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Fälle, Fallstricke und die komparative Methode in der vergleichenden Politikwissenschaft

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Vergleichen in der Politikwissenschaft

Zusammenfassung

Der Vergleich nimmt in der Politikwissenschaft einen hohen Stellenwert ein. Kurt Sontheimer konstatiert in seinem klassischen Überblick über die vergleichende Politikwissenschaft, dass der Politikwissenschaftler vergleichen muss (1971: 112). Doch wie, was und warum verglichen wird, wird oftmals nicht reflektiert. So beginnt eine neuere vergleichende Analyse der Regierungssysteme Osteuropas mit dem Versprechen: „Die Arbeit ist nicht nur vergleichend, sondern ziemlich vergleichend“ (Rüb 2001: 19). Der Autor führt den Unterschied zwischen den einzelnen Vergleichstypen nicht aus, macht jedoch darauf aufmerksam, dass es verschiedene Grade des Vergleichs geben kann. Dieter Nohlen (1994b: 507–517) differenziert denn auch in seiner lexikalischen Definition zwischen der „umfassenden“ und „engen“ vergleichenden Methode. Die umfassende Methode bleibt dabei verschwommen, und es ist zweifelhaft, ob man dafür überhaupt den Begriff der Methode verwenden sollte. Denn jedes wissenschaftliche Vorgehen — und wohl auch jedes Alltagswissen — beruht auf Vergleichen. Damit wäre die Bezeichnung vergleichende Politikwissenschaft jedoch inhaltsleer und bedeutungslos.

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Literatur

  1. Fallinterne Vergleiche wenden verschiedene Techniken an, um die kausale Inferenz zu steigern (Campbell 1975; George 1979). Gerade auf diesem Gebiet sind in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht worden (Bates et al., 1999; Mahoney 1999; 2000; Hall 2003; George/ Bennett i.E.). Allerdings geben diese Studien, selbst wenn sie fallvergleichend angelegt sind, bis auf wenige Ausnahmen keine Wege für den Vergleich von Fällen an, die über die weiter unten dargestellten Millschen Methoden hinausreichen. Auch werden die Defizite der Generalisierung durch Studien mit kleiner Fallzahl nicht gelöst (Collier et al. 2004: 100).

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  2. Dabei können Vergleiche durchaus zunächst als Grundlage für die vergleichende Methode dienen, durch die Hypothesen generiert werden. Im Laufe des Forschungsprozesses sollten jedoch Hypothesen auch getestet und nicht nur aufgestellt und plausibel gemacht werden.

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  3. Auf Ausnahmen haben Collier u.a. (2004) hingewiesen.

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  4. Experimente können auch mit Hilfe von Kontrollgruppen durchgeführt werden. In dieser Versuchsanordnung werden zwei gleiche Gruppen untersucht. Eine Gruppe erhält einen Stimulus (Veränderung der unabhängigen Variablen), die andere nicht. Im nächsten Schritt wird dann der Unterschied beider Gruppen hinsichtlich der abhängigen Variablen untersucht.

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  5. Manchmal entstehen Situationen, die Quasi-Experimente ermöglichen. So kann der Effekt von Wahlsystemen bei einem Wechsel des Wahlsystems, wie 1993 in Neuseeland, untersucht werden. Oder es lassen sich die Volksbefragungen zum EU-Beitritt in Österreich, Finnland, Schweden und Norwegen als Quasi-Experiment betrachten (Jahn 1999).

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  6. Ebenso könnte man die Forderung stellen, dass alle bisher in Vergangenheit und Gegenwart existierenden (bzw. auch die zukünftigen) Gesellschaften ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Damit ließe sich aber keine repräsentative Stichprobe mehr ziehen.

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  7. Dies sieht auch Lijphart (1975: 166/7) so: „The logic of the statistical method requires that the entire universe of cases be taken into account in order to maximize control. If the universe becomes too large to handle, a representative sample should be drawn from it.“

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  8. An dieser Stelle erscheint es mir wesentlich darauf hinzuweisen, dass in einer Untersuchung, die alle demokratischen Länder berücksichtigt, nicht der Einfluss der Demokratie untersucht werden kann; hierzu benötigt man als Abgrenzung auch nichtdemokratische Staaten. Demokratie stellt lediglich ein Homogenisierungspotenzial für die Fallauswahl dar.

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  9. Theda Skocpol und Margeret Somers (1980) betrachten unterschiedliche historisch-vergleichende Studien. Neben den genannten Forschungsmethoden gehen beide auch ausführlich auf die makro-kausalen Analysen ein, die sich stark an John Stuart Mills Konkordanz- und Differenzmethode anlehnen und im weiteren Verlauf im Kontext nomothetischer Methoden noch diskutiert werden.

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  10. Die Grenze besteht allerdings darin, dass nicht alle vergangenen und zukünftigen Gesellschaften untersucht werden und somit durchaus Zusammenhänge bestehen können, die in den untersuchten Ländern nicht identifizierbar sind.

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  11. Die Daten wurden der CD-ROM zu dem Einführungswerk von Perry und Robertson (2002) entnommen, wobei der Index der wirtschaftlichen Freiheit so umcodiert wurde, dass hohe Werte eine große wirtschaftliche Freiheit bedeuten.

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  12. Die Variable wirtschaftliche Freiheit variiert über die 155 Länder empirisch zwischen 3,55 für Singapur mit dem höchsten Grad einer freien Wirtschaft und dem Irak mit 0,1 und der unfreiesten Wirtschaft. Das arithmetische Mittel liegt bei 1,90 mit einer Standardabweichung von 0,75. Betrachten wir die 34 Länder mit der höchsten wirtschaftlichen Freiheit, so erhalten wir einen Mittelwert von 2,90 und eine Standardabweichung von 0,23. In diesem Datensatz besitzt Peru mit 2,55 die unfreieste Wirtschaft.

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  13. Ein schlechtes Auswahlkriterium ist es ebenfalls, die Fälle anhand von vermuteten Kausalitäten auszuwählen. In dieser Situation werden die Fälle nach der abhängigen und einer wesentlichen unabhängigen Variable ausgewählt und es ist fast unmöglich, eine Hypothese auf Grundlage einer solchen Fallauswahl zu falsifizieren (King et. al. 1994: 142–144). Wie schon zuvor erwähnt, kann unter gewissen Bedingungen von dieser Forderung abgewichen werden (Brady/ Collier 2004). Allerdings führen solche abweichenden Forschungsdesigns eher zu fundamentalen Fehlinterpretationen als wenn man sich an die Regeln hält. Wie so oft kann man gewisse Regeln missachten, wenn man sich der Implikationen bewusst ist.

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  14. Dies wird auch durch Qualifikationsforderungen begünstigt, die davon ausgehen, dass Hypothesen möglichst bestätigt werden müssen. Beiträge, die Hypothesen lediglich falsifizieren, werden oftmals von Verlagen und Zeitschriften abgelehnt (Peters 1998: 135). Dieses Problem wird dadurch verschärft, dass Qualifikationsarbeiten aus (vermeidbaren) forschungspragmatischen Gründen häufig idiographische Studien oder Studien mit einer positiven Fallauswahl darstellen. Damit bieten viele junge Wissenschaftler immer wieder neue Theorieangebote an, die nicht hinreichend getestet wurden. Diese wissenschaftliche Sozialisation führt darüber hinaus dazu, dass dann idiographische Vorgehensweisen erlernt wurden und im späteren Wissenschaftlerleben kein Bedürfnis mehr besteht, auch nomothetische und möglichst repräsentative Studien durchzuführen.

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  15. Allerdings stoßen wir auch hier auf das Problem der probabilistischen Kausalmechanismen, welche die Eindeutigkeit der Untersuchungsergebnisse einschränkt.

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© 2005 VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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Jahn, D. (2005). Fälle, Fallstricke und die komparative Methode in der vergleichenden Politikwissenschaft. In: Kropp, S., Minkenberg, M. (eds) Vergleichen in der Politikwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80441-9_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-80441-9_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-13876-3

  • Online ISBN: 978-3-322-80441-9

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