Zusammenfassung
Im Verhältnis zu ihrer praktischen und sozialmedizinischen Bedeutung gehören Venen- und Lymphgefäßerkrankungen noch immer zu den Stiefkindern der Schulmedizin. Thrombosen im Bereich der unteren Extremität werden oft nicht erkannt und sind die häufigste Ursache für eine Pulmonalembolie. Darüber hinaus können Spätfolgen in Form eines postthrombotischen Syndroms resultieren, dessen Maximalvariante ein (rezidivierendes) Unterschenkelgeschwür sein kann.
Nach epidemiologischen Untersuchungen erleidet ca. 1% unserer erwachsenen Bevölkerung ein Geschwürleiden, wobei die häufigste Ursache eine chronische Veneninsuffizienz darstellt, entweder in Folge einer tiefen Beinvenenthrombose oder einer primären Klappeninsuffizienz, vorwiegend in Verbindung mit Krampfadern. Bei rechtzeitiger optimaler Therapie könnte die Häufigkeit derartiger Folgeerkrankungen reduziert werden. Neue, im Vergleich zur klassischen Varizenoperation weniger invasive Verfahren (Kathetermethoden, Schaumverödung) finden zunehmend Verbreitung.
Eine akute, unklare Beinsymptomatik sollte nicht mit Diuretika, Antiphlogistika und Bettruhe behandelt, sondern sofort abgeklärt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dabei eine tiefe Beinvenenthrombose gefunden wird, liegt zwischen 15 und 25%. Ist die Diagnose bestätigt, wird heute vorwiegend eine konservative Therapie durchgeführt, die aus der subkutanen Verabreichung eines niedermolekularen Heparinpräparates in therapeutischer Dosis besteht, gefolgt von oralen Antikoagulanzien, sowie aus einer guten Beinkompression und Gehübungen bei mobilen Patienten. Neu ist hier der Verzicht auf die Bettruhe, die nicht imstande ist, die Rate von klinisch relevanten Pulmonalembolien zu reduzieren (Aschwanden et al. 2001; Schellong et al. 2000).
Neue Antikoagulanzien werden derzeit in klinischen Studien getestet und dürften in den nächsten Jahren in die Therapie Eingang finden, z. B. Pentasaccharide (Fondaparinux, das bei spezieller Indikation für die Thromboseprophylaxe bereits zugelassen ist), Thrombinantagonisten (z. B. Ximelagatran) und orales Heparin.
Inwieweit sich bei spezieller Indikation (junge Patienten mit kurzer Anamnese und massiver proximaler Thrombose) neue thrombusbeseitigende Maßnahmen durchsetzen werden, hängt davon ab, ob zukünftige Studien eine deutliche Überlegenheit des Wirkungs-Nebenwirkungs-Verhältnisses im Vergleich zur konservativen Therapie zeigen können. Über viel versprechende Zwischenergebnisse für Katheterlyseverfahren (Comerota et al. 1995 ) oder über eine Kombination einer lokoregionären Lyse mit anschließender Thrombektomie (Largiader et al. 2001) wurde berichtet.
In der Therapie der chronischen Veneninsuffizienz werden Versuche gemacht, eine gestörte Klappenfunktion wiederherzustellen, wobei neben chirurgischen Klappenrekonstruktionen auch an einer intravenösen Implantation künstlicher Klappen gearbeitet wird. Klinische Studien liegen noch nicht vor.
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Partsch, H. (2005). Venen- und Lymphgefäßerkrankungen. In: Steinbeck, G., et al. Therapie innerer Krankheiten. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-26504-X_17
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