Zusammenfassung
In den folgenden Kapiteln sollen drei repräsentative Lyriker der Epoche vorgestellt und unter bestimmten Gesichtspunkten miteinander verglichen werden. Die getroffene Auswahl ist dabei exemplarisch gemeint: Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke und Stefan George sollen beispielhaft stehen für die krisenhafte, verunsicherte Situation des bürgerlichen Künstlers im Zeitalter von Monopolkapitalismus und Imperialismus und für die daran gebundene Legitimationskrise der Kunst überhaupt. Ihre Werke sollen aber darüber hinaus als beispielhafte Versuche aufgefaßt werden, jene Krise in einem bestimmten Sektor der künstlerischen Produktion — eben in der Lyrik — auf jeweils verschiedene Weise zu bewältigen. Es gibt gute Gründe dafür, solchen Fragen gerade anhand der Lyrik nachzugehen. Herkommlicherweise nämlich hat man, wie Hegel in seiner Ästhetik, die lyrische Poesie als die subjektivste, im äußerlichen Sinne ent-stofflichte Dichtgattung angesehen1; als diejenige Gattung, die in ihrer spezifischen Sprachform, in der besonderen Weise, in der sie Realität auswählt und verarbeitet — am ehesten dazu neigt, sich von außerkünstlerischen, außersprachlichen Zwecken und Bezügen zu lösen, also autonom zu werden; oder — mit einem Schlagwort der Epoche — ‚Kunst um der Kunst willen‘ (l’art pour l’art) zu werden. Es liegt nun auf der Hand, daß in einer Dichtungsform, die sich wesentlich als Medium von Subjektivität, von individuellen Empfindungen definiert, auch eine Subjektivitätskrise von der angedeuteten Art, d. h. eine gesellschaftlich verursachte Verunsicherung der Künstlerexistenz und des künstlerischen Selbstbewußtseins, sich besonders deutlich geltend macht.
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Literaturhinweise
Hugo von Hofmannsthal: Gedichte und kleine Dramen, Frankfurt 1974 (= Bibliothek Suhrkamp 174).
Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke, hrsg. von Herbert Steiner, 15 Bde., Stockholm und Frankfurt 1945–1959.
Werner Volke: Hugo von Hofmannsthal in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 1967 (= Rowohlts Monographien 127).
Hermann Broch: Hofmannsthal und seine Zeit. Eine Studie, Frankfurt 1974 (= Bibliothek Suhrkamp 385).
Theodor W. Adorno: George und Hofmannsthal. Zum Briefwechsel, in: Th.W. A.: Prismen. Kulturkritik und Gesellschaft, Berlin und Frankfurt 1955, S. 232 ff.
Zum Gedicht „Manche freilic…“:
Wolfgang Kayser: Das sprachliche Kunstwerk. Eine Einführung in die Literaturwissenschaft, 9. Aufl. Bern und München 1963, S. 311 ff.
Franz Norbert Mennemeier: Gesellschaftliches beim jungen Hofmannsthal, in: Joachim Bark (Hrsg.): Literatursoziologie, Bd. II: Beiträge zur Praxis, S. 181 ff.
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Schütz, E., Vogt, J. (1977). Hugo von Hofmannsthal. In: Einführung in die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts. Grundkurs Literaturgeschichte, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91932-8_8
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