Zusammenfassung
Für viele ist die Zeitdiagnose der Erlebnisgesellschaft, kaum daß sie auf dem Theoriemarkt erschienen ist, bereits veraltet. Ihr zeitdiagnostischer Gehalt scheint sich, gewissermaßen als Quintessenz einer Dekade, auf den Höhe- und Schlußpunkt der 80er Jahre zu beziehen (Müller 1993). Folgt man Peter Alheit (1995: 91) leben wir inzwischen in einer Zeit, „in der allenfalls notorische Zyniker mit diesem Deutschland die Assoziation Erlebnisgesellschaft verbinden“. Er bezieht sich dabei auf Phänomene, die häufig als gesamtgesellschaftliche Signatur der 90er Jahre angesehen werden: „Neue Armut“ und die rasante Rückkehr der Knappheit. Ohne etwas aus der Luft greifen zu wollen, kann man davon ausgehen, daß diese Auffassung eine weit verbreitete Meinung über das Verschwinden der Erlebnisgesellschaft wiedergibt. Verstärkt wird dieses Bild, wenn von neuen Spaltungstendenzen in Richtung auf die „Zwei-Drittel-Gesellschaft“ oder gar die „20:80-Gesellschaft“ die Rede ist. Die zweite Formel signalisiert, daß in den bisherigen Wohlfahrtsgesellschaften nur noch ein Fünftel der arbeitsfähigen Bevölkerung gebraucht werde, um die Weltwirtschaft in Schwung zu halten. Der große Rest werde arbeitslos, was dann den Abstieg der wohlstandsgewohnten Mittelschicht nach sich ziehe (Martin/Schumann 1996).
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Müller-Schneider, T. (1998). Subjektivität und innengerichtete Modernisierung. In: Hillebrandt, F., Kneer, G., Kraemer, K. (eds) Verlust der Sicherheit?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83316-7_8
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