „bedside radiology“ (meist Röntgen-Thorax) – da für jegliche stationsferne Diagnostik zwischen dem Risiko des Intra‑/Interhospitaltransports und dem klinischen Nutzen eines behandlungsrelevanten Befunds abzuwägen ist. In der Regel sollten daher nichtbettseitige Verfahren (z. B. computertomographische Angiographie des Thorax bei Verdacht auf eine Lungenarterienembolie) nur dann durchgeführt werden, wenn von ihrem Einsatz ein entsprechend hoher diagnostischer Zusatzgewinn erwartet werden kann. Alle diagnostischen Verfahren sollten stets im klinischen Kontext sowie im interdisziplinären fachärztlichen Team erfolgen.

Monitoring.

Für das Monitoring stehen dem Intensivmediziner sowohl nichtinvasive als auch invasive Werkzeuge zur Verfügung. Die Europäische Gesellschaft für Intensivmedizin (ESICM) empfiehlt ein klinisches sowie ein hämodynamisches Monitoring zur Identifizierung der Schockursache, der Überprüfung der therapeutischen Maßnahmen und des Ansprechens der Therapie [10]. Das Basismonitoring sollte die klinische Untersuchung (z. B. Symptome/Zeichen von Stauung und Hypoperfusion bei akuter Herzinsuffizienz) und nichtinvasive Überwachungsverfahren (z. B. die Messung der peripheren Sauerstoffsättigung) beinhalten. Für das erweiterte Monitoring und insbesondere zur Steuerung eines Schockgeschehens wird die Überwachung der hämodynamischen Parameter – wie der Vorlast, der Inotropie und der Nachlast – empfohlen. Hierzu stehen invasive Messverfahren, wie die Möglichkeiten der Pulskonturanalyse mit transpulmonaler Thermodilutionsmessung und in speziellen Situationen (z. B. Rechtsherzversagen mit pulmonaler Hypertonie) der Pulmonalarterienkatheter (PAK) zur Verfügung [9,10,11,12]. Insbesondere bei Patienten mit persistierendem infarktbedingtem kardiogenem Schock soll baldmöglichst das Herzzeitvolumen zur Therapiesteuerung im weiteren Verlauf gemessen werden [13].

Das Basismonitoring sollte immer 2 unabhängig voneinander agierende Vitalparameter des Patienten einbeziehen und beinhaltet neben der Bestimmung der Atemfrequenz, der Temperatur sowie der peripheren Sauerstoffsättigung die nichtinvasive Blutdruckmessung (ggf. invasiv), die Beurteilung des 12-Ableitungs-Elektrokardiogramms (EKG) und auch Grundkenntnisse in der Notfallsonographie. Ziel der fokussierten Sono‑/Echokardiographie ist das frühzeitige Erkennen bzw. der Ausschluss kritischer Diagnosen. Bei den allermeisten Leitsymptomen kann die bettseitige Notfallsonographie hier eine rasche Diagnose ermöglichen, z. B. den Pneumothorax bei Dyspnoe oder die Cholezystitis bei akutem Abdomen. Die strukturierte Ultraschallausbildung in der Internistischen Intensiv- und Notfallmedizin (SIN) basiert auf einem 2‑Stufen-Konzept, das von den 3 nationalen Fachgesellschaften DGIIN, DGK und Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) vertreten wird [14]. Das Konzept umfasst ein Basislevel (SIN-I) und ein Expertenlevel (SIN-II), die – aufeinander aufbauend mithilfe moderner Lehrmethoden – eine leitsymptomorientierte Sonographie für die Notfall- und Intensivmedizin vermitteln. Es werden sowohl theoretische Kenntnisse wie auch praktische Fertigkeiten gelehrt und im Rahmen einer Prüfung kontrolliert. Ziel ist es, die in nationalen und internationalen Leitlinien empfohlenen Vorgaben zum Einsatz der Sonographie in der Notfall- und Intensivmedizin in der klinischen Praxis standardisiert zu etablieren [15].

Das muss der Internistische Intensivmediziner wissen und können.

Die Anamnese, die körperliche Untersuchung und sämtliche bettseitige Untersuchungen wie EKG, Labordiagnostik (u. a. „Point-of-care-testing“[POCT]-Verfahren), fokussierte Sono‑/Echokardiographie sowie das Monitoring – einschließlich der Indikationen und Limitationen des neurophysiologischen Monitorings – bilden die Basis der intensivmedizinischen Betreuung von kritisch kranken Patienten. Neben diesen Inhalten sollten die Grundlagen sämtlicher radiologischer Untersuchungsverfahren (Röntgen, Computertomographie, Magnetresonanztomographie) von der Überprüfung der Indikation bis hin zur Planung bzw. Durchführung eines Intensivtransportes (inklusive Komplikationsmanagement) in der Weiterbildung vermittelt werden.

Der Internistische Intensivmediziner sollte in der Lage sein, selbstständig und eigenverantwortlich eine fokussierte Sono‑/Echokardiographie, abhängig vom jeweiligen Ausbildungslevel (beginnend von „focused echocardiographic evaluation in life support [FEEL“] bis hin zu Grundzügen der transösophagealen Echokardiographie), durchzuführen.

Weiterhin sollte er eine flexible Bronchoskopie bei beatmeten Patienten unter stabilen Bedingungen durchführen können. Grundkenntnisse zu endoskopischen Verfahren in der Gastroenterologie (Indikationsstellung) einschließlich Monitoring und Analgosedierung unter Endoskopie werden ebenfalls gefordert. Häufige Punktionen, insbesondere Pleura- und Aszitespunktion, sowie spezielle intensivmedizinische Punktionen (z. B. Perikardpunktion) sollten selbstständig bzw. interdisziplinär durchgeführt werden. Die Hirntoddiagnostik zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls erfolgt gemeinsam mit dem Neurologen oder Neurochirurgen. Die Interpretation aller erhobenen Befunde sollte stets im klinischen Kontext und interdisziplinär unter differenzialdiagnostischer Betrachtung erfolgen.

Tab. 2 A 2 Allgemeiner Teil – Diagnostik und Monitoring

9.3. Allgemeiner Teil – allgemeine Therapieverfahren (Tab. 3)

Intensivmedizin besteht zu einem großen Teil aus Therapieverfahren, die häufig nur auf der Intensivstation praktiziert werden und oft auch mit dem Erwerb spezieller manueller Fähigkeiten verknüpft sind.

Das muss der Internistische Intensivmediziner wissen und können.

  • Kathetertechnik: Die Anlage zentralvenöser (V. jugularis, V. subclavia, V. femoralis) und arterieller (A. femoralis, A. radialis, A. brachialis) Zugänge sowie verschiedene Punktionstechniken und Drainageanlagen (Pleura, Perikard, Aszites, Liquor) sollen während der Ausbildung erlernt und sicher beherrscht werden.

  • Hämodynamische Therapie: Einer differenzierten hämodynamischen Therapie mit verschiedenen Volumenersatzstoffen und vasoaktiven Substanzen kommt bei den verschiedenen Schockformen vor allem in der Akutphase einer kritischen Erkrankung eine zentrale Rolle zu. Eine differenzierte Einschätzung und Bilanzierung des Volumenhaushalts ist im weiteren Verlauf einer kritischen Erkrankung tägliche Aufgabe und auch Herausforderung des Intensivmediziners. Zur hämodynamischen Therapie gehört eine profunde klinische Einschätzung ebenso dazu wie ein leitlinienorientiertes hämodynamisches Monitoring (unter Einbeziehung des Herzzeitvolumens und von Zielparametern der Organperfusion; [10, 11]). Die sonographische Point-of-Care-Evaluation ist ein elementarer Bestandteil. Eine kardiale Elektrotherapie (Defibrillation, Schrittmacher, Kardioversion) muss der Intensivmediziner sicher durchführen können. Bezüglich der venovenösen und venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung sowie der perkutan implantierbaren Herzunterstützungssysteme sind theoretische Kenntnisse, nicht aber praktische Fähigkeiten, Bestandteil dieses Curriculums. Internistische Intensivmediziner auf Intensivstationen, in denen diese Lungen- und Herzunterstützungssysteme eingesetzt werden, müssen sich die für die Mitbetreuung dieser Patienten erforderlichen praktischen Fähigkeiten strukturiert aneignen (z. B. [6] bei extrakorporaler Reanimation).

  • Respiratorische Therapie: O2-Therapie und ein modernes Atemwegsmanagement spielen häufig eine zentrale Rolle in der Akutversorgung, aber auch bei der Langzeitversorgung eines Intensivpatienten. Hier müssen die endotracheale Intubation, aber auch alternative Methoden der Atemwegssicherung bis hin zur perkutanen Dilatationstracheotomie sicher beherrscht werden. Eingehende Kenntnisse in der Atemphysiologie bis hin zu leitlinienorientierten und differenzierten nichtinvasiven und lungenprotektiven invasiven Beatmungskonzepten inkl. (Bauch‑)Lagerungstherapie sind zentrale Weiterbildungsziele. Hiermit gehen moderne Analgosedierungskonzepte ebenso einher wie eingehende Kenntnisse und praktische Erfahrung in der Prävention und Therapie eines damit oft verbundenen Delirs.

  • Organersatzverfahren: Zentraler Bestandteil der Intensivmedizin ist die Durchführung von Organersatzverfahren. So muss der Intensivmediziner alle Formen moderner Nierenersatzverfahren sowie Plasmapherese und Adsorptionsverfahren kennen, indizieren und durchführen können (siehe auch Tab. 11 B 2/3). Auch die Anlage verschiedener Zugänge zur Durchführung entsprechender extrakorporaler Verfahren gehört zum Tätigkeitsfeld des Intensivmediziners. Eine zunehmende Verbreitung finden auch weitere Organersatzverfahren wie die extrakorporale Membranoxygenierung (venovenös oder venoarteriell), Decarboxylierungsverfahren, Leberersatzverfahren und Verfahren der mechanischen Herz-Kreislauf-Unterstützung. Auch wenn diese Verfahren häufig nur an spezialisierten Zentren mit sehr enger Indikationsstellung durchgeführt werden können, muss der Intensivmediziner die Prinzipien kennen und wissen, wann diese Verfahren zum Einsatz kommen sollten.

  • Infektionen/Sepsis: Schweren Infektionskrankheiten bis hin zur Sepsis und zum septischen Schock kommt in der Intensivmedizin eine zentrale Rolle zu. Hier muss der Internistische Intensivmediziner eine entsprechend rasche Diagnostik und Therapieeinleitung gemäß den internationalen „sepsis bundles“ und Sepsisleitlinien [19] indizieren und durchführen können. Hier kommt gerade der ersten Stunde nach Sepsisdiagnose eine große Bedeutung zu („1 h bundle“), um die noch immer hohe Mortalität in der Sepsis zu reduzieren. Indikation, Auswahl und Dauer einer antiinfektiven Therapie bei primären und sekundären Infektionen müssen auch bei kalkuliertem Ansatz beherrscht werden, ebenso wie Prinzipien der Hämodynamik und Kreislauftherapie im septischen Schock.

  • Lagerungstherapie und (Früh‑)Mobilisation (Intensivpflege und Physiotherapie): Die Novellierung der S2e-Leitlinie „Lagerungstherapie zur Prophylaxe oder Therapie von pulmonalen Funktionsstörungen“ im Jahr 2015 unterstützte einen Paradigmenwechsel in der Intensivtherapie [20]. Der Patient, vor allem aber auch der beatmete Patient, sollen weggeführt werden von einer (zu) tiefen Sedierung hin zu einem wachen, kontaktierbaren Patienten, der – auch unter Beatmungstherapie und/oder anderen Organersatzverfahren – kognitiv und körperlich aktivierbar ist und aktiv am Tagesgeschehen, seiner Genesung und Rehabilitation teilnimmt [21]. Die Lagerungstherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Intensivtherapie und insbesondere die Bauchlagerung erfordert praktische Erfahrung und Routine unter Berücksichtigung aktueller evidenzbasierter Kriterien. Hierfür ist es notwendig, klinische und wissenschaftliche Grundlagen zu kennen und sicher anwenden zu können. Weitere, eher neue Themenkomplexe sind die „Frühmobilisation“ [22] und die „Rotationstherapien“. Allerdings sind auch Kenntnisse über ungeeignete Lagerungsformen erforderlich, wie z. B. flache Rückenlage und Trendelenburg-Position, die auch bei pflegerischen Maßnahmen zu vermeiden sind. Die Frühmobilisation von Intensivpatienten ist mittlerweile ein Qualitätsindikator der DIVI (Vorhandensein und Umsetzen von Klinikstandards). Ziel der Frühmobilisation ist es, die pulmonale Funktion des Patienten zu optimieren (z. B. durch eine Steigerung der Sekretdrainage), die physischen und psychischen Funktionen zu erhalten und zu verbessern und Outcomeparameter – adjuvant zu den intensivmedizinischen Standardmaßnahmen – positiv zu beeinflussen. Die richtige Umsetzung führt zu einer signifikant kürzeren Behandlungsdauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus. Langfristig ist eine zunehmende Unabhängigkeit und ein besseres funktionelles Outcome gegeben [23, 24]. Alle diese Maßnahmen führen allerdings nur zum Erfolg, wenn diese nicht nur interdisziplinär, sondern auch interprofessional betrachtet und im multiprofessionellen Team gelebt werden. Hierfür eignen sich am besten Umsetzungskonzepte, die auf stationsspezifischen Stufenschemata beruhen und sich aktiv an Netzwerken zum Thema beteiligen [25, 26]. Auf diese Weise wird auch die Kommunikation im Team mit der Physiotherapie gesichert und es können weitere mögliche Barrieren nachhaltig abgebaut werden [27].

  • Prophylaxe und Prävention von Komplikationen auf der Intensivstation sind wichtige Bestandteile, um ein möglichst gutes Outcome bei schwer kranken Patienten zu erreichen. Der Intensivmediziner muss sicher Blutprodukte einsetzen können, Patienten enteral und parenteral ernähren können [28] und Maßnahmen zur Prophylaxe von Sekundärkomplikationen moderner Intensivtherapie (z. B. ventilatorassoziierte Pneumonie) kennen.

  • Organspende: Der Intensivmediziner muss einen potenziellen Organspender erkennen, einen irreversiblen Hirnfunktionsausfalls feststellen und die Realisierung einer Organspende in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) erbringen können.

Tab. 3 A 3 Allgemeiner Teil – allgemeine Therapieverfahren

9.4. Allgemeiner Teil – Ethik (Tab. 4)

Intensivtherapie am Lebensende.

Die Gesundheitssysteme in Ländern mit hohem Einkommen sind mit einer wachsenden Zahl von älteren Patienten mit zunehmenden Komorbiditäten und der steigenden Nachfrage nach technologisch fortschrittlicher Versorgung konfrontiert. Die Hälfte aller Sterbefälle in Deutschland ereignet sich im Krankenhaus und hier wiederum die Mehrzahl auf einer Intensivstation. Somit stellt sich die Frage nach einer angemessenen Inanspruchnahme einer Intensivtherapie am Lebensende.

Das muss der Internistische Intensivmediziner wissen und können.

Für eine qualitativ hochwertige Versorgung am Lebensende („end-of-life care“) sind Kompetenz in der Entscheidungsfindung, kommunikative Fähigkeiten sowie die Zusammenarbeit eines gut funktionierenden interdisziplinären Teams erforderlich [30]. Dabei nehmen die ärztliche Indikation und der Patientenwille eine zentrale Rolle in einem komplexen multiprofessionellen und interdisziplinären Entscheidungsprozess ein. Eine der Kernaufgaben von Ärztinnen und Ärzten auf der Intensivstation ist in der Beachtung und der Umsetzung ethischer Grundprinzipien zu sehen. Die Begleitung, Unterstützung und Führung der Angehörigen schwerstkranker Patienten ist ebenfalls Kernelement ärztlicher Prozesse im medizinischen Alltag.

Tab. 4 A 4 Allgemeiner Teil – Ethik

9.5. Allgemeiner Teil – Hygienemaßnahmen (Tab. 5)

Auch Selbstschutz!

In Zeiten zunehmender ambulanter und nosokomialer Infektionen und der steigenden Zahl resistenter Erreger rückt die Bedeutung der Hygiene im Arbeitsalltag eines Mediziners, insbesondere aber eines Intensivmediziners, zunehmend in den Vordergrund. Wie COVID-19 gezeigt hat, ist der hygienische Selbstschutz ebenso wichtig wie das unbedingte Vermeiden einer Übertragung potenziell tödlicher Keime.

Das muss der Internistische Intensivmediziner wissen und können.

Ein Intensivmediziner sollte sich nicht nur theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten, wie keimarmes oder steriles Arbeiten, aneignen, sondern auch die Fähigkeit besitzen, die Aufmerksamkeit eines jeden Mitarbeiters zu schärfen und seine Patienten und deren Angehörige zu schulen. Das Wissen um resistente Erreger, Isolationsmaßnahmen und grundsätzliche Hygienemaßnahmen kann die Prognose der Patienten entscheidend verbessern. Dabei ist eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern und Krankenhaushygienikern unerlässlich.

Tab. 5 A 5 Allgemeiner Teil – Hygienemaßnahmen

9.6. Allgemeiner Teil – Pharmakotherapie (Tab. 6)

Besonderheiten der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik bei internistischen Intensivpatienten.

Sowohl die gestörten Organfunktionen des Intensivpatienten als auch die angewandten Organersatzverfahren können beim internistischen Intensivpatienten die Pharmakotherapie erheblich beeinträchtigen.

Das muss der Internistische Intensivmediziner wissen und können.

Der Intensivmediziner muss eine sichere und wirksame Arzneimittelbehandlung unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik bei internistischen Intensivpatienten durchführen können. Hierzu gehört das Verständnis auch von Verteilungsvolumina, Proteinbindung und Eliminationskinetiken sowie deren Veränderungen bei kritisch kranken Patienten. Standarddosierungen, Applikationsformen, Nebenwirkungsprofile, Interaktionen und Toxizitäten intensivmedizinischer Pharmaka muss der Intensivmediziner kennen.

  • Antiinfektiva: Besonders wichtig auf der Intensivstation sind profunde Kenntnisse der Antibiotikatherapie zur Infektionsprophylaxe sowie zur Infektions- und insbesondere Sepsistherapie. Eine empirische, oft kalkulierte Primärtherapie muss selbstständig indiziert werden können. Von großer Bedeutung ist die Pharmakokinetik spezifischer Antibiotika, konzentrations- und zeitabhängiger Antibiotika und der Antibiotika mit unterschiedlicher Gewebegängigkeit. Ebenso wichtig sind Kenntnisse zu Dosisanpassungen, Dosierungsintervallen und prolongierten Laufzeiten. Probleme der Antibiotikatherapie bei Multiresistenzen, Antibiotikaprophylaxen vor operativen Eingriffen und der Einfluss der kritischen Erkrankung auf Plasmaspiegel und Gewebegängigkeit müssen von intensivmedizinischer Seite in Zusammenarbeit mit „Antibiotic-Stewardship“(ABS)-Programmen [31] adressiert werden können.

  • Individualisierte Pharmakotherapie mit therapeutischem Drugmonitoring (TDM): Nierenversagen, Leberversagen oder MODS/Multiorganversagen, aber auch Adipositas, generalisierte Ödeme, Hypoproteinämie und der Einsatz von Organersatzverfahren erfordern eine individualisierte Pharmakotherapie mit speziellen Modifikationen zur Therapieanpassung. Die Verwendung eines TDM zur sicheren Therapiesteuerung kritischer Medikamente und von Antibiotika kann die Pharmakotherapie erfolgreicher und sicherer machen.

Tab. 6 A 6 Allgemeiner Teil – Pharmakotherapie

9.7. Spezieller Teil – intensivmedizinische Syndrome (Tab. 7)

Intensivmedizinische Syndrome sind gekennzeichnet durch eine Kombination verschiedener Krankheitszeichen (Symptome), die in der Gesamtheit ein (sehr) ähnliches klinisches Bild zeichnen, aber durch unterschiedliche pathophysiologische Prozesse ausgelöst werden können. Dabei besteht zwar häufig eine monokausale Ursache oder ein monokausaler Auslöser, aber die dadurch verursachten pathophysiologischen Veränderungen können sehr komplex und vielfältig und nicht immer diagnostizierbar sein. Der Begriff „Syndrom“ bezeichnet daher eher das klinische Bild und nicht die Ursache einer Erkrankung. Im klinischen Alltag ist die sichere Diagnose einer konkret vorliegenden Symptomatik nicht immer (sofort) möglich, deswegen wird oft von einem Syndrom gesprochen, um eine einheitliche vorläufige Arbeitsdiagnose zu haben. Intensivmedizinische Syndrome gehen in der Regel mit absoluter Lebensgefahr für den Patienten einher und bedürfen eines umfassenden theoretischen und praktischen Wissens, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.

Das muss der Internistische Intensivmediziner wissen und können.

  • Schock als Syndrom kann mit unterschiedlichen Ausprägungen und Ursachen verbunden sein. Die klinischen Symptome der unterschiedlichen Schockformen können sehr ähnlich sein, die Ursachen und insbesondere die Therapie der unterschiedlichen Ursachen sich jedoch sehr unterscheiden. Daher ist es von besonderer Bedeutung, unterschiedliche Schockformen und Ursachen sicher zu erkennen und zu unterscheiden und deren Behandlungsalgorithmen sicher zu beherrschen (siehe auch Tab. 9 2/1c).

  • Sepsis als Syndrom einer fehlgeleiteten Immunantwort des Organismus aufgrund einer Infektion führt meistens zu einem ausgedehnten MODS/Multiorganversagen. Sepsis ist eine der häufigsten Diagnosen auf der Intensivstation und geht mit einer hohen Mortalität einher. Ein septischer Schock führt unbehandelt meistens zum Tod, und selbst eine zeitgerecht eingeleitete Therapie kann den Krankheitsverlauf nicht immer positiv beeinflussen. Der Internistische Intensivmediziner muss innerhalb kürzester Zeit eine Sepsis erkennen und die initiale Diagnostik und Therapie einleiten. Eine verzögerte Therapieeinleitung führt zu einem nachgewiesenen Mortalitätsanstieg.

  • Für ein respiratorisches Versagen kann eine Vielzahl von Ursachen verantwortlich sein. Häufig ist es für den Intensivmediziner schwer zu unterscheiden, ob das respiratorische Versagen Teil oder Auslöser für die kardiopulmonal instabile Situation ist. Ein respiratorisches Versagen ist eine potenziell lebensbedrohliche Situation. Ein sofortiges Eingreifen ist notwendig. Die Mortalität eines schweren ARDS liegt bei fast 60 %. Ein Intensivmediziner soll die pulmonalen von extrapulmonalen Ursachen unterscheiden und entsprechende diagnostische und therapeutische Maßnahmen einleiten können.

  • Reanimation: Die Endstrecke einer kardiopulmonalen instabilen Situation führt in vielen Fällen zu einer reanimationspflichtigen Situation. Die Inzidenz für Reanimationen in Deutschland liegt bei ca. 30/100.000 Einwohnern und Jahr (2018). Ein stringentes und fest vorgegebenes Vorgehen nach dem „Advanced-Life-Support“(ALS)-Algorithmus und der entsprechenden „Post-cardiac-arrest“-Versorgung ist überlebenswichtig. Dazu zählt nicht nur die Durchführung der Reanimation, sondern auch die Einleitung der diagnostischen Untersuchungen und entsprechender spezifischer Therapien.

  • Bewusstseinsstörung als Syndrom kann verursacht werden durch unterschiedlichste auslösende Faktoren. Die differenzialdiagnostischen Möglichkeiten sind mannigfaltig, und der Intensivmediziner muss in kurzer Zeit entscheiden, welche diagnostischen Schritte erforderlich sind. Häufig ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Neurologen oder Neurochirurgen notwendig, um eine rasche und differenzierte Therapie einleiten zu können. Oft sind bei einer Bewusstlosigkeit auch basale Reflexe nicht mehr vorhanden, sodass eine Sicherung der Atemwege erforderlich sein kann. Das Prozedere im Zusammenhang mit Intubation und Beatmung soll ebenfalls sicher beherrscht werden.

Tab. 7 B 1 Spezieller Teil – intensivmedizinische Syndrome

9.8. Spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen (Tab. 818)

Domäne der Internistischen Intensivmedizin!

Viele internistische Erkrankungen können als akuter Notfall oder – bei besonders schwerem Verlauf – in einem akut lebensbedrohlichen und damit intensivpflichtigen Stadium auftreten. In vielen Situationen ist damit der Internistische Intensivmediziner der erste Behandler, der in vielen Fällen akut eigenständig die Indikationen für bestimmte diagnostische oder therapeutische Verfahren erkennen, aber auch alle akut lebensnotwendigen Techniken oder Prozeduren durchführen können muss. Auch muss der Internistische Intensivmediziner rasch die notwendigen Daten interpretieren und Komplikationen beherrschen können. Im weiteren Verlauf ist dann in vielen Fällen eine enge Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Fachexperten notwendig. Diese Zusammenarbeit muss der Internistische Intensivmediziner, wann immer notwendig, rasch indizieren und initiieren können. Ziel ist eine bestmögliche intensivmedizinische Betreuung intensivpflichtiger internistischer Patienten unter Wahrung der erforderlichen Diagnostik und Behandlung der jeweiligen internistischen Grunderkrankung, in vielen Fällen dann auch in enger Abstimmung mit dem Schwerpunktinternisten des jeweiligen Fachgebiets und/oder den mitbehandelnden operativen Fächern.

Tab. 8 B 2 Spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen

Das muss der Internistische Intensivmediziner wissen und können.

  • Kardiologie: Patienten mit potenziell lebensbedrohlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen machen einen hohen Anteil der internistisch-intensivpflichtigen Patienten aus (Tab. 9).

  • STEMI: Der zahlenmäßig im Vordergrund stehende Patient mit unkompliziertem ST-Strecken-Hebungs-Infarkt (STEMI) ist in der Regel auf einer Coronary Care Unit oder einer Intensivstation unkompliziert zu führen. Entscheidend ist hier, die Behandlungskette Notarzt – Chest Pain Unit/Notaufnahme – Herzkatheterabteilung – Coronary Care Unit/Intensivstation zeitlich optimal zu gestalten, um den STEMI-Patienten schnellstmöglich einer Herzkatheteruntersuchung und ggf. einer primären perkutane Koronarintervention (pPCI) zuzuführen.

  • Bei Vorliegen eines infarktbedingten kardiogenen Schocks (bei 5 % aller STEMI) steigt die Sterblichkeit von unter 10 % beim unkomplizierten Infarkt auf etwa 40 % an, trotz erfolgreicher Wiedereröffnung des verschlossenen Koronargefäßes in über 90 %. Prognosebestimmend bei diesen Patienten ist deshalb nicht nur die hochgradig eingeschränkte Herzfunktion mit Minderperfusion vitaler Organe, sondern vor allem auch das sich entwickelnde MODS. Hier ist die bestmögliche und leitlinienorientierte Versorgung [13] durch den Intensivmediziner prognosebestimmend, mit invasivem hämodynamischem Monitoring, Pharmakotherapie und organunterstützenden Maßnahmen. Zu letzteren zählen im Fall eines Organversagens die lungenprotektive Beatmung, die Nierenersatztherapie und bei Herzversagen in ausgewählten Fällen unter strengen Leitlinienkautelen auch ein p(L)VAD wie eine Impella-Herzpumpe oder ECLS mittels venoarterieller ECMO.

  • Bei Patienten mit intensivpflichtiger dekompensierter Herzinsuffizienz, Kardiomyopathie oder Herzklappenerkrankung muss der Internistische Intensivmediziner in der Lage sein, die der Grunderkrankung angepassten Rekompensationsmaßnahmen leitlinienorientiert in Kooperation mit dem Kardiologen umzusetzen. Bei einem intensivpflichtigen Patienten mit Endokarditis, Myokarditis oder einer Perikarderkrankung ist die Zusammenarbeit mit dem Kardiologen und weiteren Spezialisten besonders wichtig, um spezifische Diagnostik- und Therapiemaßnahmen zeitgerecht und leitlinienorientiert umsetzen zu können wie z. B. die transösophageale Echokardiographie und Kriterien zur herzchirurgischen Sanierung bei Endokarditis, die Indikation zur Myokardbiospie und den Einsatz eines Bridging-Verfahrens im Sinne einer temporären maschinellen Unterstützung bei Myokarditis oder die Diagnosestellung einer Pericarditis constrictiva mit der Notwendigkeit einer Herzoperation sowie die Indikation zur Perikardpunktion bei tamponierendem Perikarderguss.

  • Weiterhin muss der Intensivmediziner in der Lage sein, lebensbedrohliche bradykarde und tachykarde Herzrhythmusstörungen akut zu beseitigen und sie dann anschließend gemeinsam mit dem Kardiologen einer nachhaltigen Behandlung zuzuführen.

Tab. 9 B 2/1 Kardiologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Pneumologie (Tab. 10):

    • Grundlagen und Standards: Hier benötigt der Intensivmediziner Grundlagenkenntnisse der Lungenanatomie, -physiologie und -pathophysiologie, der Verfahren zur Diagnosestellung und Materialgewinnung sowie der für die Internistische Intensivmedizin relevanten akuten und chronischen Lungenerkrankungen. Die Diagnose einer akuten Lungenerkrankung muss selbstständig gestellt werden und notwendige Therapieverfahren, wie akute Maskenbeatmung, Notfallintubation und differenzierte Beatmungseinstellung bzw. die Weaningbehandlung, müssen selbstständig durchgeführt werden können. Auch muss der Intensivmediziner selbstständig eine diagnostische und therapeutische Bronchoskopie inkl. BAL indizieren und durchführen können, ggf. auch in Zusammenarbeit mit dem Pneumologen (siehe dazu Tab. 2 A 2/11).

    • Akutes Lungenversagen („acute respiratory distress syndrome“, ARDS): Eine zentrale intensivmedizinische Erkrankung stellt das ARDS dar. Hier sind spezielle Kenntnisse der Ursachen eines ARDS mit speziellen Therapieindikationen, insbesondere Kenntnisse zur speziellen stadiengerechten und leitlinienorientierten Behandlung des ARDS mit Sauerstofftherapie- und Beatmungsverfahren, aber auch bis hin zur Durchführung einer venovenösen ECMO notwendig. Der Intensivmediziner muss die Bedeutung einer lungenprotektiven Beatmung kennen, diese entsprechend mit differenzierten Beatmungseinstellungen durchführen können und die Implementierung einer durchgehenden Anwendung im klinischen Alltag unterstützen.

    • Bei obstruktiven Ventilationsstörungen sind Kenntnisse zu Indikationen und Kontraindikationen einer antiobstruktiven Therapie erforderlich, ebenso Kenntnisse und praktische Erfahrungen mit speziellen Beatmungsmöglichkeiten, invasiven Beatmungsfolgen und Möglichkeiten der Reduktion einer erforderlich werdenden invasiven außerklinischen Beatmung.

    • Interstitielle Lungenerkrankungen, Vaskulitiden, Lungenblutungen und pulmonalarterielle Hypertonie sollen in enger Zusammenarbeit mit dem Pneumologen und/oder Rheumatologen behandelt werden können.

    • Schwere infektiöse Lungenerkrankungen/Pneumonien sind häufige intensivmedizinische Krankheitsbilder. Hier muss die Fähigkeit zur risikoadaptierten (Differenzial‑)Diagnosestellung und oft rasch notwendigen Therapieeinleitung, v. a. einer effektiven kalkulierten antiinfektiven Therapie, vorhanden sein.

Tab. 10 B 2/2 Pneumologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Nephrologie und Rheumatologie (Tab. 11):

    • Grundlagen und Standards: Der Internistische Intensivmediziner muss sich Grundlagenkenntnisse der Nierenphysiologie, Nierenfunktion und Urindiagnostik aneignen, ebenso die für die Internistische Intensivmedizin relevanten akuten und chronischen Nieren- und rheumatologischen Erkrankungen.

    • Das akute Nierenversagen („acute kidney injury“, AKI) stellt das zentrale nephrologische Syndrom auf der Intensivstation dar. Der Internistische Intensivmediziner muss die Fähigkeit zur Diagnose, Behandlung, und Prävention eines AKI besitzen. Erforderlich sind – insbesondere in der Situation des Schocks – Kenntnisse der Pathophysiologie, der Anamnese, der Differenzialdiagnose (einschließlich kardiorenaler, pulmorenaler und hepatorenaler Syndrome, der „rapid progressiven Glomerulonephritis“ (RPGN) und von Nephrotoxizitäten) und der Bedeutung eines AKI in der Akut- und Langzeitprognose. Der Intensivmediziner muss hier die Fähigkeit zur selbstständigen Indikationsstellung, zur zielführenden Diagnostik eines AKI sowie der Indikation und Durchführung einer medikamentösen Akuttherapie (Volumen, Diuretika) bzw. Indizierung einer Nierenersatztherapie (Zeitpunkt, Verfahrenswahl, Dosis) haben. Auch eine bildgebende Untersuchung wie die standardisierte Nierensonographie, insbesondere zum Ausschluss prä- und postrenaler Ursachen des AKI, muss beherrscht werden.

    • Die weiterführende Diagnostik und Therapie akuter Nierenerkrankungen sollte in enger Zusammenarbeit mit einem klinischen Nephrologen erfolgen wie auch eine Förderung der Adhärenz einer Langzeitnachsorge nach AKI durch Nephrologen.

    • Thrombotische Mikroangiopathie (TMA): Wichtige Aufgaben des Intensivmediziners in enger Zusammenarbeit mit einem klinischen Nephrologen/Hämatologen sind die Diagnose und Behandlung verschiedener Formen einer TMA, insbesondere einer thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (TTP) und eines hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) sowie die Indikationsstellung und Durchführung einer evtl. notwendigen medikamentösen Akuttherapie bzw. Plasmapherese.

    • Auch bei verschiedenen Formen eines pulmorenalen Syndroms, insbesondere der für antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) positiven Vaskulitis, dem Goodpasture-Syndrom, eines systemischen Lupus erythematodes (SLE) oder im Rahmen anderer immunologisch/rheumatologischer Erkrankungen, soll der Intensivmediziner die Fähigkeit zur selbstständigen zielführenden Diagnostik von Systemerkrankungen sowie zur Indikationsstellung und Durchführung einer evtl. notwendigen medikamentösen Akuttherapie bzw. zur Einleitung einer Plasmapherese – in Zusammenarbeit mit dem klinischem Nephrologen/Pulmologen – besitzen.

    • Elektrolytstörungen führen sehr häufig zu akut bedrohlichen Krankheitsbildern und sind somit ein zentraler Bestandteil der Internistischen Intensivmedizin. Um Störungen des Natriumhaushalts selbstständig erkennen und behandeln zu können, muss der Intensivmediziner auch gute Kenntnisse der physiologischen Volumen- und Osmoregulation haben. Störungen des Natriumhaushalts sind häufig in Wirklichkeit Störungen des Wasserhaushalts. Bei Störungen des Kaliumhaushalts kommt aufgrund der oft vital bedrohlichen Folgen dieser Elektrolytstörungen der Durchführung einer Akuttherapie zur Normalisierung des Kaliumspiegels selbst unter Reanimationsbedingungen eine besondere Bedeutung zu. Ähnliches gilt für Störungen des Kalzium‑, Phosphat- und Magnesiumhaushalts. Wichtig kann eine enge Zusammenarbeit mit einem klinischen Nephrologen und/oder Onkologen/Endokrinologen sein.

    • Störungen des Säure-Basen-Haushalts: Störungen des Säure-Basen-Haushalts sind zentraler Bestandteil der Internistischen Notfall- und Intensivmedizin, mehr als in allen anderen Schwerpunkten der Inneren Medizin. Kenntnisse über die Bedeutung der Aufrechterhaltung eines konstanten pH-Werts für Zellphysiologie und Elektrolythaushalt, über Puffersysteme, Atemphysiologie und Kompensationsmechanismen zur Konstanthaltung des pH-Werts sind die ausgewiesene Expertise des Intensivmediziners. Selbstständige Indikationsstellung zur zielführenden Diagnostik einer Störung des Säure-Basen-Haushalts inkl. der Durchführung einer arteriellen oder venösen Blutgasanalyse und deren Interpretation, auch mit Bestimmung der Anionenlücke, sind zentrale Aufgaben in der Intensivmedizin, aber auch die Fähigkeit zur selbstständigen Durchführung der Akuttherapie bestehender Säure-Basen-Haushaltsstörungen sowohl im metabolischen als auch im respiratorischem Bereich.

Tab. 11 B 2/3 Nephrologie und Rheumatologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Gastroenterologie (Tab. 12):

    • Grundlagen und Standards: Erforderlich ist der Erwerb der für die Betreuung von Intensivpatienten notwendigen Kenntnisse der Klinik, Diagnostik und Therapie intensivmedizinisch relevanter gastroenterologischer Erkrankungen. Hierzu zählen neben gastrointestinalen Motilitätsstörungen insbesondere die häufig bei Intensivpatienten auftretenden oberen und unteren gastrointestinalen Blutungen. Sicher durchgeführt werden müssen beim Intensivpatienten die Diagnosestellung und Therapie von Diarrhöen infektiöser und nichtinfektiöser Ursachen, der Ileussymptomatik, der Hohlorganperforation, der Cholezystitis/Cholangitis, der gastrointestinalen Ischämie und der Pankreatitis ebenso wie die differenzierten Diagnose- und Therapiealgorithmen bei Enterokolitiden, inklusive der Clostridioides-difficile-Infektion. Zentrale Aufgaben des Internistischen Intensivmediziners sind auch die valide Messung und klinische Beurteilung des intraabdominellen Drucks im Zusammenhang mit anderen Parametern des Volumenhaushalts, der Hämodynamik und der Beatmung sowie die Durchführung konservativer entlastender Maßnahmen bei Druckerhöhung, häufig in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Kollegen der Viszeralchirurgie und Gastroenterologie. Indikation, Anlage sowie Umgang mit perkutanen endoskopischen Gastrostomie(PEG)-Sonden sowie nasogastralen und nasoduodenalen Sonden, die Indikationsstellung zur gastroskopischen primären Giftelimination und auch die Indikationsstellung und Kenntnis von Risiken einer koloskopischen Dickdarmdekompression gehören in das Aufgabenfeld des Internistischen Intensivmediziners.

    • Gastrointestinale Blutungen: Der Internistische Intensivmediziner muss die Fähigkeit sowohl zur Diagnosestellung und intensivmedizinischen Stabilisierung sowie der nichtinterventionellen Initialbehandlung unterschiedlicher gastrointestinaler Blutungen als auch der periinterventionellen Versorgung bei endoskopischen Eingriffen besitzen. Initiale Stabilisierungsmaßnahmen inkl. Gerinnungskontrollen und die differenzierte Gerinnungstherapie müssen – insbesondere bei hämorrhagischem Schock – rasch durchgeführt werden können. Weitere Aufgaben sind die Risikostratifizierung und ggf. die Vorbereitung des Patienten für die Endoskopie in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den Kollegen der Gastroenterologie, Radiologie oder Chirurgie. Auch die Durchführung einer pharmakologischen Stressulkusprophylaxe und Rezidivblutungsprophylaxe gehört hierher.

    • Lebererkrankungen: Zum Aufgabenspektrum des Internistischen Intensivmediziners bei kritisch Kranken zählen die Fähigkeit zur Diagnosestellung und Therapie unterschiedlicher Formen der Leberdysfunktion, des akuten und akut-auf-chronischen Leberversagens inkl. der hepatischen Enzephalopathie, der Folgen einer portalen Hypertension und einer sekundär-sklerosierenden Cholangitis. Ebenso ist das Wissen um die Voraussetzungen (insbesondere Gerinnungsstatus) und die Durchführung der diagnostischen und therapeutischen Parazentese ein wichtiger Bestandteil der Tätigkeit.

    • Extrakorporale Organersatzverfahren: Der Internistische Intensivmediziner muss die Indikationsstellung und die Durchführung extrakorporaler Organersatzverfahren kennen wie Leberunterstützungsverfahren bei akutem und akut-auf-chronischem Leberversagen, konventionelle Nierenersatzverfahren und Plasmapherese.

    • Pankreas- und Gallenerkrankungen: Die akute Pankreatitis – insbesondere die schweren nekrotisierenden Verlaufsformen –, funktionelle und entzündliche Veränderungen der Gallenblase bei Intensivpatienten (akalkulöse Cholezystitis und die „Intensivgallenblase“), aber auch ischämische Cholangiopathien sowie die sekundär-sklerosierende Cholangitis stellen wichtige internistisch-intensivmedizinische Krankheitsbilder dar. Zu ihrer Diagnostik muss der Intensivmediziner fundierte sonographische Basiskenntnisse besitzen sowie eine zielführende Diagnostik und Therapie einleiten können, inkl. der differenzierten Volumentherapie bei akuter Pankreatitis oder auch bei MODS.

    • Perioperative Intensivmedizin bei abdominalchirurgischen Operationen: Basiskenntnisse der intensivmedizinischen perioperativen Besonderheiten bei abdominalchirurgischen Operationen gehören ebenfalls zum erforderlichen Erfahrungsspektrum des Internistischen Intensivmediziners: die wichtigsten Operationsverfahren, Anastomosenlehre, Drainagenbeurteilung, Erkennen und Management von Komplikationen inkl. Blutungen, Anastomoseninsuffizienzen/Peritonitis und Ischämien.

Tab. 12 B 2/4 Gastroenterologie und Hepatologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Endokrinologie (Tab. 13):

    • Grundlagen und Standards: Das Weiterbildungsziel ist der Erwerb der für die Betreuung von internistischen Intensivpatienten erforderlichen Kenntnisse der Klinik, Diagnostik und Therapie intensivmedizinisch relevanter endokriner Störungen. Dazu zählen zum einen die Regulationsstörungen integrativer neuroendokriner Signalpfade beim kritisch kranken Patienten wie Diabetes insipidus centralis, hypophysäres Koma und das Non-thyroidal-illness-Syndrom, zum anderen der Diabetes mellitus mit diabetischer Ketoacidose und hyperosmolarer hyperglykämischer Entgleisung, Schilddrüsenerkrankungen wie thyreotoxische Krise und Myxödemkrise, Nebennierenerkrankungen wie die Addison-Krise und das Phäochromozytom (perioperatives Management). Wichtig ist auch die leitlinienorientierte Hydrocortisonsubstitution bei relativer Nebenniereninsuffizienz wie bei Patienten mit septischem Schock.

    • Intensivmedizinisch relevante seltene Stoffwechselstörungen: Differenzialdiagnostisch muss der Internistische Intensivmediziner auch an seltene, aber gravierende Stoffwechselstörungen denken wie Gicht, metforminassoziierte Laktatacidose, akute hepatische Porphyrien und das thiaminmangelbedingte Refeeding-Syndrom.

Tab. 13 B 2/5 Endokrinologie/Diabetologie/Stoffwechselstörungen (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Angiologie (Tab. 14):

    • Tiefe Venenthrombose (TVT) und Lungenarterienembolie (LAE): Diagnostik und Therapie der TVT und der LAE erfordern rasches leitlinienorientiertes [34] Handeln unter Berücksichtigung der Klinik und der sonographischen sowie angiologischen oder radiologischen (CT-)Gefäßdiagnostik ggf. unter Einbeziehung interventioneller bzw. operativer Therapieverfahren. Erforderlich ist ein adäquates Standardmonitoring sowie die kontinuierliche Überwachung derjenigen Patienten mit instabilen Kreislaufverhältnissen (z. B. intermediär hohes Risiko).

    • Kritische Extremitätenischämie: Rasches interdisziplinäres Handeln ist bei der kritischen Extremitätenischämie, insbesondere der kritischen Beinischämie, erforderlich unter Einbeziehung der konservativ-medikamentösen, interventionellen bzw. operativen Therapieverfahren inkl. der intensivmedizinischen Nachbetreuung.

    • Vaskulitiden: Differenzialdiagnostisch sind bei schwerkranken Gefäßpatienten auch Vaskulitiden in Betracht zu ziehen. Die frühzeitige Diagnostik und adäquate Therapie sind oft ausschlaggebend für die Vermeidung oder Begrenzung schwerwiegender Organschäden. Insbesondere die zeitige Differenzialdiagnose muss in Betracht gezogen und ggf. durch Kollegen mit einer fundierten angiologischen Fachexpertise mitbehandelt werden.

Tab. 14 B 2/6 Angiologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Infektiologie (Tab. 15):

    • Grundlagen und Standards: Viele Patienten auf der Intensivstation haben oder bekommen im Verlauf ihres Aufenthalts eine Infektion und werden mit einer entsprechenden antiinfektiven Therapie versorgt. Aufgrund der zunehmenden Invasivität von Diagnostik und Therapie sowie eines zunehmend älteren immunkompromittierten Patientenkollektivs ist das Risiko für die Entwicklung ambulant erworbener und nosokomialer Infektionen auf Intensivstationen besonders hoch. Eine Sepsis bzw. ein septischer Schock als Maximalausprägung einer Infektion ist mittlerweile einer der häufigsten Todesursachen auf einer Intensivstation.

    • Indiviuelles Wissen, „Antibiotic Stewardship“ (ABS), Netzwerke: Es ist wichtig, dass der Intensivmediziner ausreichende Erfahrung in den Bereichen Hygiene und Hygienevorschriften, Infektionsmanagement, „Antibiotic Stewardship“ (ABS; [31]) und Kompetenz für die Einleitung einer adäquaten Diagnostik und antiinfektiven Therapie besitzt. Hier gilt es nicht nur, akute Infektionen zu behandeln, sondern auch nosokomiale Infektionen durch einen entsprechenden Infektionsschutz zu verhindern. Es wird vorausgesetzt, dass der Internistische Intensivmediziner Kenntnisse über antiinfektive Therapien hat und in der Lage ist, ggf. in Zusammenarbeit mit Infektiologen, Mikrobiologen und Virologen die optimale antiinfektive Therapie für den Patienten auszuwählen.

Tab. 15 B 2/7 Infektiologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Hämatologie/Onkologie (Tab. 16):

    • Grundlagen und Standards: Etwa jeder 4. Patient auf einer Intensivstation in Deutschland hat eine Krebserkrankung. Die Aufnahme dieser Patienten erfolgt einerseits im Rahmen einer postoperativen Überwachung oder andererseits wegen krebsassoziierter Komplikationen, entweder als Folge der Krebserkrankung selbst oder therapieassoziiert. Der Internistische Intensivmediziner sollte die typischen Komplikationen von Krebserkrankungen und deren Therapie erkennen und entsprechende diagnostische und therapeutische Schritte in Kooperation mit einem Hämatoonkologen einleiten können.

    • Psychoonkologie, Therapiezieldiskussion, Palliativmedizin: Neben der intensivmedizinischen Versorgung dieser Patienten sollten auch die psychoonkologischen Aspekte der Patienten mit einer Krebserkrankung erfasst werden. Eine entsprechende Kommunikation von Therapiezielen und Möglichkeiten, differenziert nach onkologischer und intensivmedizinischer Prognose, sollte sowohl im Team als auch mit dem Patienten und den Angehörigen durchgeführt werden. Auch palliativmedizinische Aspekte einer intensivmedizinischen Versorgung sollten bekannt sein und umgesetzt werden.

Tab. 16 B 2/8 Hämatologie/Onkologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Toxikologie (Tab. 17):

    • Grundlagen und Standards: Der Internistische Intensivmediziner muss sich diejenigen Kenntnisse in klinischer Toxikologie erwerben, die für eine selbstständige Behandlung der häufigsten und gefährlichsten Intoxikationen nötig sind. Bei der zielführenden Diagnostik und Therapie der zahlreichen und komplexen Medikamentenintoxikationen empfiehlt sich die Kooperation mit den Giftnotrufzentralen.

    • Toxidrome, Antidote, primäre und sekundäre Giftelimination: Besonders hervorzuheben ist das Wissen um Toxidrome (sympathomimetisch, anticholinerg, Opiat, Serotonin, cholinerg) und der toxidromspezifischen Therapie. Der Internistische Intensivmediziner muss einen Überblick über die wichtigsten Antidote und deren Dosierung haben und er muss die praktische Durchführung der primären und sekundären Giftelimination beherrschen.

Tab. 17 B 2/9 Toxikologie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)
  • Geriatrie (Tab. 18):

    • Grundlagen und Standards: Der Anteil der über 80-jährigen Intensivpatienten liegt bei 15–30 %. Insofern ist es für den Internistischen Intensivmediziner wichtig, Spezifika dieser Patientenklientel zu kennen [35, 36]. Dazu zählen das Verständnis von Grundbegriffen der Gerontologie und Geriatrie wie Sarkopenie, „Frailty“ [37], altersspezifische Einschränkungen der Organfunktionen, geriatrische Syndrome, kognitive Dysfunktion, Multimorbidität, Polypharmazie und Polypragmasie sowie Arzneimittelinteraktionen.

    • Machbare Therapieoptionen und Patientenwünsche: Wesentlich ist es, die machbaren intensivmedizinischen Therapieoptionen mit den Patientenwünschen in Kooperation mit dem Patienten abzugleichen, ggf. auch mit Angehörigen, betreuenden Ärzten und Pflegeeinrichtungen und auch in Absprache mit Geriatern und Palliativmedizinern.

Tab. 18 B 2/10 Geriatrie (spezieller Teil – intensivmedizinische Stadien internistischer Erkrankungen)