Zusammenfassung
In einfachen kurzen Texten kann sich die Bildfeldanalyse meistens einer zentralen Metapher zuwenden.1 Bei längeren und komplexeren Texten hingegen interagieren die verschiedenen Metaphern, verstärken oder unterlaufen sich gegenseitig und sind im Textsystem damit aufeinander bezogen. Gleichzeitig treten sie in Dialog mit anderen Textverfahren wie dem Gattungsvorbild, der Erzählperspektive, dem Modus der Satire oder der Parodie. Das komplexe Zusammenwirken der verschiedenen Erzählstrategien wird im folgenden exemplarisch und ausführlich an zwei frühen Texten aufgezeigt: der Kurzgeschichte „Phyllis and Rosamond“ und dem Roman The Voyage Out. Zu Analysezwecken muß das Ensemble der Textstrategien in seine einzelnen Wirkungselemente aufgespalten werden, ein Problem, das McCluskeys phonematische Untersuchung Woolfscher Texte thematisiert:
The virtue of slicing the text consistently from one angle is that valid comparison is made possible. The weakness lies in the fact that the object of study is never seen in all its dimensions, and that the analysis can reveal only selected aspects of a multifaceted whole. This is, however, a limitation shared by every critical act.2
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Notizen
Dieser Konflikt durchzieht noch den Entstehungsprozeß von The Years, dessen frühe Fassung den fiktionalen Teil durch explizit historische Essays ergänzen. Siehe dazu Virginia Woolf, The Pargiters: The Novel-Essay of „The Years“, Mitchell Leaska [ed.], New York, 1977.
Die Schreibweise vieler früher Texte Woolfs zeugt von ihrem ursprünglichen Selbstverständnis als Historikerin. Siehe dazu: Susan Dick, „What fools we were!‘: Virginia Woolf’s ,A Society‘“, Twentieth Century Literature, 33/1 (1987), S. 51–66 und die ausführliche Darstellung der Auseinandersetzung Woolfs mit den vorherrschenden Schulen der Geschichtsschreibung bei Sabine Hotho-Jackson, Zwischen Tradition und Moderne: Geschichte bei Virginia Woolf, Heidelberg, 1990.
Der Roman wurde 1941 posthum veröffentlicht. Im folgenden zitiert nach: Virginia Woolf, Between the Acts (1941), London, 1978.
Die Arbeit verwendet die von F. K. Stanzel geprägten Begriffe. Siehe z. B. „Die Erzählsituationen in Virginia Woolfs Jacob’s Room‘, Mrs. Dalloway‘ und ,To the Lighthouse‘“, GRM, 4 (1954), S. 196–213.
Es gibt hier Verbindungen zwischen Rachel und den Meerjungfrauen: über ihr Klavierspiel mit den Sirenen. Deren bedrohliche männermordende Sexualität ist in ihrem Fall jedoch auf eine sie selbst bedrohende Sexualität umgemünzt, wodurch sie Andersens armer kleiner Meerjungfrau gleicht. Über Miltons „Comus“ kommen auch die weiblichen Wasserleichen der Literatur ins Spiel. Zum Melusinenmotiv siehe Anna Maria Stuby, „Von milden Meerjungfrauen und wilden Wasserweibern. Zur Imagination des Weiblichen als angel und monster“, Englisch Amerikanische Studien, 9/1 (1987), S. 37–54.
John Donne, The Complete English Poems, A. J. Smith (ed.), Harmondsworth, 1983, S. 125. Manfred Pfister stellt für diese Zeit eine Verschiebung der Bildfelder fest: „The old metaphorical vehicles for the erotic—love as warfare, as a hunt, as religious worship, disease etc. — had become somewhat threadbare and many poets felt the need for more tangibly vivid and fresher images of love.“ M. Pfister, „News from New Worlds: Elizabethan Poetry and the Voyagers“, The Blue Guitar, 7/8 (1984–87), S. 114.
Patricia Beer, Reader, I Married Him. A Study of the Women Characters of Jane Austen, Charlotte Bronte, Elizabeth Gaskell and George Eliot, London, 1974. Beers Titel stammt aus dem Schlußkapitel von Charlotte Brontes Jane Eyre. Durch die Bekanntheit des Ausspruchs erhält der Titel Reader, I Murdered Him. Original Crime Stories, Jean Green (ed.), Alison Hennegan (intr.), London, 1989, ein deutliches Ironiesignal.
Die Faszination von Weiblichkeit und Wassertod belegen vor allem die Bilder der Präraphaeliten. Siehe dazu Anna Maria Stuby, Liebe, Tod und Wasserfrau. Mythen des Weiblichen in der Literatur, Wiesbaden, 1992.
Virginia Woolf, Night and Day (1919), London, 1978.
Margaret Comstock, „,The Current Answers Don’t Do‘: The Comic Form of Night and Day“, Women Studies, 4/5 (1977/78), S. 153–162, vergleicht Mary Datchet mit Jaques aus Shakespeares As You Like It, ein Vergleich, der zwar aus Gründen der Spiegelung beider Werke reizvoll wäre, den Willi Erzgräber aber zurecht zurückweist: „Während Jaques sich am Ende der Komödie von der Gesellschaft in melancholischem Skeptizismus zurückzieht, bleibt Mary bei ihrer politischen Arbeit, und ihre Ideen wirken in den Personen, denen sie begegnet, weiter.“ (S. 34).
Susan J. Leonardi, „Bare Places and Ancient Blemishes: Virginia Woolf’s Search for a New Language in Night and Day“, Novel, 19 (1986), S. 150–163.
Ein potentiell gattungssprengendes Element könnte in der Funktion der Stadt in Night and Day liegen. Die kulturell etablierte Opposition von Stadt und Land wird zumindest für die junge Generation außer Kraft gesetzt. (Mrs Hilbery kommt noch weise aus Stratford zurück.) Die mit der Opposition von country und city verbundenen binären Strukturen, wie korrupt und unschuldig, Zukunft und Vergangenheit etc., die in der Pastorale eine lange Tradition haben, werden zumindest nicht übernommen. Zur Tradition siehe Raymond Williams, The Country and the City, London, 1973.
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Bettinger, E. (1993). Die Bildfelder der Realistischen Texte. In: Das Umkämpfte Bild. Ergebnisse der Frauenforschung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03501-1_3
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