Zusammenfassung
Berichte über Zugfahrten in der Nachkriegszeit sind Legion. Am Schienenstrang pulsierte das alltägliche Leben in allen seinen Haupt- und Nebensächlichkeiten. Wenn der „,Kartoffelexpress‘. wie die Leute den großen Hamsterzug“1 nannten, unterwegs war, oder Güterwagen mit Kohlen durch das Land rollten, dann schlug im Takt ihrer Räder das Herz einer ganzen, ums Überleben kämpfenden Nation. Unterwegs waren die Menschen auf ihren eisernen Wegen, um Verwandte und Freunde zu suchen, um Schwarzmarktware umzusetzen, oder einfach um bei weniger gebeutelten Bekannten eine Unterkunft zu finden. Zerschossene Waggons warfen Heimkehrer und Flüchtlinge ins deutsche Chaos und auf kalte Bahnsteige, der Bahnhof wurde zum Ort der verpaßten Anschlüsse und „zum Knotenpunkt des Elends“.2 Jede „Fahrt dauerte lange. Auf jeder Station blieb der Zug stehen und wartete. Niemand wußte, worauf er wartete. […] Autos gab es noch nicht. Die alten Vehikel, die man hin und wieder sah, stammten noch aus der Vorkriegszeit: zweitaktige DKWs zumeist.“3
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Notizen
Elisabeth Langgässer: Untergetaucht. In: E.L.: Erzählungen. Hbg., 1964. S. 336.
J.A. Elten: Zwischen Bahnhof und Messe. Hannover. In: Der Ruf. Nr. 22 (15.11.1947). Zitiert nach: In Deutschland unterwegs. A.a.O. S. 86.
Hans Werner Richter: Bruchstücke der Erinnerung. In: Literaturmagazin 7. Nachkriegsliteratur. Hg.v. N. Born u. J. Manthey. Reinbek, 1977.
Eberhard Jäckel: Geschichtliche Grundlagen der BRD. In: Theodor Eschenburg: Jahre der Besatzung 1945–1949. (Geschichte der BRD, Bd. I). Stgt., Wiesbaden, 1983. S. 64.
Kurt J. Fischer: US-Zone 1947. In: Die Stunde Eins. Erzählungen, Reportagen, Essays aus der Nachkriegszeit. Hg.v. B. Schmidt u. H. Schwenger. Mchn., 1982. S. 84
zur Situation des Eisenbahnwesens in Deutschland in der „Stunde Null“ vgl. auch: Deutschland 1945. Alltag zwischen Krieg und Frieden in Berichten, Dokumenten und Bildern. Hg.v. K.-J. Ruhl. Darmstadt, 1984. S. 199f.
Vgl. Wolfgang Schivelbusch: Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Mchn., Wien, 1977. S. 35ff.
Hans Werner Richter: „Wo sollen wir landen, wo treiben wir hin … “ Skizzen von einer Reise in die östliche Zone. In: Der Ruf. Nr. 1/2 (15.8./1.9.1946). Zitiert nach: In Deutschland unterwegs. A.a.O. S. 192.
Bernhard Waidenfels: Gänge durch die Landschaft. In: Landschaft. Hg.v. M. Smuda. Ffm., 1986. S. 39. — Vgl. dort auch die Ausführungen zu den folgenden Punkten.
Vgl. Gustave Flaubert: Correspondance. Paris, 1929. Bd. V. S. 153f: „Ich langweile mich derart in der Eisenbahn, daß ich nach fünf Minuten vor Stumpfsinn zu heulen beginne. “ Zitiert nach: Wolfgang Schivelbusch: Geschichte der Eisenbahnreise. A.a.O. S. 56.
Vgl. Jost Hermand: Kultur im Wiederaufbau. Die Bundesrepublik Deutschland 1945–1965. Mchn., 1986. S. 24–29.
Max Frisch: Tagebuch 1946–1949. In: M.F.: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge. Hg.v. H. Mayer Bd. II: 1944–1949. Ffm., 1976. S. 480f.
Max Frisch: Tagebuch 1946–1949. In: M.F.: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge. Hg.v. H. Mayer Bd. II: 1944–1949. Ffm., 1976. S. 480f.
Max Frisch: Tagebuch 1946–1949. A.a.O. S. 383.
Gert Mattenklott: Die Wandlung des Reisenden. In: G.M.: Der übersinnliche Leib. Beiträge zur Metaphysik des Körpers. Reinbek, 1982. S. 170.
Max Frisch: Stiller. Roman. In: M.F.: Gesammelte Werke. Bd. III: 1949–1956. A.a.O. S. 364.
Max Frisch: Tagebuch 1946–1949. A.a.O. S. 518.
Max Frisch: Tagebuch 1946–1949. A.a.O. S. 490.
Heinrich Böll: Frankfurter Vorlesungen. In: H.B.: Werke. Essayistische Schriften und Reden II: 1964–1972. Hg.v. B. Balzer. Köln, (o.J). S. 72.
Günter Kunert: Fahren und Erfahren. In: G.K.: Im toten Winkel. Ein Hausbuch. Mchn., Wien, 1992. S. 106. (Vgl. zum Autor das Kapitel IV.1 dieser Arbeit; zum Motiv des Kaleidoskops auch das Kapitel Fensterbilder).
Heinrich Böll: Wo warst du, Adam? In: H.B.: Werke. Romane und Erzählungen I: 1947–1951. Hg.v. B. Balzer. Köln, (o.J.). S. 308ff.
Thomas Mann: Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Le-verkühn erzählt von einem Freunde. (Gesammelte Werke in dreizehn Bänden, Bd. VI). Ffm., 1960. S. 676.
G. (Verfasserkürzel): Im Westen viel Neues. Interview mit dem Mann auf der Straße. In: Sie. Bln., 29.9. und 6.10.1946. Zitiert nach: In Deutschland unterwegs. A.a.O. S. 127.
Maximilian Scheer: An Rhein und Ruhr. In: Ost und West 2 (1948) H.2. Zitiert nach: In Deutschland unterwegs. A.a.O. S. 202.
Erich Kästner: … und dann fuhr ich nach Dresden. In: Die Neue Zeitung. Mchn., 30.9.1946. Zitiert nach: In Deutschland unterwegs. A.a.O. S. 253.
Hermann Glaser: So viel Anfang war nie. In: So viel Anfang war nie. Deutsche Städte 1945–1949. Hg.v. H.G. u.a. Bln., 1989. S. 10.
Gustav R. Hocke: Deutsche Kalligraphie oder Glanz und Elend der modernen Literatur. In: Der Ruf. Nr. 7 (15.11.1946), S. 9. Zitiert nach: Der Ruf. Unabhängige Blätter für die junge Generation. Eine Auswahl. Hg.v. H.A. Neunzig. Mchn., 1976. S. 172.
Joseph von Eichendorff: Erlebtes. In: J.v.E.: Werke. Bd. II. Mchn., 1970. S. 895.
Dolf Sternberger: Panorama oder Ansichten vom 19. Jahrhundert. Hbg. 31955. S. 57; vgl. insgesamt S. 50ff.
Zu den Begriffen „Fläche“ und „Tiefe“ bei der Darstellung von Raumeindrücken vgl. Heinrich Wölfflin: Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Das Problem der Stilentwicklung in der neueren Kunst. Basel, Stgt, 171984. S. 93–126.
Dolf Sternberger: Gefühl der Fremde. Ffm., 1958. S. 7 (Vorwort). — Das Buch enthält einen gegenüber der Veröffentlichung in der Wandlung etwas veränderten Text. Im folgenden wird nach dem von Scherpe wiedergegebenen Text der Zeitschrift zitiert.
Dolf Sternberger: Reise in Deutschland — Sommer 1945. In: Die Wandlung 1 (1945/46). Zitiert nach: In Deutschland unterwegs. A.a.O. S. 164.
Erich Fried: Befreiung von der Flucht. Gedichte und Gegengedichte. Erweiterte Neuauflage. Düsseldorf, 1983. S. 96.
Vgl. z.B. Eberhard Hempel: Ruinenschönheit. In: Zeitschrift für Kunst. Jg. 2 (1948). S. 76ff.
Stig Dagerman: Deutschland, Herbst 1946. A.a.O. S. 199.
Franz Kafka: Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande und andere Prosa aus dem Nachlaß. (Gesammelte Werke. Hg.v. M. Brod). Ffm., 1989. S. 54.
Dolf Sternberger: Reise in Deutschland — Sommer 1945. A.a.O. S. 163.
Oskar Bie: Fahrrad-Ästhetik. In: Der Kunstwart. Rundschau über Dichtung, Theater, Musik und bildende Künste 10. 1897. Zitiert nach: Theorie des literarischen Jugendstils. Hg.v. i. Stgt., 1984. S. 68.
Oskar Bie: Fahrrad-Ästhetik. In: Der Kunstwart. Rundschau über Dichtung, Theater, Musik und bildende Künste 10. 1897. Zitiert nach: Theorie des literarischen Jugendstils. Hg.v. i. Stgt., 1984. S. 68.
Marie Luise Kaschnitz: Tagebuch 1945. In: M.L.K.: Gesammelte Werke. Hg.v. Chr. Büttrich u. N. Miller. Bd. VII: Die essayistische Prosa. Ffm., 1989. S. 421.
Gaston Bachelard: Poetik des Raumes. Aus dem Französichen übertr. v. K. Leon-hard. Mchn., 1960. (Literatur als Kunst). S. 242.
Wolfgang Borchert: Draußen vor der Tür. Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will. In: W.B.: Das Gesamtwerk. Mit einem biographischen Nachwort v. B. Meyer-Marwitz. Hbg., 1949. S. 102.
Gotthardt Frühsorge: Fenster: Augenblicke der Aufklärung über Leben und Arbeit. Zur Funktionsgeschichte eines literarischen Motivs. In: Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte. Bd. 77. 1983. S. 348.
Richard Alewyn: Eichendorffs Symbolismus. In: R.A.: Probleme und Gestalten. Essays. Ffim., 1974. S. 243.
Günter Eich: Rede zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises 1959. In: G.E.: Gesammelte Werke. Bd. IV. A.a.O. S. 620.
Vgl. die Erwähnung dieser Kriterien als zentrale Wahrnehmungsvorraussetzungen auf Reisen bei Peter J. Brenner: Die Erfahrung der Fremde. Zur Entwicklung einer Wahrnehmungsform in der Geschichte des Reiseberichts. In: P.J.B. (Hrsg.): Der Reisebericht. Die Entwicklung einer Gattung in der deutschen Literatur. Ffm., 1989. S. 27.
Alfred Andersch: Der richtige Nährboden für die Demokratie. Bericht von einer Reise in den deutschen Westen. In: Der Ruf. H. 11 (15.1.47). Zitiert nach: Der Ruf. Eine deutsche Nachkriegszeitschrift. Hg.v. H. Schwab-Felisch. Mchn., 1962. S. 274.
Günter Eich: Ungültige Landkarte. In: G.E.: Gesammelte Werke in vier Bänden. Bd. I. A.a.O. S. 133. — Das Gedicht trägt in der Niederschrift Eichs aus dem Jahr 1962 den Titel Landkarte 1948. Eine ältere Fassung ist mit Topographie überschrieben und beginnt wohl nicht zufällig mit den Versen: „Das Muster / aus Feldwegen und Eisenbahn, / (und Eisenbahndamm) / Schonung(en) und (Weizensteppe)“; vgl. ebenda, S. 484.
Die Rede vom nicht mehr vertrauten Gelände durchzieht Bölls Frankfurter Vorlesungen. Sie variierend spricht er auch vom „vergifteten“ und „verminten Gelände“ (vgl. Heinrich Böll: Frankfurter Vorlesungen. A.a.O. S. 66 u. Heinrich Böll: Das Gelände ist noch lange nicht entmint. In: H.B.: Vermintes Gelände. Essayistische Schriften 1977–1981. Köln, 1982. S. 69–83).
Böll selbst hebt den Ruf, das Goldene Tor und das Karussell aus den zahlreichen Zeitschriften der Nachkriegszeit hervor (vgl. Heinrich Böll: Eine deutsche Erinnerung. In: H.B.: Werke. Interviews I. A.a.O. S. 597). Im Karussell wurde 1947 auch die im folgenden behandelte Erzählung Die Botschaft erstmals veröffentlicht.
Thomas Mann: Die Lager. In: Th.M.: Gesammelte Werke in dreizehn Bänden. Bd. XII: Reden und Aufsätze 4. Ffm., 1960. S. 951.
Alfred Andersch: Das Unbehagen in der Politik In: Frankfurter Hefte 2. 1947. S. 916.
Ernst Brücher: „Wenn sie etwas sagten, sprachen sie von der Arbeit“. Ein Reisebericht aus der Ostzone. In: Der Ruf 1 (1946/47). Nr. 13. Zitiert nach: In Deutschland unterwegs. A.a.O. S. 182.
Vgl. Hans Egon Holthusen: Der unbehauste Mensch. Themen und Probleme der modernen Literatur. Mchn., 1951.
Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. In: Th.F.: Sämtliche Werke. Romane, Erzählungen, Gedichte. Bd. IV. Hg.v. W. Keitl. Darmstadt, 1963. S. 479.
Vgl. Adalbert Wichert: Alfred Döblins historisches Denken. Zur Poetik des modernen Geschichtsromans. Stgt., 1978. (Germanistische Abhandlungen, 48). S. 23–25.
Alfred Döblin: November 1918. Eine deutsche Revolution. Erzählwerk in drei Teilen. Bd. 11,1: Verratenes Volk. (Ausgewählte Werke in Einzelbänden). Olten u. Freiburg, 1991. S. 103.
Hans Mayer: Die umerzogene Literatur. Deutsche Schriftsteller und Bücher 1945–1967. Bln., 1988. S. 69.
Anke Bennholdt-Thomsen: Die Bedeutung des Ortes für das literarische Geschichtsbewußtsein. In: Geschichte als Literatur. Formen und Grenzen der Repräsentation von Vergangenheit. Hg.v. H. Eggert, U. Profitlich, K.R. Scherpe. Stgt., 1990. S. 128.
Johann Schuh: Die Schwalben überm Bett. In: Tausend Gramm. Ein deutsches Bekenntnis in dreißig Geschichten aus dem Jahr 1949. Hg.v. W. Weyrauch. Überarb. u. erw. Neuaufl. Reinbek, 1989. S. 67–69.
Rolf Hochhuth: Der Stellvertreter. Schauspiel. Mit einem Vorwort von Erwin Piscator. Ffm., 1963. S. 182. — Zu Günter Eichs Hörspiel Träume, das bereits 1953 erschien und eine Szene enthält, die an die KZ-Transporte erinnert, vgl. das Schlußkapitel IV. 1. Die Eisenbahn.
Vgl. Martin Walser: Unser Auschwitz. In: M.W.: Heimatkunde. Aufsätze und Reden. Ffm., 1968. S. 7–23; vom selben Autor auch: Auschwitz und kein Ende. In: M.W.: Über Deutschland reden. Ffm., 1989. S. 24–31.
Vgl. Peter Weiss: Die Ermittlung. Oratorium in elf Gesängen. Ffm., 1965; und ders: Meine Ortschaft. In: P.W.: Rapporte. Ffm., 1968. S. 113–124.
Vgl. Anna Seghers: Das siebte Kreuz. Roman. Bln., 1946.
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Salzmann, B. (1994). Anhaltspunkte. In: Eiserne Wege. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04214-9_2
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