Skip to main content

Wie Werte erlernt werden: Zur Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der Internalisierung von Werten

  • Chapter
  • First Online:
Werte und Wertebildung aus interdisziplinärer Perspektive

Zusammenfassung

Der Beitrag geht der Frage nach, wie zivilgesellschaftliche Organisationen ihre zentralen Werte institutionalisieren und durch welche Mechanismen Mitglieder Werte verinnerlichen. Basis der Ausführungen sind Problemzentrierte Interviews und Fokusgruppendiskussionen eines Mixed-Methods-Projektes, die mittels Dokumentarischer Methode (Formulierende Interpretation) ausgewertet wurden. Die Analysen zeigen, dass Organisationen ihre Werte durch einen mehrstufigen Institutionalisierungsprozess verankern, der es Organisationen erlaubt, sich mit einem Profil in ihre Umwelt zu positionieren. Die Mitglieder der Organisationen internalisieren ihre Werte über zwei zentrale Mechanismen: Einüben und wiederholen und durch Vorbilder. Der Internalisierungsprozess ist dabei langfristig angelegt und erfordert eine andauernde Auseinandersetzung.

Für das hilfreiche Kommentieren einer ersten Fassung dieses Beitrags danke ich Christopher Schlembach und Roland Verwiebe

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 34.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    „Wertebildung – Inhalte – Orte – Prozesse“, www.werteforschung.at.

  2. 2.

    In Wien hatte im Jahr 2017 jede/r zweite WienerIn einen Migrationshintergrund, wurde also selbst im Ausland geboren oder hat mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil (vgl. Stadt Wien 2017).

  3. 3.

    In neo-institutionalistischen Ansätzen innerhalb der Organisationsforschung wurde immer wieder kritisiert, dass Werte in Organisationen deshalb so stark aufgegriffen werden, weil damit ein rationaler Nutzen verknüpft wird, der jedoch vom Nutzen der Mitglieder der Organisation entkoppelt sei (s. hierzu u. a. Senge 2007).

  4. 4.

    Diese Vorgangsweise ist nicht immer unumstritten. Während vor allem Unternehmen die Fokussierung auf Werte in ihren Leitbildern damit begründen, „Mitarbeitern ein sinnhaftes Erleben ihrer Arbeit zu ermöglichen“ (Von Groddeck 2011, S. 15) und damit auf individuelle Motivation und Leistungsbereitschaft abzielen, wird diese Vorgangsweise auch skeptisch und als zu abstrakt angesehen. Grund hierfür sei, dass Unternehmen sich lediglich eine bessere Reputation oder eine leichtere Steuerbarkeit von Organisationen erhofften, wenn die MitarbeiterInnen bestimmte Werte teilen würden (vgl. ebd., S. 15 f.).

  5. 5.

    Dabei wird festgelegt, dass bei Nichteinhaltung der Regeln bzw. Verletzung der propagierten Werte eine Sanktionierung, beispielsweise in Form des Ausschlusses aus der Gemeinschaft, drohe. Bei der untersuchten Hilfsgemeinschaft ist es daher für jedes neue Mitglied Pflicht, ein entsprechendes Papier zu unterzeichnen, das die Kenntnis der Organisationswerte und dessen Einhaltung garantiert.

  6. 6.

    Es ist nicht immer eindeutig, was unter religiösen Werten verstanden wird. Hill (2013, S. 30 f.) verortet Werte beispielsweise im Selbstkonzept eines Individuums. Menschen würden Werte demnach unterschiedlichen Bereichen zuordnen, zum Beispiel im religiös-spirituellen oder auch in einem politischen oder soziokulturellen Bereich. Carr (2013) hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Werten je nach Situation entweder religiöse oder nicht religiöse Inhalte zugeschrieben werden können. Deshalb plädiert er dafür, explizit als religiös ausgegebene Werte immer wieder zu hinterfragen: „Insofar as values are not reducible to non-rational preferences, religious values – like moral and/or aesthetic values – would have to be as far as possible supported by reason and reflection“ (ebd., S. 14).

Literatur

  • Abraham, M., Büschges, G. 2004: Einführung in die Organisationssoziologie. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Bertelsmann Stiftung 2016: Werte lernen und leben: Theorie und Praxis der Wertebildung in Deutschland. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.

    Google Scholar 

  • Bette, K.-H. 2010: Sportsoziologie. S. 587–604 in: Kneer, G., Schroer, M. (Hg.), Handbuch spezielle Soziologien. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Bohnsack, R., Nentwig-Gesemann, I., Nohl, A. M. 2013: Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Wiesbaden: VS Verlag.

    Chapter  Google Scholar 

  • Bonfadelli, H., Priska, B. 2008: Quantitative Perspektiven. S. 15–152 in: Bonfadelli, H., Priska, B., Hanetseder, C., Hermann, T., Ideli, M., Moser, H. (Hg.), Jugend, Medien und Migration: Empirische Ergebnisse und Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Bonfadelli, H., Priska, B., Hanetseder, C., Hermann, T., Ideli, M., Moser, H. 2008: Jugend, Medien und Migration: Empirische Ergebnisse und Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Bourne, H., Jenkins, M. 2013: Organizational values: A dynamic perspective. Organization Studies 34:4/4: 495–514.

    Article  Google Scholar 

  • Carr, D. 2013: Religious meaning, practical reason and values. S. 5–15 in: James, A., Lovat, T. (Hg.), The routledge international handbook of education, religion and values. London: Routledge.

    Google Scholar 

  • Creswell, J., Plano Clark, V. 2011: Designing and conducting mixed methods research. Los Angeles: SAGE.

    Google Scholar 

  • Fónyard-Kropf, E. 2003: Wo bilden sich Werte? Orte der Wertebildung in Institutionen und Organisationen. Skizzen transdisziplinärer Forschung. Wien: Institut für Praktische Theologie.

    Google Scholar 

  • Froschauer, U. 2012: Organisationen in Bewegung: Beiträge zur interpretativen Organisationsanalyse. Wien: Facultas, WUV.

    Google Scholar 

  • Gibbons, J., Stiles, D. 2004: The thoughts of youth: An international perspective on adolescents’ ideal persons. Greenwich: Information Age Publishing.

    Google Scholar 

  • Hill, B. 2013: Do values depend on religion? Would it be best if they didnt? S. 28–41 in: James, A., Lovat, T. (Hg.), The routledge international handbook of education, religion and values. London: Routledge.

    Google Scholar 

  • Hurrelmann, K. 2010: Lebensphase Jugend: Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Jugendforschung. Weinheim: Juventa.

    Google Scholar 

  • Joas, H. 1999: Die Entstehung der Werte. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Joas, H. 2006: Wie entstehen Werte? Wertebildung und Wertevermittlung in pluralistischen Gesellschaften. Vortrag in der Reihe: Gute Werte, schlechte Werte. Gesellschaftliche Ethik und die Rolle der Medien. http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/2006_Vortrag_Joas_authorisiert_06101x.pdf. Zugegriffen: 20.08.2018.

  • Kaschube, J. 1997: Ziele von Führungsnachwuchskräften: Berufliche Entwicklung nach der Einarbeitung. München: Hampp.

    Google Scholar 

  • Kluckhohn, C. 1951: Values and value-orientation in the theory of action. An exploration in definition and classification. S. 388–433 in: Parsons, T., Shiles, E. A. (Hg.), Toward a general theory of action. Cambridge u. a.: Harvard University Press.

    Google Scholar 

  • Kohlberg, L. 1981: Essays on moral development. San Francisco: Harper & Row.

    Google Scholar 

  • Korte, H., Schäfers, B. 2016: Einführung in Hauptbegriffe der Soziologie. Wiesbaden: Springer VS.

    Book  Google Scholar 

  • Kraimer, M. 1997: Organizational goals and values. A socialization model. Human Resource Management Review 7/4: 425–447.

    Article  Google Scholar 

  • Lengfeld, H. 2010: Klasse – Organisation – soziale Ungleichheit: Wie Unternehmensstrukturen berufliche Lebenschancen beeinflussen. Wiesbaden: VS Verlag.

    Book  Google Scholar 

  • Liebig, S., Krause, A. 2006: Soziale Einstellungen in der Organisationsgesellschaft: Betriebliche Strukturen und die gerechte Verteilungsordnung der Gesellschaft. Zeitschrift für Arbeitsmarktforschung 39/2: 255–276.

    Google Scholar 

  • Schein, E. H. 1988: Organizational socialization and profession of management. Sloan Management Review 30:1/1: 53–56.

    Google Scholar 

  • Schnurr, S. 2013: Organisationen. S. 199–206 in: Scherr, A. (Hg.), Soziologische Basics. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Schubarth, W. 2010: Die „Rückkehr der Werte“. Die neue Wertedebatte und die Chancen der Wertebildung. S. 21–41 in: Schubarth, W., Speck, K., Von Berg, H. L. (Hg.), Wertebildung in Jugendarbeit, Schule und Kommune. Wiesbaden: VS Verlag.

    Chapter  Google Scholar 

  • Schubarth, W. 2016: Wertebildung in der Fachdebatte: Theoretische Grundlagen und pädagogische Konzepte. S. 17–60 in: Bertelsmann Stiftung (Hg.), Werte lernen und leben. Theorie und Praxis der Wertebildung in Deutschland. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.

    Google Scholar 

  • Schubarth, W., Speck, K., Von Berg, H. L. 2010: Wertebildung in Jugendarbeit, Schule und Kommune. Wiesbaden: VS Verlag.

    Book  Google Scholar 

  • Senge, K. 2007: Was ist neu am Neo-Institutionalismus? Eine vergleichende Betrachtung der Organisationsumwelten zwischen Neo-Institutionalismus und anderen dominanten Ansätzen der US-amerikanischen Organisationssoziologie. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 32/1: 42–65.

    Article  Google Scholar 

  • Siri, J., Von Groddeck, V. 2012: Temporalized identities: How organizations construct identities in a society of presents. Tamara Journal for critical Organization Inquiry 10:3/3: 9–19.

    Google Scholar 

  • Spates, J. L. 1983: The sociology of values. Annual Review of Sociology 9:1/1: 24–49.

    Google Scholar 

  • Speck, K. 2010: Wertebildung und Partizipation von Kindern und Jugendlich. S. 61–90 in: Schubarth, W., Speck, K., Von Berg, H. L. (Hg.), Wertebildung in Jugendarbeit, Schule und Kommune. Wiesbaden: VS Verlag.

    Chapter  Google Scholar 

  • Speck, K., Schubarth, W., Von Berg, H. L., Barth, J. 2010: Wertebildung und Teilhabe von Jugendlichen in ländlichen Regionen. Ein qualitatives und quantitatives Praxisforschungsprojekt. S. 115–144 in: Schubarth, W., Speck, K., Von Berg, H. L. (Hg.), Wertebildung in Jugendarbeit, Schule und Kommune. Wiesbaden: VS Verlag.

    Chapter  Google Scholar 

  • Stadt Wien 2017: Daten und Fakten zur Migration 2017 – Wiener Bevölkerung. https://www.wien.gv.at/menschen/integration/daten-fakten/bevoelkerung-migration.html. Zugegriffen: 20.08.2018.

  • Standop, J. 2013: Die Grundschule als ein Ort grundlegender Wertebildung. S. 39–51 in: Erbes, A., Giese, C., Rollik, H. (Hg.), Werte und Wertebildung in Familien, Bildungsinstitutionen, Kooperationen. Beiträge aus Theorie und Praxis. Berlin: Deutsches Rotes Kreuz.

    Google Scholar 

  • Stein, M. 2008: Wie können wir Kindern Werte vermitteln? Werteerziehung in Familie und Schule. München: Reinhardt.

    Google Scholar 

  • Stein, M. 2013: Familie als Ort der Werteentwicklung. Strukturelle, soziokulturelle und erzieherische Bedingungen. S. 175–216 in: Boos-Nünning, U., Stein, M. (Hg.), Familie als Ort von Erziehung, Bildung und Sozialisation. Münster: Waxmann.

    Google Scholar 

  • Tacke, V. 2010: Organisationssoziologie. S. 341–359 in: Kneer, G., Schroer, M. (Hg.), Handbuch spezielle Soziologien. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Thome, H. 2003: Soziologische Werteforschung. Ein von Niklas Luhmann inspirierter Vorschlag für die engere Verknüpfung von Theorie und Empirie. Zeitschrift für Soziologie Jg. 32/Heft 1: 4–28.

    Google Scholar 

  • Trommsdorff, G. 1999: Sozialisation und Werte. S. 167–190 in: Berger, G., Hartmann, P. (Hg.), Soziologie in konstruktiver Absicht. Festschrift für Günter Endruweit. Hamburg: Knut Reim Verlag.

    Google Scholar 

  • Verwiebe, R., Seewann, L., Wolf, M. 2018: Zur Relevanz verschiedener Lebensbereiche für die Entstehung individueller Werthaltungen. Aktuelle Befunde für Österreich aus einer Mixed-Methods-Studie. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 43/2: 179–201.

    Article  Google Scholar 

  • Von Groddeck, V. 2011: Organisationen und Werte – Formen, Funktionen, Folgen. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Weiß, O., Norden, G. 2013: Einführung in die Sportsoziologie. Münster: Waxmann.

    Google Scholar 

  • Welzel, C. 2009: Werte- und Wertewandelforschung. S. 109–139 in: Kaina, V., Römmele, A. (Hg.), Politische Soziologie. Ein Studienbuch. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Witzel, A. 2000: Das problemzentrierte Interview [25 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum Qualitative Social Research 1/1: Art. 22.

    Google Scholar 

  • Wolf, M., Verwiebe, R., Seewann, L. 2017: Wie bilden sich unsere Werte? Aktuelle Befunde aus einer Mixed-Methods-Studie. Sozialwissenschaftliche Rundschau (SWS) 4:17/17: 351–372.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Margarita Wolf .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2019 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Wolf, M. (2019). Wie Werte erlernt werden: Zur Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der Internalisierung von Werten. In: Verwiebe, R. (eds) Werte und Wertebildung aus interdisziplinärer Perspektive. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21976-5_9

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-21976-5_9

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-21975-8

  • Online ISBN: 978-3-658-21976-5

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics