Die parlamentarische Regierung in England

Zusammenfassung

Die lebenden Kräfte hinter den mehr oder weniger statischen Formen des demokratischen Verfassungswesens schöpfen seine Substanz nicht aus. Die konkrete Weise, in welcher eine Verfassung »die Obrigkeiten und besonders die höchste von allen« in einem Staat einrichtet, hat viel mit der wirklichen Gestalt einer demokratischen Regierung zu tun. Ihr Anteil an der Formung des politischen Handelns geht so weit, daß, wie unten noch zu zeigen sein wird, selbst die Struktur der politischen Parteien dadurch beeinflußt wird. Es ist daher wichtig, die bedeutenderen Unterschiede zwischen den verschiedenen Typen der demokratischen Exekutive zu untersuchen. Im wesentlichen handelt es sich dabei um die parlamentarische und um die Präsidial-Regierung; die charakteristischen Merkmale der beiden Typen sind bereits erwähnt worden. Nur der Vollständigkeit halber sei auf die besondere Form kollegialer Exekutiven hingewiesen, wie sie sich in der Schweiz entwickelt hat; sie ist in Uruguay zweimal in modifizierter Form übernommen, aber beide Male wieder abgeschafft worden. Nun besitzt die Schweiz wenig mehr als fünf Millionen Einwohner und Uruguay weniger als drei; diese Zahlen sind der Einwohnerzahl einer modernen Weltstadt vergleichbar, nicht hingegen der eines großen Landes. Zieht man ferner in Betracht, daß die Schweiz und Uruguay nicht mit den außenpolitischen Problemen eines modernen Großstaates belastet sind, so wird man sie kaum noch als allgemeingültige, verfassungspolitische Vorbilder betrachten wollen. Vielmehr scheinen die meisten Länder, in denen ein ernst zu nehmender Versuch mit demokratischen Einrichtungen gemacht wird, die Wahl zwischen dem parlamentarischen und dem präsidialen System zu haben; da das parlamentarische älter und häufiger ist, soll es zuerst untersucht werden.