Metamizol ist kein unumstrittener Wirkstoff. Das seit 1922 in Deutschland zugelassene Analgetikum wurde wegen der seltenen schweren Nebenwirkung Agranulozytose in vielen Ländern, darunter in Schweden, Norwegen, Dänemark, Island, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Australien, Japan, Kanada und den USA, vom Markt genommen bzw. gar nicht erst zugelassen. Im deutschsprachigen Raum ist die Anwendung hingegen weitverbreitet.

Auch im Arzneiverordnungs-Report 2016 fiel dieser Uraltwirkstoff auf [1]. In der Zusammenfassung des Kapitels „Analgetika“ schreiben die Autoren Rainer H. Böger und Gerhard Schmidt: „Bei den nichtopioiden Analgetika ist ein auffälliger Wandel eingetreten. Die Verordnungen von Acetylsalicylsäure und Paracetamol sind in den letzten 10 Jahren um über 70 % zurückgegangen, während das rezeptpflichtige Metamizol trotz des weiterhin bestehenden Agranulozytose-Risikos fast dreifach häufiger verordnet wurde.“

Der Grund der steigenden Beliebtheit von Metamizol unter den Verordnern kann darin liegen, dass dieser Wirkstoff deutlich weniger gastrointestinale Nebenwirkungen verursacht als andere nichtsteroidale antiinflammatorische Wirkstoffe (NSAIDs), darunter Ibuprofen oder Diclofenac [2].

Zudem ist die bekannte Arzneimittelinteraktion zwischen Ibuprofen und niedrig dosiertem ASS sehr präsent. Wird der COX-Inhibitor Ibuprofen zeitgleich mit ASS eingenommen, so kann Ibuprofen, das eine hohe Affinität zur hydrophoben Bindungsstelle für ASS hat, den Zugang der Acetylgruppe des ASS verhindern, sodass die irreversible Hemmung der COX-1 unterbleibt. Ein Ausweichen auf einen alternativen Wirkstoff, z. B. auf Metamizol, sollte sich hier als Option anbieten.

Dies könnte sich allerdings als ein Trugschluss erweisen, wenn nicht ähnliche Vorsorge getroffen wird, wie sie für die Ibuprofen-ASS-Komedikation empfohlen wird. Denn auch Metamizol, bzw. der aktive Metabolit dieses Prodrugs, verursacht ebenfalls gefährliche Interaktionen mit ASS, das KHK-Patienten in niedriger Dosierung einnehmen, um eine thromboxaninduzierte Plättchenaktivierung zu verhindern.

Diese Zusammenhänge konnten in den letzten Jahren mehrfach klar belegt werden [3, 4]. Hier zeigen die Autoren, dass tatsächlich die gleichzeitige Gabe von Metamizol und ASS die durch ASS induzierte Inhibition der Plättchenaktivierung durch Thromboxan verhindert. Wird hingegen die ASS-Dosis vor der Einnahme von Metamizol verabreicht, so wird die pharmakodynamische Wirkstoffinteraktion umgangen, ähnlich wie das auch für die Interaktionsproblematik bei Ibuprofen und ASS bekannt ist.

Es ist durchaus nicht auszuschließen, dass diese noch wenig beachtete Interaktion zwischen Metamizol und ASS ein klinisch relevanteres Problem darstellt als die sehr selten auftretende Agranulozytose, der deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Andererseits lässt sich die Metamizol-ASS-Interaktion (im Gegensatz zum Auftreten einer Agranulozytose) praktisch immer zuverlässig umgehen, wenn man die sequenzielle Einnahmeempfehlung beachtet.