Zusammenfassung
Ärzteverbände gehören zu den erfolgreichsten Interessenverbänden der Bundesrepublik Deutschland. Spätestens seit der erfolgreichen Beteiligung führender Vertreter der Ärzteverbände an der Blockade der von Arbeitsminister Theodor Blank in den 1960er Jahren geplanten Gesundheitsreformen (vgl. Naschold 1967; Safran 1967: 99-125) gilt die „Lobby in Weiß“ (Rauskolb 1976) als unüberwindbarer faktischer Vetospieler in der deutschen Gesundheitspolitik (vgl. Wiesenthal 1981: 28-39; Rosewitz/Webber 1990; Immergut 1992). Politikwissenschaftliche Studien haben diesen besonderen Erfolg deutscher Ärzteverbände zunächst unter einflusstheoretischer Perspektive auf besondere Machtressourcen und Organisationsstrukturen zurückgeführt (vgl. Stobrawa 1979). Spätere Arbeiten haben das Phänomen aus steuerungstheoretischen Perspektiven analysiert (vgl. etwa Veith 1988; Wanek 1994; Gerlinger 2002). Andere Studien – vor allem aus den 1980er Jahren – behandelten die besondere Rolle und die Entwicklungen, die Ärzteverbände im spezifischen Mesokorporatismus des deutschen Gesundheitswesens spielten. Hier wurden zunächst die Werkzeuge der theoretischen Ansätze des klassischen Tauschkorporatismus genutzt (vgl. Lehmbruch 1988). Anfang der 1990er Jahre traten korporatismustheoretische gegenüber netzwerkanalytischen Perspektiven zunächst in den Hintergrund (vgl. etwa Döhler 1990). Unter Nutzung eines veränderten Korporatismusverständnisses erlebt die korporatismustheoretische Sicht allerdings in den letzten Jahren zumindest begrifflich eine Renaissance (Jochem/Siegel 2003).
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Bandelow, N.C. (2007). Ärzteverbände. Niedergang eines Erfolgsmodells?. In: von Winter, T., Willems, U. (eds) Interessenverbände in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90602-7_10
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