Zusammenfassung
Die „Verweigerung aus Gewissensgründen“ ist die individuelle Ablehnung des Militärdienstes, sei es in Friedenszeiten oder in Kriegszeiten. Sie wirft ein zweifaches philosophisches Problem auf: der Verweigerer lehnt sich gegen die Gesellschaft auf: kann er seine Auflehnung rechtfertigen und wie kann er sie rechtfertigen? Kann die Gesellschaft diese Auflehnung zulassen? Und zu welchen Bedingungen?
Erschien unter der ständigen Rubrik: Questions pratiques. 1972 mit kleineren Veränderungen wieder ver öffentlicht in „Études politiques“. Die hier übersetzte Fassung basiert auf dem Original von 1934. In den Fußnoten finden sich die von Aron für die Fassung in „Études politiques“ vorgenommenen wichtigeren Veränderungen (gekennzeichnet mit „EP“; die Seitenangabe des ursprünglichen Textes ist mit „RMM“ gekennzeichnet.
Dieser Artikel fehlt merkwürdigerweise in der deutschen Ausgabe der „Etudes politiques“ von 1974 (Zwischen Macht und Ideologie; Wien: Europa-Verlag) Zu seiner Geschichte vgl. Arons Gedenkrede auf Halévy von 1970: Pour le centenaire d’Élie Halévy; Bulletin de la Société française de philosophie, t. 65,1 (Janvier-Mars 1971), sowie den Brief von Ehe Halévy an Aron vom 30. November 1933, in dem Halévy zu Beginn den Eingang von Arons Artikel bestätigt; abgedruckt in Commentaire Nr. 28/29 (Februar 1985 ); p. 298.
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Literatur
In Paris fand Anfang August 1933 der nationale Kongress der Gewerkschaft der Volksschullehrer statt, der einen Antrag gegen die Mithilfe der Volksschullehrer bei der Vorbereitung auf den Kriegsdienst ver¬abschiedete. Der Text des Antrags in Le Temps, 7. August 1933; p. 3. Vgl. dazu oben, Einleitung, p. 14.
In Europa wäre es praktisch vielleicht möglich, die empfindlichsten und gefährlichsten Konflikte zu lö sen, wenn man auf allen Seiten denselben Willen zum Frieden und zur Einigung voraussetzte. Aber wir stellen hier allein die prinzipiellen Fragen.
EP 345: intérêt national (anstatt RMM 136: intérêt).
Dieser Punkt erscheint mir dermaßen unstrittig, daß es mir unnütz erschienen wäre, ihn zu genauer aus zuführen, wenn nicht M. Philip, der offizielle und in dieser Frage recht ungeschickte Anwalt der Verwei-gerer, von der Ablehnung der entwürdigenden militärischen Disziplin gesprochen hätte. (Cahiers des Droits de l’Homme, Oktober 1933, p. 619.)
Und folglich kann man sich vorstellen, daß der Staat diese Verweigerung anerkennt.
Er stellte sich vielleicht die Verweigerung aus Gewissensgründen einfach als ein wirksames Mittel ge gen den Krieg vor.
In der Praxis ist der Bürgerkrieg sicherlich nicht weniger grausam, als der Krieg zwischen Nationen.
EP 347: Il est contradictoire d’appartenir à un parti qui prépare la révolution... (anstatt RMM 139: II est donc absurde de fonder l’objection de conscience sur les horreurs de la guerre moderne, contradictoire d’appartenir à un parti...)
EP 348: Je ne prétends pas que guerre civile et guerre étrangère ne présentent pas, en fait, des différen ces. (Anstatt: RMM 140:...guerre civile et guerre étrangère ne soient pas, en fait très différentes.)
Dies war die Position Alains.
EP 349: Comment discerner les vrais responsables? (Anstatt RMM 141: Ensuite, il est difficile de mar¬quer les vrais responsables.) Anspielung auf den Kriegsausbruch 1914 und die Kriegsschuldfrage.
EP 349: Enfin, avant de condamner toute volonté d’expansion, ne faudrait-il pas que les richesses du monde fussent équitablement réparties! (Anstatt RMM 141: Et, enfin, la volonté d’expansion ne serait toujours condamnable que si les richesses du monde étaient équitablement distribuées.)
EP 349: On oublie que les prolétariats partagent jusqu’à un certain point le sort de leurs bourgeoisies re¬spectives...(anstatt RMM 141: On oublie que les prolétariats sont aujourd’hui solidaires de leurs bour¬geoisies respectives...)
EP 350:... mais de quel droit comparer des valeurs réalisées à un idéal que les hommes n’atteindront ja¬mais? (Anstatt RMM 142: mais est-il équitable de comparer des valeurs réalisées à un idéal que le monde réel ne rejoindra jamais?)
EP 351: Une fois membre d’un groupe, un entre plusieurs, il s’efforce d’influer sur la politique de ce grou¬pe selon ses convictions. (Anstatt RMM 143: Une fois qu’il s’est situé dans son groupe et qu’il a situé son groupe parmi les autres, il lui reste à influer sur la politique de ce groupe selon ses convictions.)
Vgl. dazu unten, Text Nr. 30: Über den Verrat.
Das Prinzip der Gewissensfreiheit (liberté de conscience) umfaßt die Freiheit zu denken, zu schreiben, Propaganda zu treiben und die Religionsausübung. Es beinhaltet für das Individuum weder das Recht, den Gesetzen keine Folge zu leisten, noch immer dann eine gesonderte Behandlung zu verlangen, wenn das von der Mehrheit beschlossene und allen auferlegte Gesetz seinen Überzeugungen widerspricht. Es reicht also nicht, wie M. Philip schreibt, daß die Ablehnung des Militärdienstes sich auf eine Tradition gründet, damit man sie, im Namen der Freiheit, anerkennen muß.
Die Anerkennung der Verweigerung kann nur zugunsten einer so verstandenen Verweigerung vorge¬stellt werden, wie wir sie eben aufgezeigt haben. Jedes Mitglied einer revolutionären Partei ist a priori aus dem Kreis der Verweigerer ausgeschlossen. Wenn der Staat bei einem Verweigerer einen politischen Willen vermutet, dann muß er ihn wie einen Anarchisten oder einen Revolutionär behandeln und bestra¬fen.
EP 351f.: comparer l’objection de conscience et l’objection des contribuables ne résiste pas à l’examen. (Anstatt RMM 144:... est absurdité pure.)
EP 352: De telles contraintes sont normales dans l’ordre temporel. (Anstatt RMM 144’...sont banales...)
Vgl. Les Cahiers des Droits de l’Homme, 33.]g., No 26 (20. Oktober 1933 ), p. 617.
EP 352: Enfin l’État, qui, sans renoncer à se défendre par les armes, reconnaîtrait la loi du Christ même en une seule circonstance, offrirait un modèle de libération. (Anstatt RMM 145:... un tel État apparaîtrait à tous les yeux comme le modèle du libéralisme.) Or, le régime français tire quelque force de sa valeur morale (au moins relative). (Anstatt RMM 145: Or, la valeur morale (au moins relative) du régime français est aujourd’hui un des soutiens de sa puissance.) Dieser Satz über den moralischen Wert des französischen Regimes (gegenüber dem Nationalsozialismus) weist darauf hin, daß die in der Veröffent¬lichung von 1972 vorliegenden Änderungen am Text nicht auf einem aus den Dreißiger Jahren stammen¬den Manuskript beruhen können, sondern höchstwahrscheinlich Anfang der siebziger Jahre vorgenom¬men wurden.
EP 352:...selon laquelle les lois faites par la majorité s’imposent à tous. (Anstatt RMM 145:...sont impératives pour tous.)
EP 353:...que le pouvoir exige du citoyen contre l’étranger? (Anstatt RMM 145:...que le pouvoir ensuite exige du citoyen...)
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© 1993 Leske + Budrich, Opladen
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Aron, R. (1993). Über die Verweigerung aus Gewissensgründen. In: Stark, J. (eds) Über Deutschland und den Nationalsozialismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97269-9_25
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