Zusammenfassung
Siegfried Kracauer schrieb in seiner 1960 in den USA erschienenen Theorie des Films als Rechtfertigung für seine Beschäftigung mit einem im Zeitalter des Fernsehens offenbar vom Aussterben bedrohten Medium: „Drittens ist, nach Präzedenzfällen zu urteilen, die Ansicht, daß die derzeitige Vorliebe für das Fernsehen den Verfall des traditionellen Kinos nach sich ziehe, völlig ungerechtfertigt. Das Theater wurde totgesagt, als der Film in Mode kam; es hat aber dem Ansturm des Kinos nicht nur unbeschädigt standgehalten, sondern auf manche Arten von ihm profitiert. In ähnlicher Weise läßt die jüngste Entwicklung in Amerika darauf schließen, daß die Befürchtungen der großen Rundfunk-Stationen hinsichtlich der Auswirkungen des Fernsehens übertrieben sind. Der Triumph des Fernsehens, so scheint es, führt zu einer Teilung der Aufgaben zwischen den beiden Medien, die auch für den Hörfunk von Vorteil ist. Ebenso wird das Kino die Krise sicherlich überstehen. Seine Möglichkeiten sind bei weitem noch nicht erschöpft, und die sozialen Bedingungen, die seinen Aufstieg begünstigten, haben sich nicht wesentlich geändert“ (Kracauer 1964, S. 227). Was Kracauer hier zu bedenken gibt, gilt tatsächlich bis heute als „Konstante der Kommunikationsgeschichte“, nämlich, „daß noch niemals ein neues Medium ein älteres verdrängt hat“ (Lerg 1981, S. 193). Seit Wolfgang Riepl im Jahre 1913 das „Grundgesetz der Entwicklung“ der Nachrichtenmittel formulierte, ist der Erkenntniszugewinn der Kommunikationswissenschaft über das „Wettbewerbsverhältnis“ der publizistischen Medien eher marginal geblieben. Riepl formulierte: „Andererseits ergibt sich gewissermaßen als ein Grundgesetz der Entwicklung des Nachrichtenwesens, daß die einfachsten Mittel, Formen und Methoden, wenn sie nur einmal eingebürgert und brauchbar befunden sind, auch von den vollkommensten und höchst entwickelten niemals wieder gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt werden können, sondern sich neben diesen erhalten, nur daß sie genötigt werden können, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen (...).
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Kiefer, ML. (1989). Medienkomplementarität und Medienkonkurrenz. In: Kaase, M., Schulz, W. (eds) Massenkommunikation. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderhefte, vol 30. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83571-0_21
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