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Rückzug aus der Kernwaffenphysik in die Kosmologie

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Andrej Sacharow
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Zusammenfassung

Sacharow nennt als Grund, weshalb er 1962 seinen Dienst im OBJEKT nicht, wie angedroht, aus Protest gegen den überflüssigen Doppeltest quittiert habe, seine Anstrengungen, einem Kernwaffentestverbot, gültig für beide Supermächte, zum Durchbruch zu verhelfen. Das war zweifellos sein hauptsächlicher, aber nicht sein alleiniger Beweggrund. Ein weiterer Grund war, dass er nicht wusste, wohin sonst er sich hätte wenden sollen. Nicht in dem Sinne, dass sich für ihn nicht eine Arbeitsstelle irgendwo in einem der Akademie-Institute gefunden hätte. Doch womit sich dort befassen? Mit theoretischer Physik? Die Antwort bereitete ihm Kopfzerbrechen – ihm mit seiner Aufrichtigkeit vor sich selbst, seinem Gefühl für die eigene Würde, mit seinem Auftreten: äußerlich bescheiden, in Wahrheit aber gerade das Gegenteil, wie er von sich bekannte.

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Notes

  1. 1.

    Dieses Problem lösten ausgangs der 1940er Jahre unabhängig voneinander R. Feynman, J. Schwinger und S. Tomonaga und erhielten 1965 hierfür gemeinsam den Physik-Nobelpreis.

  2. 2.

    A. D. Sacharow, Passive Mesonen, FIAN-Bericht 1948, in: A. D. Sacharow, Wissenschaftliche Arbeiten, Zentrkom, Moskau 1995, S. 41 ff. Den Bericht verfasste Sacharow, nachdem Experimente gezeigt hatten, dass die sogenannten μ-Mesonen, die ein Jahrzehnt lang für die gesuchten nuklearen Mesonen gehalten wurden, mit dem Kern wenig zu tun haben. Fast gleichzeitig wurden auch die echten nuklearen Mesonen, die π-Mesonen, entdeckt. Die Pseudo-Mesonen, heute Myonen genannt, entpuppten sich als Verwandte des Elektrons, 200-mal schwerer als dieses. Sacharow ersetzte das Elektron im Wasserstoffatom fiktiv durch dessen schwereren Verwandten und erkannte sogleich, dass ein solches myonisches Atom viel kleinere Ausmaße als ein gewöhnliches hat. Das bedeutet, myonische Atome lassen sich leichter einander so weit nähern, dass ihre Kerne verschmelzen, ohne dass hierfür Sterntemperaturen vonnöten wären! Diese myonische Kernfusion heißt heutzutage Myonenkatalyse und ist eine eigenständige Forschungsrichtung.

  3. 3.

    In seiner Liste schwierigster physikalisch-mathematischer Probleme überspringt Sacharow Punkt 8. Andernfalls hätte er noch ein weiteres Problem finden müssen. So aber ist aus Punkt 14 eigentlich Punkt 13 geworden, was dessen Sonderstellung erklären mag.

  4. 4.

    Noch 1975 gibt Seldowitsch in seiner Monografie zur Kosmologie Sacharows Hypothese alles andere denn beifällig wieder. Siehe: Ja. B. Seldowitsch, I. D. Nowikow, Struktur und Evolution des Universums, Nauka, Moskau 1975, S. 654–657. Als aber die Wissenschaftsentwicklung Seldowitschs Ansicht nicht bestätigt, sagt er sich von seiner Fehleinschätzung los und erläutert 1981 im Anhang zu Weinbergs Buch Sacharows Neuerer-Idee beifällig. Dies geschieht in Sacharows zweitem Verbannungsjahr, und die Verlagsleitung verlangt, den Namen des in Ungnade gefallenen Physikers zu streichen. Daraufhin wird Seldowitsch mit seinen drei Heldensternen am Jackettaufschlag beim Verlagschef vorstellig und erklärt, Sacharows Namen zu streichen werde er nicht zulassen, falls der Verlag ihn als Herausgeber des Buches sich zu erhalten wünsche. Der Verlag lenkt ein. Dass die sowjetische Zensurbehörde ein wachsames Auge auf den verfemten Namensträger hatte, weiß der Verfasser dieser Zeilen aus eigener Arbeitserfahrung als damaliger Herausgeber beim Moskauer Universitätsverlag. Auf einer Dienstbesprechung rügte eine Mitarbeiterin des staatlichen Zensurnetzes die Nachlässigkeit eines Herausgebers, der einen Literaturverweis auf die physikalische Aufgabensammlung, herausgegeben von Sacharow, dem Vater des abtrünnigen Akademiemitglieds, nicht gestrichen hatte.

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© 2013 Springer Basel

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Gorelik, G. (2013). Rückzug aus der Kernwaffenphysik in die Kosmologie. In: Andrej Sacharow. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-0474-5_15

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