Mittelalterliche Realität in deutscher höfischer Lyrik und Epik um 1200

Zusammenfassung

Das Verhältnis von Dichtung und Realität gehört seit jeher zu den Grundfragen des Verständnisses von Dichtung — angesprochen schon im aristotelischen Mimesisbegriff, in neuzeitlichen Dichtungstheorien in Begriffspaaren wie ‘Dichtung und Wahrheit’ (wobei Wahrheit zum Teil wertend akzentuiert ist) oder ‘Fiktion- auch Fiktionalität — und Realität’. Die Zweigliedrigkeit könnte eine Opposition suggerieren. Ihre Korrelation ist jedoch komplexer. Dichtung ist immer auch Teil der Realität, der sie gegenübergestellt wird. Allerdings ein besonderer Teil — bei mittelalterlicher Dichtung insofern ein besonderer, als sie zu den wenigen noch faßbaren Zeugen jener Zeit zählt.

Der Text basiert auf z.T. recht unterschiedlichen Fassungen von Vorträgen, die ich unter diesem Thema im Rahmen des 150-jährigen Jubiläums der Universität Stuttgart (1979), bei der Gründungsversammlung der Oswald-von-Wolkenstein-Gesellschaft in Marbach (1980), an den Universitäten Wien (1980) und Mannheim (1981) gehalten habe. Die letzte Vortragsfassung ist nur durch einige Anmerkungen erweitert. Für die anregenden Diskussionsbeiträge (auch im Historischen Kolloquium des hiesigen Mittelalter-Historikers, A. Nitschke) sage ich an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank.