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“Juden. Von überall”: Robert Neumanns An den Wassern von Babylon

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Exilliteratur in Großbritannien 1933 – 1945
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Zusammenfassung

Sein umfangreiches und komplexes Exilwerk weist den österreichischen Schriftsteller Robert Neumann als einen der produktivsten und relevantesten Schreiber im britischen Exil aus. Mit Struensee und Eine Frau hat geschrien befindet er sich noch in relativem Einklang mit einer der konstitutiven Tendenzen der Exilliteratur in den dreißiger Jahren1: der Modellierung historisch verbürgten Geschehens zu Faschismusanalysen bzw. -gegenkonzeptionen. Zwar liegen bereits diese Texte quer zum bestimmenden Postulat der ‘Volkstümlichkeit’, wie es insbesondere in der marxistischen Debatte (aber auch über diese weit hinausreichend) durchgesetzt wird, doch lassen sie sich ohne weiteres auf es beziehen. An den Wassern von Babylon besteht dem gegenüber aus zehn relativ autonomen Teiltexten, die durch eine Rahmenhandlung miteinander verbunden sind. Insofern knüpft der Text strukturell an traditionelle Novellenzyklen an (Richard A Bermann spricht im Zusammenhang mit Neumanns Roman von einem “tragischen Dekameron des Judentums”2) und bildet einen Rückgriff Neumanns auf eine Form, mit der er bereits 1931 in seiner Erzählung Das Schiff ‘Espérance’ experimentiert hatte.

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Literatur

  1. Vgl. zu Struensee den Aufsatz von Bruce Broerman, in dem die Konformität von Neumanns Roman mit “the German historical novel of the exile period” diskutiert wird; Broerman: 1983, 116.

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  2. In seinem Gutachten für die American Guild for German Cultural Freedom, für deren Romanwettbewerb Neumann das Manuskript eingereicht hatte; Exilarchiv der Deutschen Bibliothek, EB 70/117, American Guild/Robert Neumann; Schreiben Bermann o.D.

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  3. Vgl. Neumann: 1931, 14: “Berichtet wird hier von den Begebnissen in der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar auf dem Schiff Esperance — genauer: von Vorfällen und Gesprächen, die fast durchweg statthatten in einem umgrenzten Bezirk dieses Schiffes: in dem kleinen Rauchsalon auf dem Promenadendeck.”

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  4. Vgl. Freundlich: 1957, 98: “Und für jedes Schicksal eine andere Form; als unabgesandter Brief (Sephardi) oder als Plädoyer vor einem nur im Herzen des schuldig Verstrickten existierenden Gerichtshofes (Glückstein) oder als Krankengeschichte im Kapitel Zerstörung durch das Him.”

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  5. Vgl. Volosinov:1978, 154: “The basic tendency of the linear style is to construct clear-cut, external contours for reported speech, whose own internal individuality is minimized. Wherever the entire context displays a complete stylistic homogeneity (in which the author and his characters all speak exactly the same language), the grammatical and compositional manipulation [...] achieves a maximal compactness and plastic relief.”

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  6. Lodge: 1990, 30.

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  7. Vgl. Bachtin:1979, 169: “Die dialogische Orientierung des Wortes inmitten fremder Wörter (aller Grade und Arten der Fremdheit) bringt neue und wesentliche künstlerische Möglichkeiten im Wort, bringt einen besonderen künstlerischen Prosa-Charakter, der seinen vollkommenen Ausdruck im Roman gefunden hat, hervor.” (Herv.i.O.) 8 Lodge: 1990, 30.

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  8. Neumann: 1968, 33.

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  9. Scheck: 1982, 44ff.

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  10. Lodge: 1990, 35f.

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  11. Lodge: 1990, 36.

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  12. Lodge: 1990, 38.

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  13. l4 Bachtin:1979, 203.

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  14. Flusser: 1987, 43.

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  15. Neumann: 1987 [1939], 85; im folgenden im fortlaufenden Text als WB + Seitenzahl zitiert.

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  16. l7 Bachtin:1979, 282.

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  17. Bachtin:1979, 283.

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  18. Resten: 1957, 16.

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  19. Vgl. Jameson: 1991, 16: “[...] parody found a fertile area in the idiosyncracies of the moderns and their “inimitable” styles (...]. All these strike one as somehow characteristic, insofar as they ostentatiously deviate from a norm which then reasserts itself [...] by a systematic mimikry of their willful eccentricities.”

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  20. Vgl. Gilman: 1993, 95–108.

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  21. Gilman:1993, 95f.

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  22. Gilman: 1993, 209.

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  23. Ich verwende die Termini singulativ und iterativ unter Bezug auf Gérard Genette (vgl. Genette: 1980 [1972], 116f.).

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  24. White: 1990, 60.

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  25. Vgl. Kermode:1990, 37ff.

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  26. Vgl.Eagleton:1990.

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  27. Auf das Pastiche des Thora-Stils, in dem diese Sequenz gehalten ist, wird unten eingegangen.

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  28. Vgl. Exilarchiv der Deutschen Bibliothek EB 70/117, American Guild/Robert Neumann, Schreiben vom 14.9. 1938.

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  29. Vgl. Ps. 137: “Vergesse ich dich, Jerusalem, so verdorre meine Rechte. Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sein.”

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  30. Vgl. WB 5: Warum willst du sterben, du Haus Israel? Denn ich habe kein Gefallen am Tode dessen, so da stirbt, spricht der Herr Herr. Darum wende dich, und lebe.”

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  31. Es ist davon auszugehen, daß die Vorbemerkung nachträglich hinzugefügt wurde und daß es sich bei dem erwähnten “letzten Kriege” um den Zweiten Weltkrieg handelt: Der “Vorfall an der Grenze” setzt eine rigide Einwanderungspolitik nach Palästina seitens der britischen Mandatsmacht voraus, wie sie erst seit dem Weißbuchabkommen 1939 gegeben ist.

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  32. Scheck sieht im “Wasservogel”-Kapitel einen “Kurzroman” “über einen orthodoxen Juden”; Wasservogels Religiosität durchläuft jedoch vielfältige “Bekehrungsmomente” und pendelt innerhalb des traditionellen jüdischen Repertoires zwischen chassidischer und rabbinischer Lehre, Talmud- und Sohar-Exegese.

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  33. In seiner Autobiographie Ein leichtes Leben greift Neumann die Chronik-Form in ähnlicher Weise ironisierend als Bestandteile seiner eigenen Familienhistorie auf (vgl. Neumann: 1963, 188–192).

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  34. “Chronik” ist hier zunächst nicht als historiographischer Diskurs, sondern als biblische Textsorte gemeint.

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  35. Vgl. Bachtin:1978, 189ff.

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  36. Vgl. WB 25: “Ob er nach der Stadt Kischinew im Jahre 1894 nach Christi Geburt kam oder im Jüdischen Jahr 5655 nach Erschaffung der Erde, das wäre minder wichtig als die Beantwortung der Frage, ob er denn nun also wenigstens wirklich in diesem 1894er Jahre lebte, als er dort einzog — oder nicht vielmehr im Jahre 1611, oder im Jahre 1502, da der Kabbaiist Ascher Lecu-lin sich als einen Vorläufer des Messias bezeichnete, oder im Jahre 1399 zur Zeit des Posener Hostienschändungsprozesses. “

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  37. Buber: 1987, 15.

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  38. White: 1990, 33; Herv. D.W.

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  39. Köhler: 1993, 44.

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  40. Als ein klassisches Beispiel kann in diesem Zusammenhang die Formeltafel erachtet werden, die Greimas für die Struktur des Mythos erstellt hat; vgl. Greimas: 1972.

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  41. Frye:1976, 97.

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  42. Nicht zufällig repräsentiert der Protagonist das “Lächeln der Schlafenden”; vgl. hierzu die bei Buber archivierte chassidische Lehre: “Das eigentliche Exil Israels in Ägypten war, daß sie es ertragen gelernt hatten”; Buber: 1987 [1949], 838.

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  43. Vgl. 2.Mos. 178–16.

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  44. 2.Mos. 1711.

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  45. Buber: 1992, 144; vgl. auch 363: Hier wird der Kampf gegen Amalek als ein stets weiterzuführender konturiert, in dem es darauf ankommt, “das Gedächtnis Amaleks unter dem Himmel aus(zu)löschen und [...] nur noch dessen zu gedenken, was die Macht des Bösen dem Himmel angetan hat: wie sie die Scheidewand zwischen Gott und Israel errichtete und Gottes Schechina ins Exil trieb.”

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  46. Vgl. WB 315: “Und war ein großer Held in Israel, und ging von ihm aus ein solcher Schrekken und eine solche Erstarrung, daß kein Lebendiges aus Amalek ihm wagte sich entgegenzustellen, und stand ihm eins im Weg und floh nicht und kam er an das heran, daß er es schlage, so war’s nur ein Starrer und ein Stein.”

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  47. Vgl. hierzu z.B. Harold Bloom (Bloom: 1991, bes. 9–31), der den narrativen Kontrast zwischen dem Jahwisten und den anderen Autoren der jüdischen Bibel hervorhebt; David Penchansky (Penchansky: 1990) analysiert anhand des Hiob-Textes exemplarisch die interne Disparität biblischer Texte.

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  48. Vgl. hierzu Frank Kermodes prägnante Typologie biblischer Erzählstrategien (Kermode: 1990, 29–48).

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  49. Bachtin:1979, 232.

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  50. Rorty: 1992, 30.

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Wiemann, D. (1998). “Juden. Von überall”: Robert Neumanns An den Wassern von Babylon . In: Exilliteratur in Großbritannien 1933 – 1945. Kulturwissenschaftliche Studien zur deutschen Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89926-2_8

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