Zusammenfassung
So plausibel der Grundgedanke ist, auf dem technische Modelle beruhen, daß es nämlich immer lohnt, sich einem Trend anzuschließen, so skeptisch sind nach wie vor zahlreiche Marktteilnehmer. Die Einwände kommen aus zweierlei Richtungen:
-
1.
Die Marktpreise von Währungen müssen sich in bestimmten erkennbaren Trends bewegen — gibt es keine einigermaßen dauerhaft nach oben oder unten weisende Trends, gibt es auch keine Gewinnmöglichkeiten. In der Tat geschieht es immer wieder, daß sich am Markt für längere Zeit keine feste Meinung durchsetzt und die Kurse nur mit geringen Abweichungen um einen konstanten Mittelwert herum schwanken — das ist die erwähnte Whipsaw-Situation. Kaufsignale werden ausgelöst, kurz bevor sich der Trend, der sich gerade etabliert zu haben schien, schon wieder umkehrt; dann erfolgt wenig später bei einem niedrigeren Kurs ein Verkaufssignal, und wieder erweist sich das als Fehler, weil die Abwärtsbewegung kurz darauf zu Ende ist, und so fort. Hierbei entstehen echte Verluste für den, der sich strikt an das Modell hält. Für eine Reihe von Wechselkursrelationen, beispielsweise DM/hfl oder DM/öS, sind trendlose Verläufe typisch. Bei ihnen lohnen sich technische Modelle von vornherein nicht. Aber selbst bei DM/$, DM/Yen oder DM/£ kommt es nicht nur zu ausgeprägten Trends, die das Extrapolieren ermöglichen, sondern stets auch zu längeren Perioden der Ungewißheit. Gute Modelle sind daher solche, die mit wenigen Signalen auskommen und auf Whipsaws möglichst nicht reagieren. Ein längeres Intervall zwischen ex post festgestellter Trendumkehr und Signal schützt weitgehend vor voreiligen Reaktionen, wobei die Kosten, die der Preis für diese Sicherheit sind, darin bestehen, daß die Gewinnmöglichkeiten, wie sie im nachhinein aus dem Verlauf der Kassakurse abgeleitet werden können, nicht voll genutzt werden. Sicherheit hat auch hier ihren Preis. Bei den Währungen, für die am Markt Modelle angeboten werden, gab es jedenfalls in der Vergangenheit genügend längerfristige Trends, die sich erfolgreich nutzen ließen. Kommt es allerdings eines Tages wieder zu einem Festkurssystem zwischen den wichtigen Währungen oder vielleicht zu verstärkten Interventionen mit dem Ziel, vorgegebene Kursmargen nach Maßgabe von Inflationsratendifferenzen zu verteidigen, würde es sich wohl nicht mehr lohnen, mit technischen Modellen zu operieren. Das gleiche gälte dann aber auch für alle anderen Verfahren. Von einem bevorstehenden Ende des Systems flexibler Wechselkurse kann aber für’s erste noch nicht die Rede sein.
-
2.
Ein anderer Einwand rührt aus der Überlegung, daß die Devisenmärkte effiziente Märkte sind in dem Sinne, daß neue relevante Informationen umgehend dazu führen, daß sich die Wechselkurse daran anpassen. Auch die Information, daß sich ein Trend herausgebildet hat, müßte sofort verarbeitet werden. Die Investoren würden allesamt ihre Positionen danach ausrichten, und der Trend wäre zu Ende, kaum daß er begonnen hat. Mit technischen Modellen wäre kein Gewinn zu erzielen. Gewinnen kann man nur, wenn die Trends von einiger Dauer sind; das wiederum heißt, daß die Märkte nicht effizient sein dürfen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1992 Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Ochynski, W., Wermuth, D. (1992). Nutzen der technischen Analyse. In: Strategien an den Devisenmärkten. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86280-8_30
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-86280-8_30
Publisher Name: Gabler Verlag
Print ISBN: 978-3-409-44108-7
Online ISBN: 978-3-322-86280-8
eBook Packages: Springer Book Archive