Zusammenfassung
Der Wandel des Krankheitsspektrums zeigt einen neuerlichen Anstieg der psychosomatischen Erkrankungen. In diesen Trend reihen sich die Umweltängste mit ihrem vielfältigen psychovegetativen Beschwerdebild nahtlos ein. Ein Teil der Befindensstörungen erweist sich jedoch als gravierend und ist aus psychiatrischer Sicht derart ausgestaltet, daß von einen »Toxikophobie-Syndrom« ausgegangen werden könnte, das der besonderen sozialmedizinischen Würdigung und Einfühlung bedarf.
Das Ansteigen der Umweltängste und der psychosomatischen Krankheitsbilder ist aber nicht allein als eine Folge toxischer Umwelteinflüsse anzusehen, vielmehr sind auch gesellschaftliche Faktoren in Rechnung zu stellen. Der gesellschaftliche Wandel zeigt sich neben einer durchgreifenden Individualisierung der Lebens- und Arbeitsweltbereiche vor allem in einer zunehmenden psychomentalen Anpassungsanforderung und bietet andererseits Chancen zur Selbstgestaltung. Hier sind Möglichkeiten zur Prävention gegeben, um die Tendenzen zur sozialen und ökologischen »Entfremdung« auszugleichen.
Ansätze zu einem veränderten sozialen Dialog bieten die betriebsgebundenen »Gesundheitszirkel« (BKK-Thyssen, -Henschel). Diese Art der »demokratisierten« Arbeitsplatzgestaltung ist ein wichtiger Schritt, um die individuelle Isolation und zugleich die betriebsbezogenen Umweltprobleme aufzufangen. Es wird eine veränderte Streß-Anpassung über ein »interaktionistisches« Coping erreicht, so daß den Umweltängsten bereits im Vorfeld begegnet wird.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDS/MDK) erarbeitet Richtlinien für betriebsübergreifende Vorsorgemaßnahmen. In den Einzelberatungen und Begutachtungen (z. B. »Kuren« bei Neurodermitis) werden die individualspezifischen Besonderheiten berücksichtigt. Das Umfeld und der Arbeitsplatz erfahren eine besondere Gewichtung.
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Greve, J. (1993). Präventivmaßnahmen aus sozialmedizinischer Sicht: Der Wandel von Lebens- und Arbeitswelt und die Umweltängste. In: Aurand, K., Hazard, B.P., Tretter, F. (eds) Umweltbelastungen und Ängste. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94249-4_20
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