Zusammenfassung
In den Jahren der Neubegründung der Universität (1805–1825) war die Klinik vor allem eine „Schule der Beobachtung“, wofür in Heidelberg der Name Conradi (Direktor der medizinischen Klinik 1814–23) einsteht, bevor, gleichsam im medizinischen Vormärz, nach und nach naturwissenschaftliche Methoden Eingang fanden, wie dies mit Henles und Pfeufers „rationeller Medicin“ beabsichtigt war. Dabei handelte es sich, wie die beiden im Leitartikel ihrer soeben gegründeten Zeitschrift (1844) konkretisieren, keinesfalls nur um eine Übernahme oder Nachahmung von naturwissenschaftlichen Methoden im klinischen Alltag, sondern um eine tiefere Allianz von Klinik und Labor. Betreibt, so Henle, der Kliniker „Beobachtung der Krankheiten“, wobei er „die Krankheiten als physiologische Experimente benützt, die der Zufall anstellt“, so überprüft der Physiologe diese Beobachtungen, indem er experimentiert und „die Wirkung physiologischer Versuche … als willkürlich hervorgerufene Krankheiten“ betrachtet1). Damit war um 1844 freilich mehr programmatisch als in der Praxis eine klinische Pathophysiologie anvisiert, wie sie für Heidelberg zum Markenzeichen werden sollte; methodisch war das Experiment, eine spezifische Form der Laborbeobachtung, der klinischen am Krankenbett zumindest ebenbürtig geworden.
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Henkelmann, T. (1985). Zur Geschichte der Heidelberger Medizinischen Klinik Im 19. Jahrhundert. In: Schipperges, H. (eds) Heidelberger Jahrbücher. Heidelberger Jahrbücher, vol 29. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-70625-7_11
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