Zusammenfassung
Im Rahmen der allgemeinen Entwicklungstendenzen von Industrialisierung, Verstädterung und sozialstrukturellem Wandel waren wirtschaftliche und soziale Dimensionen der Selbstverwaltung im 19. Jh. eng miteinander verknüpft. Kommunen hatten zentrale Aufgaben inne, die katastrophalen sozialen Verhältnisse auf dezentraler Ebene zu mildern und damit die Wirtschaftsentwicklung im Rahmen der privaten Eigentumsordnung zu garantieren und zu fördern. Folgende soziale Aufgaben in Kommunen, ganz besonders in Städten, lassen sich bereits für das 19. Jh. unterscheiden:
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Fürsorge für das geistige und wirtschaftliche Wohl (z. B. Volksschulen, Arbeitsvermittlung),
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Wohnungsfürsorge und Gesundheitspflege,
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Jugendfürsorge und körperliche Ausbildung der Jugend,
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Abwehr gemeingefährlicher Krankheiten und Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs,
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Hilfe in Notfällen und sozialer Gefahr, wozu auch der Bereich des Armenwesens und der Bau von Krankenhäusern gehörte,
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Bedürfnis des Rechtsschutzes (z. B. Einrichtung von Rechtsauskunftsstellen) und schließlich
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besondere soziale Aufgaben gegenüber den im Gemeindedienst Beschäftigten.146
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Literatur
Vgl. dazu auch: Artikel “Gemeinden, sozialpolitische Aufgaben”, in: Ludwig Elster/Adolf Weber/Friedrich Wieser (Hrsg.), Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 4, a.a.O., S. 770 ff.
Hugo Preuß, Die Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung, a.a.O., S. 286.
Wilhelm Blume, Kommunalpolitik, a.a.O., S. 291.
Alfons Labisch, Gemeinde und Gesundheit, in: Bernhard Blanke/Adalbert Evers/Hellmut Wollmann (Hrsg.), Die Zweite Stadt, Leviathan-Sonderheft 7/1986, S. 281.
Eine der wenigen Ausnahmen Hendrik Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung. Grundlagen der gemeindlichen Daseinsvorsorge, Stuttgart u.a. 1973.
Vgl. z.B. Eckhart Reidegeld, “Sozialpolitik”, in: Rüdiger Voigt (Hrsg.), Handwörterbuch zur Kommunalpolitik, a.a.O., S. 403.
Jürgen Gotthold, Privatisierung oder Entbürokratisierung kommunaler Sozialpolitik?, in: Rüdiger Voigt (Hrsg.), Abschied vom Recht? Frankfurt/M. 1983.
Einzelne Beiträge in: Regine Roemheld/Heinz Zielinski (Hrsg.), Kommune im Aufbruch, Frankfurt/M. 1983.
Udo Bullmann/Peter Gitschmann (Hrsg.), Kommune als Gegenmacht, Hamburg 1985.
Alfons Labisch, Entwicklungslinien des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Deutschland. Vorüberlegungen zur historischen Soziologie öffentlicher Gesundheitsvorsorge, in: Öffentliches Gesundheitswesen 44/1982. Florian Tennstedt, Vom Proleten zum Industriearbeiter. Arbeiter und Sozialpolitik in Deutschland 1800 bis 1914, Köln 1983.
Peter Marschalck, Zur Rolle der Stadt für den Industrialisierungsprozeß in Deutschland in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, a.a.O., S. 63.
Hans-Ulrich Hilles, Der gesellschaftliche und politische Wandel in Deutschland und seine Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung, in: Oscar W. Gabriel (Hrsg.), Kommunalpolitik im Wandel der Gesellschaft, Meisenheim 1979, S. 10.
Vgl. dazu auch Hugo Preuß, die Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland, a.a.O.
Gustav Schmoller, Ein Mahnruf in der Wohnungsfrage, zitiert nach: Jürgen Kuczynski, Geschichte des Alltags des deutschen Volkes, Bd. 4 (1871–1918), Köln 1982, S. 214.
O.V., Blume, “Gemeinden, sozialpolitische Aufgaben”, a.a.O., S. 773.
Alfons Labisch, Gemeinde und Gesundheit, a.a.O., S. 291.
Vgl. dazu:O.V. Mewes, Artikel “Wohnungsbau”, in: J. Brix u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch der Kommunalwissenschaften, Ergänzungsband H-Z, Jena 1927, S. 1445ff.
Zur Wohnungsbaupolitik auch mit längerfristigem Zeithorizont insgesamt: Dieter Eißel/Klaus Novy/Heinz Zielinski, Krise und Alternativen im Wohnungsbau, in: Memorandum ’81. Demokratische Wirtschaftspolitik gegen Marktmacht und Sparmaßnahmen, Köln 1981, S. 87–203.
Nach Heinrich Silbergleit, Finanzstatistik der Armenverwaltungen von 108 deutschen Städten, Leipzig 1902, S. 6.
Etats-Entwurf für die Stadt-Kasse Siegen per anno 1881, Siegen 1881
Hellmut WoUmann, Stadtpolitik — Erosion oder Erneuerung des Sozialstaats “von unten”?, in: Bernard Blanke/Adalbert Evers/Hellmut Wollmann (Hrsg.), Die zweite Stadt, a.a.O., S. 82.
Vgl. hierzu z.B. Klaus Brake, Zum Verhältnis von Stadt und Land, Köln 1981 (2. Aufl.), S. 83 ff.
Zitiert nach Brockhaus’ Konversations=Lexikon, 14. vollständig neu bearbeitete Auflage, Bd. 5, Leipzig u.a., 1901.
Alfons Labisch, Gemeinde und Gesundheit, a.a.O., S. 289.
Ausnahme bildet hierzu allerdings z.B. die jüngere Studie von Christoph Sachse/Florian Tennstedt, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland. Vom Spätmittelalter bis zum 1. Weltkrieg, Stuttgart 1982.
Vgl. z.B. Adrienne Héritier (Hrsg.), Policy-Analyse. Kritik und Neuorientierung (PVS-Sonderheft 24/93), Opladen 1993.
Wolf Dieter Narr/Alexander Schubert, Weltökonomie. Die Misere der Politik, Frankfurt/M. 1994, S. 261.
Hendrik Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung, a.a.O., S. 89.
Ebenda, S. 95.
Hans Jürgen Teuteberg, Eigenheim oder Mietskaserne: Ein Zielkonflikt deutscher Wohnungsreformer 1850–1914, in: Heinz Heineberg (Hrsg.), Innerstädtische Differenzierung und Prozesse im 19. und 20. Jahrhundert, a.a.O., S. 22 ff.
Deutscher Werkbund (Hrsg.), Beispiel — Experimente — Modelle. Neue Ansätze im Wohnungsbau und Konzepte zur Wohnraumerhaltung, Darmstadt 1981, S. 175.
H. Lauffenberg, Geschichte der Arbeiterbewegung in Hamburg und Umgebung, Bd. 1, Hamburg 1911, zitiert nach: ebenda, S. 40.
A. Gut, Artikel “Wohnungswesen”, in: J. Brix/H. Lindemann u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch der Kommunalwissenschaften, a.a.O., S. 1462.
Ebenda, S. 1446.
Vgl. dazu Josef Hoffmann, Kommunales Sparkassenwesen, in: Hans Peters (Hrsg.), HdKWP, Bd. 3, Berlin u.a. 1959.
Einzelne Belege bei: Eckart Sturm, Die Entwicklung des öffentlichen Dienstes in Deutschland, in: Carl C. Ule (Hrsg.), Die Entwicklung des öffentlichen Dienstes, a.a.O., S. 43.
So z.B. Hendrik Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung, a.a.O., S. 33.
Ebenda, S. 34.
Ebenda, S. 35.
Selbst im modernen Begriff der Bürgergemeinde war das gesellschaftliche und genossenschaftliche Element, das städtische mit dem agrarischen bereits im Ansatz miteinander verbunden. Die Gemeinde bedeutete ursprünglich den Grund und Boden, den ein Verband von Rechtsgenossen benutzen durfte, während damit bereits im 18. Jh. die Ortschaft mit all ihren Bewohnern bezeichnet wurde. Demgegenüber meint der Begriff vom Bürger den Bewohner der Stadt, die ein mit Mauern und Graben befestigter Ort war, in dem der Bewohner ein hohes Maß an Freiheiten hatte. Im Begriff der Bürgergemeinde ist also die verstädterte Gesellschaft vorweggenommen.
Hugo Preuß, Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften, a.a.O., S. 321.
So z.B. H. Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung, a.a.O., S. 37ff.; Jürgen Reulecke (Hrsg.), Die deutsche Stadt im Industriezeitalter Wuppertal 1978.
Z.B. Hans-U. Hilles, Der gesellschaftliche und politische Wandel in Deutschland und seine Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung, a.a.O., S. 23ff.
O.V. Jastrow, “Sozialpolitik”, in: Hans Peters (Hrsg.), Handwörterbuch der Kommunalwissenschaften, a.a.O., S. 1200.
Ernst-Ulrich Huster, Ethik des Staates. Zur Begründung politischer Herrschaft in Deutschland, Frankfurt/New York 1989, S. 74.
Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, a.a.O., S. 1087.
Beschreibung Berlins durch den Kriegsrat v. Cölin, zitiert nach Hugo Preuß, Die Entwicklung des deutschen Städtewesens, a.a.O., S. 284f.
Horst Matzerath, Urbanisierung in Preußen 1815–1914, a.a.O., S. 380.
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Zielinski, H. (1997). Soziale Funktion der kommunalen Selbstverwaltung. In: Kommunale Selbstverwaltung im modernen Staat. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89092-4_4
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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