Gesellschaftspolitische Arbeit der katholischen Kirche in Deutschland vor neuen Herausforderungen

Zusammenfassung

Wenn sich die Kirchen zu wirtschaftlichen und sozialen Fragen äußern (zum Beispiel Konsultationsprozess) oder sich in Erklärungen positionieren, dann löst dies bei einigen sowohl außer- wie innerkirchlich immer wieder Irritationen und Verwunderung aus. Überschreitet die Kirche damit nicht ihren „Zuständigkeitsbereich“? Stößt sie nicht mit ihren Äußerungen zu wirtschaftlichen und sozialen Fragen sehr schnell an die Grenzen ihrer Kompetenz? Wäre die Kirche — so hört man dann auch aus dem innerkirchlichen Bereich — nicht besser beraten, wenn sie sich auf ihr ureigenes Feld, ihre „religiöse Nische“ beschränken würde, wäre sie dadurch nicht authentischer, weniger disparat und angreifbar? Die „klassische“ Antwort lautet angesichts des II. Vatikanums und Centesimus Annus: Die Kirche hat nicht nur das Recht, sich zu sozialökonomischen Fragen zu äußern, sondern es ist ihre Pflicht. Der Auftrag des Evangeliums, „Salz der Erde und Sauerteig in der Welt“ zu sein, ist nicht vereinbar mit einer „splendid isolation“. In modernen, hochvernetzten und pluralistischen Gesellschaften ist eine abgeschottete religiöse Sondergesellschaft wohl auch nicht zukunftsfähig. Die Aufgabe der Kirche, die Kirche in dieser Welt und in dieser Gesellschaft mit ihren Problemen und Herausforderungen sein muss, ist es, sich in Welt und Gesellschaft direkt einzumischen und dabei Anwalt der Bedürftigen zu sein. Sie muss sich in einen Dialog mit der Gesellschaft so einbringen, dass gesellschaftliche Strukturen und das Handeln des Einzelnen nach den Idealen und Wertvorstellungen des Evangeliums beeinflusst, gestaltet und verändert werden.