Zusammenfassung
Günther Cloerkes’ mittlerweile in seiner Ursprungsfassung von 1984 schwer zugänglich gewordene Aufsatz „Die Problematik widersprüchlicher Normen in der sozialen Reaktion auf Behinderte“ verdeutlicht in kondensierter Form eine für seine Arbeit sehr wichtige Denkfigur. Sie hat nach wie vor eine hohe Erklärungskraft für die Ambivalenzen des gesellschaftlichen Umgangs mit Behinderung und mit behinderten Menschen.
Vortrag, gehalten am 15. 11. 1982 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, Fachbereich Sonderpädagogik (leicht verändert). Erstveröffentlichung in: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete (VHN) 53 (1984) 1: 25-40; Unveränderter Wiederabdruck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und der Herausgeber der VHN. An wenigen Stellen (Schreibung von „ss“ bzw. „ß“) erfolgte eine behutsame Angleichung an Regeln der neuen Rechtschreibung.
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Jansen (1981, S. 127) setzt „originäre Reaktionen“ im wesentlichen gleich mit der Gefühlskomponente von Einstellungen, während „überformte Reaktionen“ bereits eine Verarbeitung originärer Reaktionen über Rationalisierungsmechanismen darstellen und die kognitive Komponente kennzeichnen sollen. „Die so ‚überformten Reaktionen‘ ermöglichen … erst ein einigermaßen sachliches Zusammenleben mit den Behinderten“ (ebenda). Dieser Einschätzung kann ich nicht folgen. Originäre Reaktionen wie Angst, Ekel, Erregung, Neugierde usw. sind keineswegs nur individuell-affektive, sondern immer auch kulturell und gesellschaftlich bedingte Phänomene. Sie lassen sich auch nicht auf die Einstellungsebene beschränken, tatsächliche Verhaltensweisen spielen eine große Rolle. „Sachlichkeit“ als Merkmal der überformten Reaktion anzuführen, geht völlig an der sozialen Realität Behinderter vorbei.
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Cloerkes, G. (2014). Die Problematik widersprüchlicher Normen in der sozialen Reaktion auf Behinderte. In: Kastl, J., Felkendorff, K. (eds) Behinderung, Soziologie und gesellschaftliche Erfahrung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05018-4_4
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