Zusammenfassung
Platon hat seine Absicht, eine Tradition — διαδοχή — zu begründen, deutlich kundgetan. Alles, was er hatte, den materiellen Besitz ebenso wie seine geistige Hinterlassenschaft, brachte er in eine Stiftung ein6. Mit dem wichtigen Ausdruck διαδοχή wird ebenso die Legitimität einer Erbfolge7 bezeichnet wie die sachgerechte Amtswaltung eines Sachwalters oder Treuhänders, der das ihm anvertraute Gut so verwaltet und später so weitergibt, daß die Erben es ohne Verlust oder Minderung empfangen.
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Literatur
Platons Testament, erhalten bei Diog. Laertios 3,41–43, zählt wenige, im ganzen unbedeutende Besitztümer auf; Platon verfügt, daß dieses wenige an einen noch unmündigen Neffen vererbt wird. Offenbar war die Akademie durch eine reiche Stiftung Platons derart ausgestattet, daß Platon zu der Zeit, als er sein Testament errichtete, in materieller Hinsicht nicht für die Akademie zu sorgen brauchte. Leider ist kein Zeugnis erhalten, das Auskunft gibt, wie die Akademie dotiert war und was die Stiftung umfaßte. Offenbar hatte Platon nahezu sein gesamtes Vermögen in diese Stiftung eingebracht; das Testament nennt nur das Wenige, das er für sich und seine Familie zu privater Nutzung vorbehalten hatte.
Bezeichnenderweise wird der Terminus aeaSoxt in hellenistischer Zeit zum zentralen Ausdruck, sowohl um die legitime Erbfolge in den Königshäusern der Diadochen, als auch um die Kontinuität der Lehr-Überlieferung in den Philosophenschulen zu bezeichnen. Daß alles Philosophieren an die Legitimität einer gültigen Überlieferung geknüpft sei, machte Sotion von Alexandreia zum tragenden Gedanken seiner zwischen 200 und 170 v. Chr. verfaßten Schrift dcaaoxaí.
Dieser Abschnitt wird herkömmlicherweise als die Alte (oder Ältere) Akademie bezeichnet. Schon antike Einteilung ließ mit Arkesilaos eine Mittlere, mit Karneades eine Neuere Akademie beginnen. Für die Neuerung des Antiochos (vgl. unten S. 14) ließ dieses Schema keinen Platz — ein wichtiger Grund dafür, diese Schematik in den Anfang des 1. Jahrhundert v. Chr. zu datieren.
So Cicero, ac. post. 45; Luc. 75.
Nach einer Notiz bei Sextos Emp., Pyrrh. Hyp. 1,234, hat Arkesilaos trotz seinem Bekenntnis zur Aporetik begabten Schülern — zoiç evTvsosv — Zugang zu Platons Lehre eröffnet. Zu Unrecht hat man einen heimlichen Rückfall des Arkesilaos in die von ihm preisgegebene altakademische Dogmatik vermutet. Die Notiz muß richtig so verstanden werden: Platons Schriften enthalten reiches Material, mit dessen Hilfe die Schüler mit der aporetischen Methode vertraut gemacht werden. Indem man bei der Einübung der Methode auf den Gründer der Schule rekurriert, unterstreicht man, daß man eben die wahre 61a6oxli einhält. Sextos a. O. stellt Arkesilaos zunächst als den vollkommenen Anhänger Pyrrhons dar (232. 233); erst die abschließende Notiz (234) schränkt dieses Lob ein. Schon Sextos verstand nicht mehr, in welchem Sinne Arkesilaos die von ihm eingeschlagene Richtung Platon gegenüber vertrat; darum macht er sich den Vorwurf zu eigen, Arkesilaos sei sich selbst untreu geworden.
20 Cicero läßt Luc. 142 die These fallen, Platon sei reiner Aporetiker gewesen; er weist darauf hin, daß nach Platon alle Erkenntnis in Stdvota und vovç ihren Ort hat — cogitationis ipsius et mentis esse voluit. Diese zentrale Lehre, so tadelt Cicero, habe Antiochos schlechthin ignoriert.
Antiochos erlebte im Gefolge des Lucullus den Sieg der Römer bei Tigranokerta, 7. 10.69 v. Chr. mit; kurz darauf starb er. Sein Bruder Aristos leitete, gewiß im Sinne des Antiochos, die Akademie; Cicero besuchte ihn Ende Juni des Jahres 51 v. Chr.; vgl. ad Att. 5,10,5. Danach fehlt mehr als 100 Jahre jegliches Zeugnis von der Akademie; erst Plutarch, der von ca. 45 bis nach 120 n. Chr. lebte, erwähnt wieder die Akademie: er war während seiner Jugend, etwa 63–68, Schüler der Akademie, deren damaligen Leiter
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Dörrie, H. (1976). Verlust der Tradition. In: Von Platon zum Platonismus Ein Bruch in der Überlieferung und seine Überwindung. Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, vol 211. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-90050-0_2
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