Zusammenfassung
Nach den Erfahrungen mit der systematischen politischen Indoktrination durch die verschiedenen totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts hat sich offenkundig in den freiheitlichen Demokratien des Westens, jedenfalls in Deutschland, die allgemeine Annahme verbreitet, die Demokratie bedürfe der bewußten, öffentlich veranstalteten politischen Erziehung in den Schulen nicht. Diese sei vielmehr ein Kennzeichen totalitärer politischer Systeme, die sich nur auf dem Wege der Indoktrination ausreichend politische Unterstützung und Akzeptanz verschaffen könnten, während sich die Demokratie — ähnlich ihrem Korrelat Marktwirtschaft — gewissermaßen von selbst verstünde. Als seien die Menschen unterschiedslos von Geburt an Demokraten und würden nur durch Manipulation auf andere Wege gelenkt. Eine solche unterschwellige Einstellung wird den Wert entsprechender Bemühungen gering schätzen, wenn nicht sogar ihnen mit Skepsis begegnen und sie offen für überflüssig oder gar gefährlich erklären.
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Anmerkungen
Siehe dazu Walter Gagel: Vereinigung: Ist gemeinsame politische Bildung möglich?, (in: Gegenwartskunde 1/1991, S.55 — 69)
Greven, Michael Th.: Die Pluralisierung politischer Gesellschaften. Kann die Demokratie bestehen? (in:Jäger, T. und D. Hoffmann (Hrsg.): Demokratie in der Krise? Zukunft der Demokratie, Opladen, 1995, S.257 — 281) und im Hinblick auf Politikwissenschaft und Politische Bildung: Ders.: Die Allgegenwart des Politischen und die Randständigkeit der Politikwissenschaft, (in: Leggewie, C.: (Hrsg.): Wozu Politikwissenschaft? Darmstadt, 1994, S.285 — 296)
In seinem bemerkenswerten Report für den Club of Rome „Ist die Erde noch regier-bar?“ München, 1995, geht Yehezkel Dror sogar weiter „… das ist ebenso falsch, wie blindes Vertrauen darauf, daß durch demokratische Wahlen automatisch nur geeignete Persönlichkeiten in ihre Ämter berufen werden,” (S. 173) und diskutiert anschließend Möglichkeiten, gerade „Spitzenpolitiker“ besser für ihre Aufgaben „sittlich und intellektuell” zu schulen. Politische Bildung ist eben für aktive Politiker ebenso notwendig, wie für alle anderen Bürger, und praktische Erfahrung allein muß nicht zu entsprechenden Qualifikationen führen.
Behrmann, G.C.: Soziales System und politische Sozialisation, Stuttgart (u.a.), 1972, S. 158
Darüber, informativ und theoretisch den Zusammenhang mit der Zukunft von Politik und Demokratie reflektierend: T. Meyer: Die Transformation des Politischen, Frankfurt/Main, 1994, S. 125–188
Siehe auch Wehling, Hans-Georg: Konsens à la Beutelsbach? (jetzt auch in: Breit, G. und P. Massing (Hrsg.): Grundfragen und Praxisprobleme der politischen Bildung, Bonn, 1992, S.122 — 128)
Siehe dazu nach wie vor als klassischen Text: Dewey, John: Demokratie und Erziehung, Braunschweig, 1930
Ähnlich auch im Hinblick auf die Einführung Politischer Bildung in den ostdeutschen Bundesländern, Walter Gagel, a.a.O.
Mit Unterstützung der Schader-Stiftung hat eine Initiativgruppe aus anerkannten Sozialwissenschaftlern und Praktikern der Politischen Bildung kürzlich in einem „Darmstädter Appell zur Politischen Bildung in der Schule“ auf die desolate Lage aufmerksam gemacht und eine grundlegende Reform politisch eingeklagt. Der Appell und weitere Materialien sind kostenlos zu beziehen über die Schader-Stiftung, Karlstr.85, 64285 Darmstadt.
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Greven, M.T. (1996). Die politische Gesellschaft braucht politische Bildung. In: Weidinger, D. (eds) Politische Bildung in der Bundesrepublik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97345-0_9
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