Zusammenfassung
In diesem Kapitel geht es um Temple Grandins Autobiographie Thinking in pictures. Sie ist eine wissenschaftlich und kommerziell erfolgreiche Autistin und lehrt im Fach Tierpsychologie. Ihre Autobiographie beginnt mit den Worten: „I think in pictures. Words are like a second language to me. I translate both spoken and written words into full-color movies, complete with sound, which run like a VCR tape in my head.“ Grandin ist sich über viele Probleme dieser Art zu denken und auch der Unterschiede gegenüber dem sprachbasierten Denken bewusst. In ihrer Autobiographie diskutiert sie eine Reihe von Problemen, die für das szenisch-phantasmatische System spezifisch sind, darunter die Schwierigkeiten der bildhaften Repräsentation von Allgemeinvorstellungen und von Begriffen, die kein visuelles Äquivalent haben (Sein, Kausalität, Gott, …). Grandin zeigt eindrucksvoll, dass es Denker gibt, die das szenisch-phantasmatische System primär nutzen und nicht nur als Subsystem des sprachlichen Denkens.
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Notes
- 1.
- 2.
Vgl. Sacks 1995, S. 338–407.
- 3.
Vgl. Grandin 1995, S. 3.
- 4.
Vgl. hierzu Oliver Sacks in seinem Vorwort zu Grandins Thinking in Pictures: „Temple Grandin’s voice came from a place which had never had a voice, never been granted real existence, before – and she spoke not only for herself, but for thousands of others, often highly gifted, autistic adults in our midst. She provided a glimpse, and indeed a revelation, that there might be people, no less human than ourselves, who constructed their world, lived their lives, in almost unimaginable different ways. The word ‘autism’ still conveys a fixed and dreadful meaning to most people – they visualize a child mute, rocking, screaming, inaccessible, cut of from human contact.“ (Grandin 1995, Foreword, S. xiii).
- 5.
Vgl. hier Abschn. 4.1.3.1.
- 6.
Vgl. Grandin 1995, S. 12.
- 7.
Vgl. hier in Abschn. 2.1. die Hinweise auf die eidetische Variation, die die Anschauung des Allgemeinen ermöglicht. Die Theorie der Anschauung von Allgemeinvorstellungen ist von Husserl mit verschiedenen Bezeichnungen versehen worden. In den Logischen Untersuchungen heißt sie noch „ideierende Abstraktion“, später dann „Wesensschau“, und schließlich „eidetische Variation“. Vgl. Lohmar 2005.
- 8.
Vgl. Grandin 1995, S. 11.
- 9.
- 10.
- 11.
Vgl. hierzu Lohmar 2008a, S. 67.
- 12.
Der Typus kommt in zwei grundlegenden Varianten vor, dem Typus eines Allgemeinen und dem Typus eines Einzelnen, vgl. hierzu auch Lohmar 2013b. In beiden Formen ist der Typus in der Lage, Erfahrungen zu sammeln und festzuhalten, bei dem Typus eines Einzelnen umfasst diese Erfahrungssedimentation auch die Veränderungen des Gegenstandes, vgl. Lohmar 2008a, Kap. 6, 7 und 8.
- 13.
Vgl. hier Abschn. 4.1.3.1.
- 14.
- 15.
Diese Anpassung erfolgt aber nicht schnell, vgl. Lohmar 1998, Kap. III, 8, d.
- 16.
Vgl. Grandin 1995, S. 11.
- 17.
Vgl. Grandin 1995, S. 30. Dies zeigt auch gut die fehlende Korrektur ihrer Typen durch den normierenden Einfluss der Gemeinschaft auf die Verwendung von Allgemeinbegriffen bei sprechenden Spezies wie den Menschen.
- 18.
Nach dem Motto: „Duck and cover“, Grandin 1995, S. 14.
- 19.
Vgl. Grandin 1995, S. 14 f. Hierzu möchte ich bemerken, dass das „schnell“ und „langsam“ des dargestellten Ereignisses nicht mit der in der Regel zeitkomprimierten Darstellung von Ereignissen im SPS interferiert, d. h., auch langsame Ereignisse lassen sich in kurzer Zeit darstellen. Vgl. zum Darstellungsmittel der Zeitschrumpfung hier Abschn. 4.1.3.3.
- 20.
Vgl. Grandin 1995, S. 15.
- 21.
Vgl. Grandin 1995, S. 15.
- 22.
Vgl. Grandin 1995, S. 221.
- 23.
Vgl. Grandin 1995, S. 18 f.
- 24.
„Eine Alternative zu der Darstellung durch eine Dachluke ist das Erklimmen eines Berges, der aber wiederum nur der Ausgangspunkt für die Bezwingung eines höheren Berges ist“ (Übersetzung D.L.), Grandin 1995, S. 19.
- 25.
Vgl. Grandin 1995, S. 20 f.
- 26.
Vgl. Grandin 1995, S. 15.
- 27.
Vgl. Grandin 1995, S. 17.
- 28.
„I have emotional memories that are place-specific“, Grandin 1995, S. 94.
- 29.
Vgl. Grandin 1995, S. 95.
- 30.
„For me to have empathy I have to visually put myself in the other person’s place. I can really emphasize with a laid-off worker because I can visualize his family sitting at the dining room trying to figure out how the bills will get paid.“ Vgl. Grandin 1995, S. 99. Diese Theorie des Mitgefühls ist nicht ganz unbekannt, denn sie findet sich schon in David Humes Treatise of Human Nature. Hume behauptet hier, dass der Weg zum Mitfühlen und zur Sympathie mit der anderen Person auf einer imaginativen Umstellung meiner eigenen Sicht in seine beruht. (Bei Hume bezeichnet sympathy sowohl ein grundlegendes Prinzip der menschlichen Natur als auch das Mitfühlen mit Anderen). Diese Theorie gibt Hume später auf, im Enquiry ist das Mitgefühl eine der natürlichen Operationen des menschlichen Geistes, die dieser instinktiv, naturwüchsig vollzieht, wenn er in eine bestimmte Lage gebracht wird. Die Theorie des Mitgefühls von A. Smith orientiert sich an der ersten Fassung von Humes Theorie.
- 31.
Vgl. das Beispiel von Park/Youderian bei Grandin 1995, S. 21.
- 32.
Vgl. Hua XIX, S. 96.
- 33.
Vgl. Grandin und Catherine Johnson 2005.
- 34.
Vgl. Grandin 1995, S. 201.
- 35.
Vgl. Grandin 1995, S. 201.
- 36.
Vgl. Grandin 1995, S. 63 ff.
- 37.
Vgl. Grandin 1995, S. 202.
References
Grandin, Temple (1995): Thinking in Pictures: And Other Reports from My Life with Autism, New York.
Grandin, Temple/Johnson, Catherine (2005): Animals in translation. Using the Mysteries of Autism to Decode Animal Behavior, Orlando.
Grandin, Temple/Johnson, Catherine (2009): Animals make us Human. Creating the Best Life for Animals, Boston.
Grandin, Temple/Scariano, Margaret (1996): Emergence: Labeled Autistic, New York.
Lohmar, Dieter (1998): Erfahrung und kategoriales Denken. Hume, Kant und Husserl über vorprädikative Erfahrung und prädikative Erkenntnis, Dordrecht (Phaenomenologica, 147).
Lohmar, Dieter (2005): „Die phänomenologische Methode der Wesensschau und ihre Präzisierung als eidetische Variation“, in: Phänomenologische Forschungen 2005, S. 65–91.
Lohmar, Dieter (2008a): Phänomenologie der schwachen Phantasie. Untersuchungen der Psychologie, Cognitive Science, Neurologie und Phänomenologie zur Funktion der Phantasie in der Wahrnehmung, Dordrecht.
Lohmar, Dieter (2013b): „Die Funktion des Typus bei Menschen und Tieren. Ein Beitrag zur Frage nach der kleinsten Einheit des Erkennens“, in: Römer, Inga/Wunsch, Matthias (Hrsg.): Person. Anthropologische, phänomenologische und analytische Perspektiven, Paderborn, S. 147–167.
Sacks, Oliver (1995): Eine Anthropologin auf dem Mars, Hamburg.
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Lohmar, D. (2016). Ein autobiographisches Beispiel für das „Denken in Bildern“. In: Denken ohne Sprache. Phaenomenologica, vol 219. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-319-25757-0_9
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