Zusammenfassung
Der Fernerstehende verwechselt bei der Einschätzung einer erfolgreichen Handlung eines Tieres sehr oft Verstand oder Klugheit, d. h. sinngemäße Verwertung persönlich erworbener Erfahrungen, mit den Ergebnissen von Triebhandlungen. Triebe sind angeboren und natürlich in der richtigen Umgebung der betreffenden Tierform arterhaltend. Sie gehören ebenfalls in das Gebiet der Psychologie oder Seelenkunde. Vielen Tierfreunden geht es gegen den Strich, daß ein Tier, namentlich ihr Tier, „dumm“ sein könnte, denn sie lesen aus diesem Worte einen Tadel heraus, den sie auf ihrem Liebling nicht sitzen lassen möchten. Wir wollen hier unter „klug“ das Vorhandensein hoher geistiger Fähigkeiten und von Verstandesleistung, unter „dumm“ das Gegenteil davon verstehen, ohne ein Werturteil für das Tier damit zu verbinden. Unwillkürlich stellt man an ein Steppentier andersgeartete geistige Ansprüche als an einen Wald- oder an einen Wasserbewohner, und man wird zu der Überzeugung kommen, daß es in allen drei Gruppen sowohl kluge wie dumme Arten gibt.
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Heinroth, O. (1955). Die geistigen Fähigkeiten. In: Aus dem Leben der Vögel. Verständliche Wissenschaft, vol 34. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-00070-0_21
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