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Zeitgeschichtliche Stilübung und ‚Second Hand Analysis‘

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Paradigma Politische Kultur
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Zusammenfassung

Der Beitrag H.RAUSCHs1 ist beispielhaft für einen eklektisch-dilettantischen Gebrauch des Politische Kultur-Konzepts.2 RAUSCH versucht die Hypothese, in der Bundesrepublik habe sich „ein beachtenswertes demokratisches Potential ausgebildet und eine gefestigte politische Kultur entwickelt“3 zu falsifizieren. Er folgt in wenigen, äußerst knappen Bemerkungen der PYEschen lexikalischen Definition4 und greift sich einige theoretische Begriffe ALMONDs und VERBAs heraus. Seine Kritik an deren Konzeption bezieht er — aus zweiter Hand5 — auf die wissenschaftliche Begriffsbildung, wie auf inhaltliche Mängel.6 Wenn RAUSCH trotz seiner Bedenken von der Brauchbarkeit des Ansatzes spricht, dann nur „wenn der Anspruch nicht zu hoch gesetzt wird, sondern es einfach nur darum geht, die vorherrschenden Einstellungen, Glaubenshaltungen und Verhaltensweisen einer Bevölkerung zum politischen System und zur politischen Ordnung kennenzulernen.“1 Eben darum geht es seit 1956! — Ein entsprechendes Verständnis von Politischer Kultur findet RAUSCH bei DEVINE2 und in den SMENDschen ‘Integrationstypen’,3 die den Subsystemen des Systems Politischer Kultur entsprächen.4

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Literatur

  1. Vgl. H.RAUSCH,1980, Politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin; vgl. ferner H.RAUSCH, 1979, Ein Aspekt Politischer Kultur. Die Einstellung zu den Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland, in: Civitas 16 (1979), S. 134–153.

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  2. Wenn ich die Arbeit von RAUSCH trotzdem hier aufnehme, dann geschieht es zum einen der Vollständigkeit halber, zum anderen aber, um Klarheit gegenüber einer (preiswerten) Neuerscheinung zu schaffen, die das Thema - und damit seine Glaubwürdigkeit - ‘besetzt’!

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  3. Vgl. H.RAUSCH, 1980:9.

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  4. Vgl. H.RAUSCH, 1980:11; vgl. L.W.PYE, 1968, Political Culture, in: D.L.SILLS (ed.), International Encyclopedia of the Social Sciences, Vol. 12, New York 1968, 5. 218.

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  5. Hier stützt sich RAUSCH (1980:12 f.) auf J.GEBHARDT, 1977, Politische Demokratie und soziale Gewaltenteilung in Schweden, in: Civitas, 15/1977, einem der Politischen Kultur-Forschung gänzlich unbekannten Beitrag.

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  6. Vgl. H.RAUSCH, 1980:13. “Kritik ist aber auch an der inhaltlichen Füllung der Konzeption angebracht. Almond und Verba haben sie im Zusammenhang mit ihrer bereits erwähnten Studie 1959 fundiert. Ihr Ausgangspunkt ist eine einmalige Umfrage, die statisch erschlossen wird. Unberücksichtigt bleibt der Faktor ‘Zeit’. Was geliefert wird, ist eine Momentaufnahme, die photographische Ablichtung eines Sachverhaltes, zu dessen Darstellung eigentlich ein laufender Film erforderlich gewesen wäre. Diese Entwicklungsdynamik fehlt, weil Veränderungen in den Einstellungen der Bürger nicht erfaßt werden. Insbesondere wird der Generationenwechsel nicht gesehen (Kohortenanalyse), sondern auf Altersstufen als Indikatoren verharrt. Auch wären weitere Differenzierungen nach Alter, Geschlecht, sozialer Schichtung und Regionalität notwendig. Zudem unterschätzten Almond und Verba die Rückwirkung politischer Institutionen auf politisches Verhalten und Engagement, bewerten Lage, Größe und/oder Macht eines Landes in Geschichte und Gegenwart, die weltpolitische Konstellation und das nationale Interesse zu gering. Ferner vernachlässigen sie die Kooperationsfähigkeit des einzelnen mit anderen Individuen im privaten wie im politischen Bereich, also die Bedeutung intermediärer Gruppen, überbewerten jedoch die Beteiligung als Beurteilungsmaßstab. So ist ihnen das Schweigen zu politischen Vorgängen Ausdruck der Unzufriedenheit, während dieses umgekehrt gerade als Zustimmung gedeutet werden kann, wovon das geflügelte Wort von der ‘schweigenden Mehrheit’ zeugt. Auch gehen sie zu wenig auf die Unterschiede in der politischen Kultur der Elite und der der Massen ein. Ganz allgemein ist der Einwand angebracht, daß sich die Verfasser zu stark vom Demokratieverständnis und den Verhältnissen in den USA leitenlassen und diese als Muster einer ‘civic culture’ ansetzen, also eine (die eigene) politische Kultur überbetonen.” (H.Rausch, 1980, Politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland, S.13.)

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  7. Vgl. H.RAUSCH, 1980:14.

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  8. Vgl. D.J.DEVINE, 1972, The Political Culture of the United States, Boston. Dessen Verständnis von Politischer Kultur als “historischem System weit-gestreuter grundlegender politischer Werte der Systemangehörigen” und als “Einstellungswerte, wie sie tatsächlich in Beziehung auf das System und die Gemeinschaft angenommen werden”, sei offen und zugleich historisch gesättigt genug, um fundierte Aussagen zu ermöglichen.

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  9. Vgl. R.SMEND (1928), Verfassung und Verfassungsrecht. - ‘Integrationstypen’ umfassen danach Identitätsvoraussetzung, Artikulation durch Symbole und Personen, Anerkennung und Unterstützung von Spielregeln.

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  10. Vgl. H.RAUSCH, 1980:14.

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  11. Vgl. H.RAUSCH, 1980: 15. Deren Daten seien “mit Mängeln behaftet, als sie nicht im Zusammenhang mit speziellen wissenschaftlichen Fragestellungen erhoben wurden. Die Gefahr, sie überzubewerten, liegt auf der Hand. Auch können durch die Art der Fragestellung angebliche soziale Tatbestände methodische Realitätskonstruktionen sein. Neben die Problematik der Fragestellung tritt bei den zu benutzenden Erhebungen auch diejenige der Repräsentativität. Meinungsumfragen geben augenblickliche Stellungnahmen zu bestimmten Fragen wieder. Da die Umfragen über Einstellungen zu Demokratie und Politik nur Nebentätigkeiten der Meinungsforschungsinstitute sind, wurden auch die Methoden nicht so verfeinert wie etwa in der Wahlforschung. Deshalb ist bei aller Anerkennung der Auswahlkriterien eine statistische Repräsentativität eben doch nicht gewährleistet, so daB die Ergebnisse nur mit Einschränkungen zur Erfassung politischer Kultur in der Bundesrepublik Deutschland herangezogen werden können.” (Ebda. )

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  12. Vgl. H.RAUSCH, 1980, Politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland, S.16 ff. Er versucht, “alte und neue (?) Traditionen” zusammenzufassen: Konfliktunfähigkeit, unpolitische Haltung und Einstellung, etatistische Tradition, Formalismus, Kommunikationsverweigerung und Sprachveränderung.

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  13. Ist schon der Begriff einer ‘neuen Tradition’ höchst fragwürdig, so zielt RAUSCH inhaltlich besonders auf “eine neue Ausprägungsform bewußt herge- stellter Anti-Kultur als Systemkritik, nämlich den Bereich der Kommu- nikationsverweigerung und der Sprachveränderung.” Vgl. H.RAUSCH, 1980:25.

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  14. RAUSCH unterscheidet: 1) die ‘Besatzungszeit’ (1945–1949), 2) die Ara Adenauer (1949–1961), 3) die Übergangsphase der Anpassung des Parteien-systems (1961–1966), 4) die Zeit der Großen Koalition (1966–1969), 5) die sozial-liberale Koalition und Reformbereitschaft (1969–1973), 6) die Phase einer pragmatischen Machbarkeit des Politischen aufgrund weltpolitischer Bedingungen (seit 1974). Vgl. H.RAUSCH, 1980:39 ff.

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  15. Um nur ein Beispiel (I) für RAUSCHs ‘Wertwandel-Thesen’ zu geben: “So sehr Schmidts außenwirtschaftliches Engagement auch anzuerkennen ist, so spürbar für die deutsche politische Kultur war seine Zurückhaltung in der Rentenfrage.” Vgl. H.RAUSCH, 1980: 59.

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  16. Vgl. H.RAUSCH, 1980:60 “Politische Kultur - gemessen!”

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  17. Im einzelnen interessiert sich RAUSCH für: Politisches Interesse allgemein (und nach politischen Gegenständen), Urteile über Politik, Meinungen über politische Einflugnahme, Zufriedenheit mit der politischen Ordnung der BRD, Zufriedenheit mit der Demokratie (als beste Staatsform), Vertrauen in die Regierung, Soll-und Ist-Beschreibung einer Demokratie, Eigenschaften eines guten Demokraten, Einstellungen zur Teilnahme an Wahlen, Einfluß der Institutionen, Zustimmung zur Politik der Bundeskanzler, Einschätzung von Regierung und Opposition, Einschätzung der politischen Institutionen. Vgl. H.RAUSCH, 1980: 61–76.

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  18. RAUSCH erklärt dazu äußerst ‘vielsagend’: “Politischer Stil und politische Kultur sind nicht identisch, doch drückt sich in jenem ein Teil dieser aus.” Vgl. H.RAUSCH, 1980, Politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland, S.81.

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  19. Den Terminus übernahm RAUSCH von J.WEBER, 1973, Politischer Idyllismus. Formen, Folgen und Ursachen eines politischen Einstellungsmusters, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 26/1973. Vgl. H.RAUSCH, 1980:88 ff.

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  20. Vgl. H.RAUSCH, 1980:55.

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  21. Vgl. H.RAUSCH, 1980:95.

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  22. Vgl. H.RAUSCH, ebda.

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  23. Vgl. H.RAUSCH, ebda.

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  24. RAUSCHs ‘unverständliches Verständnis’ von Politischer Kultur findet man beispielsweise im folgenden, wenn er erklärt “… die Hauptschwäche des wissenschaftlichen Konzeptes der Politischen Kultur (sei) eine Teilnahme ohne Identifikation, die auch durch Integrationselemente nicht ausgeglichen werden kann, demnach eine bloße Input-Orientierung und ihre Rückkoppelung an den Output, ohne danach zu fragen, auf welchem beide zustande kamen, also unter Ausklammerung der politischen Institutionen.” Vgl. H.RAUSCH, 1980:88. - Auch wenn RAUSCH dabei fälschlicherweise vielleicht nicht das ‘wissenschaftliche Konzept’, sondern eine Zustandsbeschreibung der deutschen Politischen Kultur nach 1945 meint (wie etwa bei ALMOND/VERBA 1963), der Lapsus steht für seinen Umgang mit dem Konzept.

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  25. Kennzeichnend dafür erscheint mir sein Satz: “Oh deutscher Tiefgang, oh stetes Bemühen, alles in Theorie erfassen zu wollen!” Vgl. H.RAUSCH, 1980: 89.

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  26. Ich meine hier sein ‘Ordnungsdenken’ und Verfassungsverständnis, wie RAUSCH sich etwa zu Identitätslehre, Demokratisierung, Emanzipation, Legitimität und Kritik äußert. Man vgl. etwa: “DaB auch die im Bundestag vertretenen Parteien ihren negativen Anteil an der Auflösung von Begriffen und an der Verfälschung historischer Tatbestände haben, ist unbestritten. In einer gefestigten, historisch gewachsenen Demokratie kann man es hinnehmen, daß politische Narren aufkünden. In einer jungen Demokratie sollten die Parteien ihrer erzieherischen Aufgabe gerechter werden. Dazu ist krampfhafte Polarisierung ein unbefriedigendes Mittel. Die politischen Eliten wissen weitgehend um ihre politischen Scheinkämpfe; in der politischen Gefolgschaft aber entsteht daraus leicht der fatale Eindruck einer Feind-und nicht Gegnerschaft in der Politik.” Vgl. H.RAUSCH, 1980:27 f.

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  27. Das zeigt sich deutlich in RAUSCHS Sprache, wenn er z.B. von ‘Unpolitik in Teilbereichen des Bewußtseins’, ‘Freiheit des Bauches’, ‘entblödet’, ‘politische Narren’, ‘Scharlatane’, ‘Verächtlichmachung’, ‘höhnische Umschreibung’- ‘Rezessiönchen’ u.v.a.m. spricht.

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  28. Man vgl. z.B. sein Kapitel über den von ihm gewählten Indikator “Terrorismus und freiheitlicher Rechtsstaat”. Vgl. H.RAUSCH, 1980:35 ff.

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Rausch, H. (1985). Zeitgeschichtliche Stilübung und ‚Second Hand Analysis‘. In: Paradigma Politische Kultur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97171-5_38

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97171-5_38

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