Zusammenfassung
Der vorliegende Artikel fokussiert auf die Glukokortikoid-induzierte Osteoporose (GCO) als Hauptvertreterin der sekundären Osteoporoseformen. Sekundäre Osteoporosen sind die Folgen unphysiologischer Einflüsse und umfassen nur 5% aller Osteoporosefälle, verursachen aber 20% der osteoporotischen Frakturen. Der medikamentöse Einsatz von Glukokortikoiden stellt die Hauptursache der GCO dar, ein endogenes Cushing-Syndrom wird nur selten als Osteoporose manifest. Aber auch die Grunderkrankung, die den Einsatz von Glukokortikoiden notwendig macht, trägt meist mit zur Osteoporose bei. Durch eine leitliniengerechte Diagnostik und Therapie lassen sich Frakturen im Rahmen einer GCO effektiv reduzieren und die Lebensqualität der betroffenen Patienten entscheidend verbessern. Im Jahr 2006 wurde vom Dachverband Deutschsprachiger Wissenschaftlicher Gesellschaften für Osteologie (DVO) die S3-Leitlinien aktualisiert. Ziel dieses Beitrages ist es, die GCO und den Entwurf der DVO-Leitlinie zur GCO zu vermitteln.
Abstract
Secondary osteoporosis is caused by various non-physiological factors. It affects 5% of all patients with osteoporosis and accounts for 20% of all osteoporotic fractures. Glucocorticoid induced osteoporosis is the most common form of secondary osteoporosis, whereas an endogenous Cushing syndrome rarely results in decreased bone mineral density. In addition, chronic inflammatory diseases which require a glucocorticoid therapy also need to be considered in the context of osteoporosis. This article presents the current data on glucocorticoid induced osteoporosis and an update of the proposed DVO (Dachverbandes Osteologie, umbrella organization of German scientific osteology-related societies) guidelines 2006.
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Interessenkonflikt
Der Autor ist Vortragsreferent für die Firmen Novartis, Procter & Gamble und MSD, die Medikamente mit den im Artikel genannten Substanzen herstellen.
Trotz des möglichen Interessenkonflikts ist der Beitrag unabhängig und produktneutral.
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Fragen zur Zertifizierung
Fragen zur Zertifizierung
Die Einnahme von Glukokortikoiden in supraphysiologischen Dosen führt zu Veränderungen im Stoffwechsel und im Hormonhaushalt. Welche der folgenden Veränderungen ist zu beobachten?
Eine Abnahme der renalen Kalziumausscheidung.
Ein Anstieg des Testosteronspiegels.
Eine Muskelhypertrophie.
Ein Anstieg des Wachstumshormons.
Eine Verminderung der Osteoblastenfunktion.
Unter Glukokortikoid-Einfluss kommt es zu Veränderungen im Knochenstoffwechsel. Welche Aussage zur GCO ist richtig?
Nur eine Langzeittherapie mit Glukokortikoiden resultiert in einer Osteoporose.
Die GCO resultiert pathophysiologisch einzig aus einem sekundären Hyperparathyreoidismus.
Die GCO wird der idiopathischen Osteoporose zugeordnet.
Ein endogenes Cushing-Syndrom wird häufig als Osteoporose manifest.
Neben einer Glukokortikoid-Medikation kann auch eine rheumatologische Grunderkrankung per se zu einer Osteoporose beitragen.
Bei Patienten unter Glukokortikoid-Medikation sollten entsprechend der Grunderkrankung und des geplanten Therapieregimes osteoprotektive Maßnahmen ergriffen werden. Welche Aussage zur Prophylaxe der GCO trifft zu?
Weltweit besteht eine zufriedenstellende Versorgungslage bzgl. einer Osteoprotektion der Patienten mit einer Glukokortikoid-Medikation.
Eine Beratung hinsichtlich modifizierbarer Risikofaktoren, wie z. B. Fraktur- und Sturzprophylaxe, sollte erfolgen.
Eine Behandlung mit Bisphosphonaten wird nach DVO-Leitlinie 2006 erst bei eingetretener Wirbelkörperfraktur empfohlen.
Eine Kalzium- und Vitamin-D-Supplementation ist bei manifester GCO ausreichend.
Eine 6-monatige Glukokortikoid-Therapie in niedriger Dosierung (2,5 mg Prednisolon-Äquivalent) beeinflusst nicht den Knochenmetabolismus.
Welches Medikament ist zur Therapie der GCO der postmenopausalen Frau in Deutschland zugelassen?
Risedronat.
Teriparatid.
Raloxifen.
Ibandronat.
Pamidronat.
Die Maßnahmen zur Prophylaxe der GCO sind abhängig von Dauer und Höhe der geplanten Glukokortikoid-Therapie, von Geschlecht und Alter des Patienten sowie dem Zustand des Knochens vor Therapiebeginn. Welche Aussage zur Osteoporoseprophylaxe und -therapie unter Glukokortikoiden trifft zu?
Eine Glukokortikoid-Langzeittherapie (5 mg/Tag über 3 Monate) bedarf keiner Osteoporoseprophylaxe bzw. -therapie.
Eine DXA-Messung empfiehlt sich erstmals nach 2-jähriger Glukokortikoid-Medikation, da vorher keine Alterierung des Knochens resultiert.
Teriparatid ist für die GCO des Mannes in Deutschland zugelassen.
Bei prämenopausalen Frauen und Männern mit einer GCO besteht bei der Gabe von Alendronat ein „off-label-use“.
Eine Vitamin-D- und Kalzium-Supplementation ist nicht notwendig, da in Deutschland ausreichend Milchprodukte konsumiert werden.
Die Diagnose einer Osteoporose wird bei einem T-Score von <–2,5 gestellt. Mit welchem bildgebenden Verfahren wird der T-Score ermittelt?
Röntgen der LWS in 2 Ebenen.
DXA-Messung.
Quantitativer Ultraschall.
Röntgen des Schenkelhalses in 2 Ebenen.
Quantitative Computertomographie.
Eine 60-jährige Patientin mit bekannter rheumatoider Arthritis und Langzeit-Glukokortikoid-Therapie kommt wegen akut aufgetretener Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule seit 5 Tagen in Ihre Praxis. Radiologisch zeigen sich Sinterungsfrakturen des 2. und 3. LWK. Für welches der folgenden Medikamente besteht ein „off-label use“?
Etidronat.
Risedronat.
Alendronat.
Raloxifen.
Kalzium-, Vitamin-D-Supplementation (1–1,5 g Kalzium + 400–1200 IE Vitamin D).
Die GCO unterscheidet sich in einigen Aspekten von anderen Osteoporoseformen. Für die GCO gilt:
Sie tritt bei 10% der Patienten unter einer Langzeittherapie auf.
Der Knochenverlust tritt erst nach einer 12-monatigen Glukokortikoid-Therapie auf.
Der kortikale Knochen ist besonders betroffen.
Im ersten Jahr können Spitzenknochenverluste von mehr als 20% auftreten.
Radiomorphologisch kommt es klassischerweise initial zu einer Betonung der Vertikalstruktur.
Was trifft nicht zu? Die Beratung zu modifizierbaren Risikofaktoren der GCO sollte folgende Punkte berücksichtigen:
Absetzen einer Glukokortikoid-Langzeittherapie.
Vermeidung eines alimentären Kalzium- und Vitamin-D-Mangels.
Empfehlung von physischer Aktivität (Verbesserung der Muskelkraft und Koordination).
Sturzprophylaxe.
Vermeidung von Untergewicht.
Welche Aussage ist richtig? Die Wirkung von Glukokortikoiden in supraphysiologischer Dosierung am Knochen ist multifaktoriell. Glukokortikoide führen zu:
Einer Steigerung der Proliferation, Differenzierung und Funktion der Osteoblasten.
Einer Hemmung der Apoptose der Osteoblasten.
Einer Verdickung des trabekulären Knochens.
Einer Steigerung der Osteoklastenfunktion.
Einer gesteigerten Apoptose der Osteoklasten.
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Lange, U., Müller-Ladner, U. Glukokortikoid-induzierte Osteoporose. Z. Rheumatol. 66, 129–138 (2007). https://doi.org/10.1007/s00393-007-0151-y
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00393-007-0151-y