Kommunikationsprobleme in der genetischen Beratung und ihre Folgen für eine sinnvolle Kommunikationsberatung

Zusammenfassung

Die Zahl der genetischen Beratungen ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Diese Tatsache hat im wesentlichen zwei Ursachen: einmal die rapiden Entwicklungen humangenetischer Untersuchungsmethoden, die es ermöglichen, immer bessere und zuverlässigere Untersuchungen anzubieten, und zum anderen die gestiegene Nachfrage nach solchen Untersuchungen durch die Bevölkerung, die durch Presse, Fernsehen, Bekannte und Hausärzte über die Existenz und die Möglichkeiten der pränatalen Diagnostik zunehmend - manchmal mehr schlecht als recht - informiert ist. Kritisiert wird die genetische Beratung vor allem von einigen Behindertengruppen sowie vielen Feministinnen und Linken, die befürchten, daß die neuen Untersuchungsmöglichkeiten der Genetik zur Aufstellung neuer Normen führen, welche Druck auf die Frauen dahingehend ausüben, die Gesellschaft mit „Vermeidbarem“ nicht zu belasten. Das neue medizinische Angebot schafft eine neue Nachfrage und daher auch neue Werte. Es wird an eugenischen Programme der Nationalsozialisten mahnend erinnert (Weß 1986, Müller-Hill 1984, Weingart, Kroll & Bayerz 1988, Rothmann 1986, Hansen & Kollek 1987, Bradish et al. 1989). Diese Kritik ist ernst zu nehmen, und deshalb ist es wichtig zu wissen, was genau in solchen Beratungen abläuft.