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Part of the book series: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften ((VG,volume G 361))

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Zusammenfassung

Die Prototypen der amerikanischen und der französischen Verfassungen des 18. Jahrhunderts lassen zwei grundverschiedene Ziele erkennen, die der Historiker Emile Boutmy beschreibt:

„Alle Deklarationen der Vereinigten Staaten sind in der Weise verfaßt, daß man sich vor Gericht auf sie berufen kann. Die Amerikaner dachten immer daran, daß sie in mehr als einem Verfahren vor dem obersten Gericht ihres Staates als Grundlage dienen würden, und sie haben sich ausschließlich damit beschäftigt, juristische Argumente vorzubereiten, Rechtsmittel, auf die man sich bei einem Verfahren würde berufen können, und der ganze Text trägt die Spuren dieser Absicht. Für die Franzosen ist die Deklaration nur ein oratorisches Meisterstück, die Artikel stehen da in abstrakter Reinheit, allein im Glanz ihrer Majestät und der Herrschaft der Wahrheit über die Menschen. Kein Gericht kann sie als Rechtsmittel verwenden oder sie zur Urteilsbegründung heranziehen. Zur Belehrung der ganzen Welt schreiben die Franzosen; die amerikanischen Verfassunggeber haben die Artikel ihrer Deklarationen zum Nutzen und zur Annehmlichkeit ihrer Mitbürger verfaßt.“109

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Literatur

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Isensee, J. (1999). Verfassung im Dienst rechtlicher und außerrechtlicher Zwecke. In: Vom Stil der Verfassung. Eine typologische Studie zu Sprache, Thematik und Sinn des Verfassungsgesetzes. Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, vol G 361. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88223-3_5

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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