Zusammenfassung
Die Arbeit betrachtet OL als ein System. Ein System besteht definitionsgemäß aus einer Menge von Elementen und aus Beziehungen, die diese Elemente miteinander verbinden. Diese Beziehungen sind damit dasjenige Phänomen, das die Gemeinsamkeit dieser Elemente ausmacht und das System von seiner Umwelt abgrenzt.
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Literatur
Zur Begründung, daß wir Veränderungen und damit Prozesse als Elemente eines Systems ansehen und zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise vgl. Abschnitt 5.1.
Wenn wir hier von den “beiden” Elementen sprechen — also letztlich von (nur) zwei Elementen -, dann lediglich aus Gründen der Vereinfachung. In einer realen “lernenden” Organisation werden natürlich immens viele solcher Prozesse gleichzeitig und immer wieder ablaufen. Es wäre also unrealistisch, etwa von einer Wissensveränderung und einer Verhaltensänderung auszugehen. Trotzdem erscheint es uns aus analytischen Gründen und auch aus Gründen der Nachvollziehbarkeit dieser Perspektive vorteilhaft, sich zunächst auf die Betrachtung eines (einzelnen) “OL-Kernprozesses” zu konzentrieren. Diese Betrachtung kann (und wird) später beispielhaft auf ein ganzes System solcher Prozesse ausgedehnt werden. Das dabei entstehende Modell soll dadurch der Realität näher kommen, denn es wird aus einer Vielzahl von Prozessen der Veränderung elementaren Wissens, einer Vielzahl von Prozessen der Änderung elementaren Verhaltens sowie aus einer Vielzahl von Beziehungen bestehen. (Siehe hierzu Abschnitt 8.2).
Um die Darstellungen nicht unnötig zu erschweren, haben wir in einem beträchtlichen Teil der bisherigen Arbeit von “Individuen” als Trägern von Veränderungen gesprochen, obwohl als Ort der Veränderungen eigentlich Stellen (also organisatorische Elemente) gemeint waren. Spätenstens ab hier aber müssen wir konsequent Stellen fokussieren, da die zu behandelnden Beziehungen oft eng mit den formalen Organisationsstrukturen zusammenhängen. Und diese Strukturen betreffen von ihrem Sinn her zunächst vor allem Stellen, erst in zweiter Linie deren (momentane) Inhaber.
Wir wollen an dieser Stelle nicht etwa verkennen, daß Lernprozesse und die Verhaltenssteuerung, die innerhalb eines und desselben Individuums stattfinden (Einheit der Prozeßträgerschaft: der Lernende verändert auch sein Verhalten entsprechend dem neuen Wissen), an verschiedenen Stellen innerhalb des Gehirns und des Nervensystems ablaufen. Auch hier sind Verbindungen — also Beziehungen — zwischen kognitiven und verhaltenssteuernden Bereichen notwendig. Allerdings berührt dies nicht den Untersuchungsgegenstand der Arbeit. Aus diesem Grunde wollen wir uns hier ausschließlich mit jenen interpersonalen Beziehungen beschäftigen, wie sie in Organisationen vorzufinden sind.
Neben Einflußbeziehungen gibt es noch eine ganz Reihe weiterer Beziehungsarten, die jedoch nur in anderen Systemen Bedeutung haben können. Als Beispiel sei etwa die Beziehung “Verhältnis” genannt, die in Zahlensystemen von Bedeutung ist. Auch diese Beziehung stellt eine Verbindung unter den entsprechenden Systemelementen her und grenzt diese gegen dis Elemente der Umwelt ab. Jedoch wird man hier nicht von einem Einfluß sprechen können, denn Zahlen sind Symbole, die stellvertretend für einen bestimmten Sinn sind; sie können nicht einem Einfluß im hier verwendeten Sinne unterliegen.
In der Literatur wird ein solcher Einfluß vielfach auch als interpersonaler (Staehle 1991, S. 13) oder als sozialer Einfluß (King 1975, S. 4f. ) bezeichnet. Die Verbindung zwischen interpersonalen und sozialen Einflüssen kommt besonders deutlich zum Ausdruck bei Marsden/Friedkin (1994, S. 9), die sozialen Einfluß als “effect of one actor on another for all pairs in a set of actors” verstehen, mithin den “sozialen” Einfluß durchaus als Einflüsse zwischen jeweils zwei Akteuren sehen. Deswegen betrachten wir diese Literatur durchaus auch als relevant für uns. Allerdings ist der soziale Einfluß, für den wir uns in dieser Arbeit interessieren, nur eine “Teilmenge” aller sozialen Einflüsse. In der Literatur werden z.B. auch Einflüsse zwischen zwei beliebigen Individuen untersucht (die sich eventuell sogar bis zu dem betrachteten Einflußgeschehen überhaupt nie begegnet sind und sich hinterher eventuell nie wieder begegnen werden. (siehe das “bicycle-rider”-Beispiel bei King 19775, S. 5)). Uns interessieren hingegen ausschließlich jene (sozialen) Beziehungen, die in einer Organisation zwischen dem Träger einer neuen Wissensbasis und einem Verhaltensträger bestehen (können) , der sein Verhalten (entsprechend des neuen Wissens) verändern soll.
Häusele 1989. S. 5.
Zum Weisungsrecht des Arbeitgebers vgl. z.B. Schmid/Trenk-Hinterberger 1994, S. 52ff.
Zum Zeitpunkt der Verhandlungen über den Arbeitsvertrag könnte sich der — potentielle — Arbeitnehmer ja immerhin noch überlegen, ob er die dort festzuschreibenden Anforderungen seines — potentiellen — Arbeitgebers zu erfüllen bereit ist.
Schmid/Trenk-Hinterberger 1994, S. 52.
Zu den Möglichkeiten und Grenzen des Weisungsrechts vgl. z.B. Schmid/Trenk-Hinterberger 1994, S. 53f., Konzen/Rupp 1990, S. 116–122, Gaul/Gaul 1996, S. 120–125. Eine zentrale Rolle spielen insbes. § 315 BGB (Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen) sowie § 315 in Verbindung mit § 242 BGB (Treu und Glauben). Danach muß der Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers bzw. Vorgesetzten folge leisten, solange dieser die Weisung entsprechend des Arbeitsvertrages oder, wenn dort keine entsprechenden Regelungen vereinbart wurden, “nach billigem Ermessen” (§ 315 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BGB) getroffen hat.
Vgl. Kieser/Kubiceck 1983, S. 23ff.
Andererseits muß der Arbeitgeber mit rechtlichen Schwierigkeiten rechnen, wenn sich Stellenbeschreibung und Arbeitsvertrag nicht (mehr) decken, so wie dies nicht selten z.B. nach Umstrukturierungen der Fall ist. Zum Verhältnis zwischen Organisationsplan und Arbeitsvertrag vgl. Gaul/Gaul 1996, S. 125–130., insbes. 127.
Dieses “Aussprechen” kann außer in der mündlichen auch in schriftlicher oder einer anderen geeigneten Form erfolgen.
Zur Stellenbeschreibung vgl. Kieser/Kubicek 1983, S. 165ff.
Eine Übersicht über das Spektrum möglicher Einflußbeziehungen findet sich bei Mintzberg 1989, insbes. S. 101 ff.
Vgl. zur Bedingung der Kaufentscheidungsrelevanz der Verhaltensänderung Abschnitt 6.2.2.
Dies dürfte spätestens dann einleuchten, wenn man sich vor Augen führt, daß auch jede unbewußte Beeinflussung zwischen zwei Individuen als Einflußbeziehung gesehen werden kann.
Nach Cohen/Bradford ist die (wichtigste) Grundlage einer jeden Beeinflussungsbeziehung der gegenseitige Austausch (im Sinne eines “Tauschhandels”)(vgl. Cohen/Bradford 1990, S. 26ff; vgl. auch Cialdini 1988, S. 21 ff.). Dieser findet wiederum nur dort statt, wo für beide Seiten ein Vorteil möglich ist: “Trades would not take place unless it were advantageous to the parties concerned” (Benjamin Franklin, zit. bei Cohen/Bradford 1990, S. 45). Cohen/Bradford stellen zwar das hier zitierte Werk unter den Titeil “Influence without Authority” (Cohen/Bradford 1990; Hervorhebungen durch den Verfasser). Wir sind jedoch der Ansicht, daß auch jede Art von Autorität auf Austauschbeziehungen basiert — zumindest jene Arten von Autorität, die im Rahmen von Organisationen relevant sind. Eine Austauschbeziehung kann ja auch zum Inhalt haben, die Vermeidung negativer Sanktionen realisieren zu können.
Wir gehen davon aus, daß einem Einfluß, dem freiwillig folgegeleistet wird, höhere Wirksamkeit innewohnt als einem Einfluß, bei dem dies nicht der Fall ist. Dafür spricht, daß ein Individuum, das freiwillig zu einem bestimmten Verhalten bereit ist, selbständig auf die Wirksamkeit des von ihm gezeigten Verhaltens achten wird. Zumindest unter der Voraussetzung, daß es zu dieser Selbständigkeit in der Lage ist, wird diesem Fall also die weitaus größte Wirksamkeit beigemessen werden können.
In dem Fall, in dem der Einflußempfänger den Einfluß freiwillig anerkennt, braucht nicht nach Freiheitsgraden unterschieden zu werden.
Knoke 1994 S. 275.
Vgl. etwa Neuberger/Conradi/Maier 1985, S. 185; ähnlich Kießler/Scholl 1976, S. 210ff.
Zur Macht und den Grundlagen bzw. den Quellen der Macht vgl. Mintzberg 1983, 1991, insbes. S. 372–374.
Ein Beispiel für ein Medium, dessen Nutzung für die Mitarbeiter in aller Regel verpflichtend ist, ist das Berichtswesen.
Das Medium “Betriebszeitschrift” mag dem Leser zunächst vielleicht als ungewöhnliches Beispiel erscheinen, eben weil kein Mitarbeiter verpflichtet ist, sie zu lesen. Jedoch darf u.E. nicht unterschätzt werden, daß die Meinung von Opinion-Leaders, die über solcherlei Medien verbreitet wird, oftmals einen großen Einfluß auf das betriebliche Geschehen haben kann.
Vgl. King 1975, S. 7 und die dort angegebene Literatur.
Zu der folgenden Aufzählung (und zur sozialen Beziehung als Austauschbeziehung) vgl. Roloff 1995, S. 117ff.
Rotoff 1995, S. 117.
Roloff 1995, S. 118.
Roloff 1995, S. 119.
Vgl. Roloff 1995, S. 123.
Vgl. Neuberger/Conradi/Maier 1985.
Diese Nennungen und die folgenden Zitate entstammen Quick 1988, S. 43f.
Zu weiteren Grundlagen der Macht, aus denen weitere Bestimmungsgrößen des Einflusses abgeleitet werden können, vgl. z.B. Pfeffer 1981, S. 97ff.
Vgl. Krackhardt/Brass 1994, S. 210: “actors in central network positions have greater access to, and potential control over, relevant resources”. Diese Machtdeterminante hat besondere Bedeutung, da sie Auswirkungen auf einen großen Teil der zuvor genannten ausübt. Derjenige Akteur, der eine zentrale Position innehat, beherrscht nicht nur viele Ressourcen, sondern er weiß z.B. auch eher als andere, wann er sinnvollerweise an welchem Ort anwesen sein sollte.
Vgl. Krackhardt/Brass 1994, S. 214.
Zum Begriff des kaufentscheidungsrelevanten Verhaltens siehe Abschnitt 6.2.2.
Trotzdem darf allerdings nicht übersehen werden, daß auch Macht einer gewissen Reziprozität unterliegt, daß also Macht nur dort möglich ist, wo sie von den Machtunterworfenen gewünscht oder zumindest geduldet wird. (Vgl. Luhmann 1964, S. 129)
Viele Arbeitnehmer werden z.B. gerne auf Gewerkschaftszeitungen zugreifen, weil sie erwarten, daß dort Personen veröffentlichen, die die Interessen der Arbeitnehmer vertreten.
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Stotz, M. (1999). Die Beziehungen (zwischen den einzelnen Elementen des Systems “OL-Prozeß”). In: Organisationale Lernprozesse. Entscheidungs- und Organisationstheorie. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99356-4_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99356-4_7
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