Skip to main content

Geschichte im Superlativ. Zur langen Ahnenreihe des Stadtmarketings

  • Chapter
  • First Online:
Stadtgeschichte, Stadtmarke, Stadtentwicklung
  • 3504 Accesses

Zusammenfassung

Schon immer haben sich Menschen vor allem dann für Geschichte interessiert, wenn Superlative zu vermelden und die eigene Stadt oder deren Attribute die ältesten, bedeutsamsten, erfolgreichsten oder mächtigsten waren, sodass Stolz und Selbstbewusstsein erzeugt wurden. So formten Adelsgeschlechter ihre Stammbäume und Städte ihre Vergangenheit und so ist auch heute noch die Ausgangslage für die Vermarktung von Geschichte. Der Beitrag macht anhand verschiedener Beispiele darauf aufmerksam, dass geschichtliches Geschehen zu allen Zeiten verformt und spekulativ gedeutet worden ist. Und dies nicht zuletzt dann, wenn es zur Identitätsstiftung benutzt wurde. Heute muss Stadtmarketing, das Städte mithilfe von Geschichte zu profilieren sucht und dabei bestrebt ist, Authentizität zu wahren und trotzdem Interesse zu wecken, sich die Frage stellen: Wie weit darf man gehen, um geschichtliches Geschehen interessant zu machen?

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Vgl. dazu grundsätzlich Assmann (1992) mit auch für das Mittelalter gültigen Einsichten. Grundlegend für den Umgang mit Geschichte und Vergangenheit im Mittelalter immer noch Graus (1975, 2002, hier insb. I Hagiographie – Tradition – Geschichtsschreibung, S. 3–130).

  2. 2.

    Vgl. den interdisziplinären Überblick über Wege und Irrwege der Mittelalterforschung in ihrer Darbietung der ‚deutschen‘ Kultur und Geschichte des Mittelalters bei Wapnewski (1986) und vornehmlich aus historischer Perspektive bei Moraw und Schieffer (2005).

  3. 3.

    Hierauf ist die Forschung auf unterschiedlichen Wegen aufmerksam geworden. Vgl. Patze (1964, 1965), der viele Beispiele monastischer Historiografie diskutiert, die die Perspektive der adligen Stifter des Klosters in den Vordergrund rücken. Kastner (1974) hat dagegen Fälle präsentiert, in denen sich das Interesse der Autoren auf die Betonung der Ansprüche und Rechte der monastischen Institution konzentrierte. Beide Ansätze führten zur Verformung der Geschichte je nach Darstellungsabsicht; vgl. hierzu auch Althoff (1988a, b, 2003, S. 52–77).

  4. 4.

    Zur Bedeutung der ‚Ahnen‘ im mittelalterlichen Adel vgl. grundlegend Schmid (1998, S. 9 ff.).

  5. 5.

    Zum Folgenden bereits Althoff (1979).

  6. 6.

    Vgl. dazu und zum Folgenden Schmid (1983).

  7. 7.

    Vgl. Historia Welforum (1978, Kap. 2, S. 6 f.). Dort findet sich aber auch eine zweite Erklärung für den ungewöhnlichen Namen: Ein Kaiser habe einen Vorfahren der Welfen, der seinen Hof verlassen wollte wegen eines Sohnes, der ihm geboren worden war, süffisant gefragt, „was, wegen eines Welpen wollt ihr so eilig nach Hause?“ Daraufhin habe dieser gekontert: „unter diesem Namen werdet ihr ihn aus der Taufe heben.“

  8. 8.

    Vgl. Widukindi monacho Corbeiensis rerum gestarum Saxonicarum libri tres (1935, S. 6): Saxones clari insistere et nimium terrorem vicinis gentibus incutere coeperunt. Zur Geschichte dieses Mythos vgl. Graus (1975, S. 112–144).

  9. 9.

    Vgl. zu diesen Caesarfabeln reiches Material bei Wesemann (1879); zu den Konstruktionsbedingungen solcher Fiktionen vgl. Althoff (2014, bes. S. 156 f.).

  10. 10.

    Vgl. aus der nahezu unübersehbaren Literatur nur die zahlreichen Beiträge in Fuhrmann (1988), hier insb. Graus (1988); vgl. außerdem Schreiner (1966) jeweils mit weiteren Hinweisen.

  11. 11.

    Vgl. dazu grundlegend Hofmann (1975); später Geary (1994), der Hofmanns Ergebnisse bestätigt. Einschlägige Quellenbelege vgl. auch Knipping (1901, S. 131 ff.).

  12. 12.

    Vgl. dazu die detaillierte Analyse bei Hofmann (1975, S. 75–114).

  13. 13.

    „Fiktion“ ist hier im Sinne einer mehr oder weniger spekulativen Hypothese gebraucht, zu deren Falsifizierung keine Anstrengungen gemacht werden, weil ihr Inhalt gut in ein Konzept passt; vgl. dazu Althoff (2014).

Literatur

  • Althoff, G. (1979). Studien zur Habsburgischen Merowingersage. Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, 87, 71–100.

    Article  Google Scholar 

  • Althoff, G. (1988a). Genealogische und andere Fiktionen in mittelalterlicher Historiographie. In H. Fuhrmann (Hrsg.), Fälschungen im Mittelalter. Teil I: Literatur und Fälschung (Monumenta Germaniae Historica, 33, 1) (S. 417–441). Hannover: Monumenta Germaniae Historica.

    Google Scholar 

  • Althoff, G. (1988b). Causa scribendi und Darstellungsabsicht: Die Lebensbeschreibungen der Königin Mathilde und andere Beispiele. In M. Borgolte & H. Spilling (Hrsg.), Litterae Medii Aevi, Festschrift für Johanne Autenrieth (S. 117–133). Sigmaringen: Thorbecke.

    Google Scholar 

  • Althoff, G. (2003). Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

    Google Scholar 

  • Althoff, G. (2014). Was verstehen Mittelalter-Historiker eigentlich unter einer Fiktion? In M. Schütte et al. (Hrsg.), Zwischen Fakten und Fiktionen. Literatur und Geschichtsschreibung in der Vormoderne (S. 155–168). Würzburg: Ergon.

    Google Scholar 

  • Assmann, J. (1992). Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck.

    Google Scholar 

  • Fuhrmann, H. (Hrsg.). (1988). Fälschungen im Mittelalter. Teil V: Frömmigkeit und Fälschungen. Hannover: Monumenta Germaniae Historica.

    Google Scholar 

  • Geary, P. J. (1994). The Magi and Milan. In P. J. Geary (Hrsg.), Living with the Dead in the Middle Ages (S. 243–256). Ithaka: Cornell University Press.

    Google Scholar 

  • Goetz, H.-W. (1999). Geschichtsschreibung und Geschichtsbewusstsein im hohen Mittelalter (Orbis medievalis 1). Berlin: Akademie.

    Google Scholar 

  • Graus, F. (1975). Lebendige Vergangenheit. Überlieferung im Mittelalter und in den Vorstellungen vom Mittelalter. Köln: Böhlau.

    Google Scholar 

  • Graus, F. (1988). Fälschungen im Gewande der Frömmigkeit. In H. Fuhrmann (Hrsg.), Fälschungen im Mittelalter. Teil V: Frömmigkeit und Fälschungen (S. 261–282). Hannover: Monumenta Germaniae Historica.

    Google Scholar 

  • Graus F. (2002). Ausgewählte Aufsätze (1959–1989). In H.-J. v. Gilomen, et al. (Hrsg.). Stuttgart: Thorbecke.

    Google Scholar 

  • Historia Welforum. (1978). (Hrsg. von E. König). Schwäbische Chroniken der Stauferzeit (Bd. 1, 2. Aufl.). Sigmaringen: Thorbecke.

    Google Scholar 

  • Hofmann, H. (1975). Die Heiligen Drei Könige. Zur Heiligenverehrung im kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Leben des Mittelalters. Bonn: Ludwig Röhrscheid.

    Google Scholar 

  • Kastner, J. (1974). Historiae fundationum monasteriorum. Frühformen monastischer Institutionsgeschichtsschreibung im Mittelalter (Münchner Beiträge zur Mediävistik und Renaissanceforschung 18). München: Arbeo Gesellschaft.

    Google Scholar 

  • Knipping, R. (Hrsg.). (1901). Die Regesten der Erzbischöfe von Köln (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 21, Bd. 2). Bonn: P. Hanstein’s Verlag.

    Google Scholar 

  • Moraw, P., & Schieffer, R. (Hrsg.). (2005). Die deutschsprachige Mediävistik im 20. Jahrhundert (Vorträge und Forschungen 62). Stuttgart: Thorbecke.

    Google Scholar 

  • Müller, J.-D. (1982). Gedechtnus. Literatur und Hofgesellschaft um Maximilian I. (Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur 2). München: Wilhelm Fink.

    Google Scholar 

  • Patze, H. (1964). Adel und Stifterchronik. Frühformen territorialer Geschichtsschreibung im hochmittelalterlichen Reich. Blätter für deutsche Landesgeschichte, 100, 8–81.

    Google Scholar 

  • Patze, H. (1965). Adel und Stifterchronik. Frühformen territorialer Geschichtsschreibung im hochmittelalterlichen Reich. Blätter für deutsche Landesgeschichte, 101, 67–128.

    Google Scholar 

  • Schmale, F.-J. (1985). Formen und Funktionen mittelalterlicher Geschichtsschreibung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

    Google Scholar 

  • Schmid, K. (1983). ‚De regia stirpe Waibligensium‘. Bemerkungen vom Selbstverständnis der Staufer. In K. Schmid (Hrsg.), Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge (S. 454–466). Sigmaringen: Thorbecke [zuvor (1976). Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 124, NF 85, 63–73].

    Google Scholar 

  • Schmid, K. (1998). Geblüt, Herrschaft, Geschlechterbewusstsein. Grundfragen zum Verständnis des Adels im Mittelalter (aus dem Nachlass hrsg. und eingeleitet von D. Mertens & Th. Zotz). Sigmaringen: Thorbecke.

    Google Scholar 

  • Schreiner, K. (1966). Zum Wahrheitsverständnis im Heiligen– und Reliquienwesen des Mittelalters. Saeculum, 17, 131–169.

    Article  Google Scholar 

  • Schulz, M. (1909). Die Lehre von der historischen Methode bei den Geschichtsschreibern des Mittelalters. (VI. bis XIII. Jahrhundert): Bd. 13. Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte. Berlin: Dr. Walther Rothschild.

    Google Scholar 

  • Wesemann, H. (1879). Caesarfabeln des Mittelalters. Löwenberg: P. Müller.

    Google Scholar 

  • Wapnewski, P. (Hrsg.). (1986). Mittelalter-Rezeption. Ein Symposion (Germanistische Symposien. Berichtsbände 6). Stuttgart: Metzler.

    Google Scholar 

  • Hirsch, P. von, & Lohmann, H. E. (Hrsg.). (1935). Widukindi monacho Corbeiensis rerum gestarum Saxonicarum libri tres. Hannover: Monumenta Germaniae Historica (MGH SS rer. Germ in us. schol.).

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Gerd Althoff .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2019 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Althoff, G. (2019). Geschichte im Superlativ. Zur langen Ahnenreihe des Stadtmarketings. In: Kenkmann, A., Spinnen, B. (eds) Stadtgeschichte, Stadtmarke, Stadtentwicklung. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23706-6_7

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-23706-6_7

  • Published:

  • Publisher Name: Springer Gabler, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-23705-9

  • Online ISBN: 978-3-658-23706-6

  • eBook Packages: Business and Economics (German Language)

Publish with us

Policies and ethics