Phonetik

Zusammenfassung

Der gegenwärtige Sinn des Begriffs Phonetik ist eng mit dem Auftreten der Phonologie verknüpft. Vor diesem Ereignis wurde »Phonetik« im allgemeinen zur Bezeichnung der Wissenschaft von den Lauten der Sprache [langage] (Phonetik ₁ ) benutzt; gewisse Autoren gebrauchen ihn noch heute in dieser Fassung. Im Laufe der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Dezennien des 20. Jahrhunderts führte der Fortschritt der Beobachtungstechnikern zu Untersuchungen, in denen das Interesse für das physische Detail ein wenig die linguistische Natur der untersuchten Fakten vergessen ließ. Das Bedürfnis der Linguisten, genauer, der des Cercle Linguistique de Prague eine andere Methode für die Analyse der Laute einer Sprache auszuarbeiten, ist zum großen Teil als Reaktion auf diese Tendenz zu verstehen. So wurde eine neue Disziplin, die Phonologie [1], geboren, die die Sprachlaute mit linguistischen Methoden zu untersuchen hatte, während der Begriff Phonetik der Untersuchung der Laute des gesprochenen Wortes [parole] nach naturwissenschaftlichen Methoden überlassen bleibt (Phonetik _2a ). Diese auf der Grundlage der Saussureschen Gegenüberstellundg von langue — parole herausgearbeitete Unterscheidung zwischen Phonetik und Phonologie wurde von Trubetzkoy vertreten, aber von Martinet verworfen: scheint es auch gewiß, daß alles, was funktional ist, zur Sprache [langue] gehört, so sind doch die als nicht-relevant betrachteten Eigenschaften nicht notwendig nur auf dem Gebiet der gesprochenen Sprache [parole] zu finden. Andererseits beruht die Unterscheidung zwischen Phonetik und Phonologie auch für Trubetzkoy auf der Tatsache, daß die Phonetik dazu berufen ist, die materielle Seite der Laute einer Sprache [langage] zu untersuchen, während die Phonologie die phonischen Tatsachen bezüglich ihrer linguistischen Bedeutung analysieren wird.