Zusammenfassung
Im Zentrum zeitgenössischer Selbstreflexion steht die Umbrucherfahrung: „Die Menschheit empfindet sich in einer Epoche des Übergangs“ (Prigogine 1986, S. 15) — so eröffnet Prigogine eine Analyse der Entwicklung der modernen Naturwissenschaften. Der Philosoph A. Wellmer sieht in der gehäuften Verwendung ,postistischer‘ Begriffe wie,post-industrielle Gesellschaft‚, ,Post-Strukturalismus‘, erst recht in der Globaldiagnose ,Postmoderne‚, den Versuch, „das Bewußtsein einer Epochenschwelle“ auszudrücken (Wellmer 1985, S. 48). Im Begriff ,Postmoderne‘ artikuliert sich das Empfinden, daß etwas zu Ende gekommen ist. Zu Ende gekommen ist das, was Habermas das,Projekt der Moderne‘ genannt hat: der Versuch, die Ziele der Aufklärung: Selbstbewußtsein, Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, durchzusetzen. Ob diese Diagnose zutrifft und wie es weiter gehen soll — darüber haben sich heftige Kontroversen entzündet. Drei Positionen lassen sich erkennen: der Neokonservativismus, wie er sich etwa im Historikerstreit besonders prononciert artikulierte, sieht das Heil in der Rückkehr zur vormodernen Sicherheit einer Einbindung des Individuums in festgefügte Ordnungen und unbezweifelbare Werthaltungen. Die ,Modernen‘ führen Kritik nicht an der Aufklärung sondern im Namen der Aufklärung an der gesellschaftlichen Realität, in der das unvermindert Gültigkeit beanspruchende Ziel einer,Befreiung des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit‘ (Kant) nur unzureichend oder in pervertierter Form durchgesetzt worden ist. Die,Postmodernen` schließlich erteilen der Aufldärung selbst eine Absage. Sie proklamieren das Ende des Individuums, sie bestreiten den Wert der Vernunft.
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Nunner-Winkler, G. (1991). Ende des Individuums oder autonomes Subjekt?. In: Helsper, W. (eds) Jugend zwischen Moderne und Postmoderne. Studien zur Jugendforschung, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97202-6_6
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