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Kleists »Sendung des Dritten Reichs«

Zur Rezeption von Heinrich von Kleists ›Hermannsschlacht‹ im Nationalsozialismus

  • Chapter
Kleist-Jahrbuch 2006
  • 204 Accesses

Zusammenfassung

1936 findet in Bochum eine »Kleist-Festwoche« statt. Unter der Schirmherrschaft von »Reichsleiter Alfred Rosenberg« spielt das Bochumer Schauspielhaus, Intendant ist Dr. Saladin Schmitt. »Das wichtigste und heiligste Vermächtnis, das uns Kleist hinterlassen hat, ist der Anspruch, den Lebensinteressen des gesamten Volkes zu dienen«, schreibt der Präsident der Reichstheaterkammer und Ministerialrat im Propagandaministerium in seinem Geleitwort zur Festschrift.1 Schmitt fällt nicht zufällig die Ehre zu, dieses Vermächtnis zu »vermitteln«, hat er doch bereits als Leiter und Regisseur des Deutschen Theaters (seit 1916) im besetzten Brüssel dem Reich eine Stimme gegeben.2 In Bochum hat er dann seit 1919 ununterbrochen daran erinnert, daß die Weimarer Republik weder Deutschland noch die Deutschen repräsentiere und in einer Reihe von Herrscherdramen autokratische Formen der Souveränität zelebriert.3 Theater, so erläutert Schmitt 1925 sein Programm der »Vermittlung«, sei dafür zuständig, jeder Generation aufs Neue den Zusammenhang des deutschen »Kulturguts« mit den »mystischen Tiefen des Blutursprungs« und ihrer »Bindung mit dem Volksganzen« zu verinnerlichen.4 Ganz wie sein Namensvetter5 vertritt Saladin Schmitt in seinen Inszenierungen ein auf der Dezision begründetes Modell der Souveränität, das polemisch gegen die demokratischen Verfahren der Republik gesetzt wird.6 Mit dem Hinweis auf die politische Dimension des germanischen »Blutes« ist Saladin Schmitt Carl Schmitt sogar einen Schritt voraus, der völkisch-rassistische Elemente erst nach der Machtergreifung in seine Lehre des Politischen einbaut.

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Anmerkung

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Werber, N. (2006). Kleists »Sendung des Dritten Reichs«. In: Blamberger, G., Breuer, I., Doering, S., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2006. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00204-4_11

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