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Gründe der veränderten Einstellung zu unseren wissenschaftlich-technischen Lebensvoraussetzungen VI: Die ökologische Krise

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Der Lebenssinn der Industriegesellschaft

Part of the book series: Edition Alcatel-SEL-Stiftung ((SEL STIFTUNG))

  • 63 Accesses

Zusammenfassung

Es bedarf nicht einmal des Rekurses auf Industriekatastrophen von der Art des erläuterten Tschernobyl-Falls, um die eingangs belegten Tendenzen wachsender emotionaler Distanz unserer Zivilisationsgenossenschaft zu ihren wissenschaftlich-technischen Lebensgrundlagen verständlich machen zu können. Unabhängig sogar von den ökologischen Problemen, die inzwischen aufdringlicher als alles andere unseren Zukunftshorizont besetzt halten, wird heute Modernität als Last erfahren. Geschichtliche Orientierung, Lebenssinn gar — das scheinen höchst subtile Dinge zu sein, die sich auf Fragen industriegesellschaftlicher Entwicklungen gar nicht beziehen lassen. Sieht man genauer hin, so erkennt man: Geschichtsorientierung wird zum Problem in direkter Abhängigkeit von der Beschleunigung zivilisatorischer Evolution, und Sinnansprüche expandieren ineins mit der zivilisationsspezifischen Verwandlung immer weiterer Lebensvoraussetzungen in Arbeitsprodukte, und eben deswegen fallen angemessenerweise kollektive Orientierungsprobleme ebenso wie individuelle Lebenssinnfrustrationen in ihren Befindlichkeitswirkungen belastend auf unser Verhältnis zur modernen Industriegesellschaft zurück. Die bislang ausgesparten ökologischen Probleme kommen nun noch hinzu. Wie sie sich auswirken — das ist unter dem speziellen Aspekt schwindender Risikoakzeptanz bereits am spektakulären Tschernobyl-Fall erörtert worden. Es erübrigt sich, darauf zu rekurrieren. Es ist auch nicht nötig, andere, ökologisch relevante Industriekatastrophen von hoher medialer Publizität in Erinnerung zu rufen. Jeder Medienkonsument ist heute in der Lage, spontan etliche solcher Katastrophen anzuführen — von den an Festlandklippen zerschellenden Tankern, deren Ölfracht ganze Meeresbuchten über viele Wochen hin für Seevögel und sonstige Lebewesen unbewohnbar macht, über die Giftwolkenbedrohung von Dörfern und Städten nach Rohrbrüchen in Chemiewerken bis hin zu Massenerkrankungen unter den Bewohnern ganzer Küstenstriche, deren Hauptnahrung Fische sind, die ihrerseits durch Abwässer benachbarter Industrieanlagen zu Schwermetallspeichern geworden sind. Und nicht nur ökologische Katastrophen sind heute im Gemeinbewußtsein präsent. Ökologische Gefährdungen, die sich schleichend ausbreiten, sind es desgleichen. Das Waldsterben tritt ja nicht als temporal scharf abgegrenztes Ereignis ein. Es vollzieht sich in der Konsequenz inkrementalistisch sich aufsummierender Schädigungen. Für großräumige Meeresverschmutzungen gilt Analoges, desgleichen für atmosphärische Prozesse mit ihren vermuteten klimatischen Konsequenzen. Akut gesundheitsbedrohend müßten sich jenseits gewisser oder auch ungewisser Grenzen die Ablagerungen von Rückständen der Agrarchemie im Grundwasser auswirken. Überschwemmungskatastrophen in Flußdeltaländern werden dem Fernsehzuschauer als Folgen von Entwaldungsvorgängen in den Ursprungsgebirgen der ausufernden Ströme erklärt. Windverfrachtungen der Ackerkrume ganzer Regionen, die derzeit noch als Kornkammern gelten, finden statt; die Wüste wächst.

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© 1994 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

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Lübbe, H. (1994). Gründe der veränderten Einstellung zu unseren wissenschaftlich-technischen Lebensvoraussetzungen VI: Die ökologische Krise. In: Der Lebenssinn der Industriegesellschaft. Edition Alcatel-SEL-Stiftung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-57937-0_13

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