Rainer Forst Kontexte der Gerechtigkeit

Zusammenfassung

Den Beginn der amerikanischen Kommunitarismusdebatte markierte 1982 Michael Sandels Buch „Liberalism and the Limits of Justice“. In ihm wurden die moralphilosophischen und anthropologischen Grundannahmen des Liberalismus in Frage gestellt. Bezugsfolie der Kritik war die 1971 erschienene „Theorie der Gerechtigkeit“ von John Rawls, die in ihrer Reformulierung sozialvertraglicher Denkfiguren mit den Mitteln analytischer Philosophie für die praktisch-philosophische Argumentation des politischen Liberalismus geradezu paradigmatische Prägekraft erlangt hat. Dieser Umstand verdient allein schon deswegen besondere Beachtung, weil damit nicht der ökonomische oder utilitaristische Liberalismus (etwa Friedman oder Nozick), sondern die maßgeblichen Vertreter eines sozialen Liberalismus zum Bezugspunkt der Kritik wurden.Autoren wie Michael Sandel, Charles Taylor, Michael Walzer und Alasdair MacIntire entwickelten über die Kritik an Rawls und den an ihn anknüpfenden Autoren — wie Ronald Dworkin, Thomas Nagel oder Bruce Ackerman — die Konturen ihrer politischen Philosophie. Als Sammelbegriff dieser Kritiker des politischen Liberalismus hat sich trotz zahlreicher bestehender Unterschiede in den Positionen der einzelnen Autoren der Begriff des „Kommunitarismus“ eingebürgert.