Auszug
Aufgrund der Zunahme kriegerischer Gewalt nach dem Ende des Kalten Krieges und des andauernden global war on terror hat das Interesse an den Ursachen und Funktionsbedingungen kriegerischer Gewalt deutlich zugenommen. Hierbei konzentrierte sich die Diskussion innerhalb der deutschen Politikwissenschaft in den vergangenen Jahren vor allem auf die unter dem Begriff der „neuen Kriege“ subsumierten Formen gewaltsamer Konflikte.1 Die von Lothar Brock konstatierten parallelen Prozesse einer Entstaatlichung des Kriegsgeschehens einerseits und seiner weiterhin fortbestehenden Verstaatlichung2 andererseits wurden bisher nicht durch entsprechend differenziert angelegte Forschungsarbeiten reflektiert. Die in erster Linie staatszentrierten Theorien internationaler Beziehungen sind vor dem Hintergrund zweier aktueller Entwicklungen verstärkt in die Kritik geraten3: Einerseits wird verschiedentlich argumentiert, der Staat habe als Monopolist des Krieges faktisch abgedankt, weil er als Akteur der Kriegführung zunehmend durch nichtstaatliche Konfliktparteien ersetzt werde.4 Andererseits wird der Bedeutungsgewinn transnationaler Muster der Konfliktbearbeitung als Beleg für diese These angeführt.5 Die auch empirisch nachgewiesene Zunahme innerstaatlicher Kriege seit 19456 — sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Zahl zwischenstaatlicher Kriege — legt einen Fehlschluss nahe, dem es vorzubeugen gilt: So ist trotz einer seither konstant niedrigen Anzahl zwischenstaatlicher Kriege das zwangsläufige Verschwinden dieses Kriegstypus in der nahen Zukunft keineswegs ausgemacht. Die Einschätzungen seiner zukünftigen Entwicklung reichen von weiter fortschreitendem Bedeutungsverlust7 über die Unwahrscheinlichkeit von major wars,8 also solchen zwischenstaatlichen Kriegen, die in ihrem Charakter den nahezu total geführten Weltkriegen ähnlich sind, bis hin zu der Möglichkeit neuerlicher klassischer zwischenstaatlicher Kriege, wenn die globale Hegemonialstellung der USA durch geeignete Herausforderer wie die Volksrepublik China in Frage gestellt wird.9
Vgl. Kaldor 1999, Münkler 2002a, Meyers 2004, Matthies 2004 sowie die kritische Diskussionszusammenfassung bei Chojnacki 2005.
Vgl. Brock 2002: 192.
Vgl. Dunn/Mauer 2006: 189.
Vgl. Münkler 2006: 11.
Vgl. Zangl/Zürn 2003.
Vgl. Pfetsch 2002.
Vgl. Meyers 2004.
Vgl. Mandelbaum 1998.
Vgl. Gray 2005: 22.
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