Thomas Richter: Die Dialoge über Literatur im Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter; Bibliotheca Zelteriana

Zusammenfassung

Unter der Vielfalt der Gegenstände, die Goethe und Zelter in ihrem langjährigen Austausch von mehr als 870 überlieferten Briefen besprechen, stößt das Thema Literatur seit ihrer Publikation 1833/34 bei den Lesern aus begreiflichen Gründen auf besonderes Interesse. Es geht dabei, wie kaum anders zu erwarten, überwiegend um die Werke Goethes, von deren Genese, erster Aufnahme durch Carl Friedrich Zelter und wiederholten Lektüre die Briefe berichten, von der Arbeit des Komponisten an Vertonungen, von Aufführungen durch Chöre und Theater, von Reaktionen Dritter. Darüber hinaus kommen in den über dreißig Jahren des Briefwechsels, den Goethe selbst zur posthumen Veröffentlichung bestimmt hatte, Werke von Zeitgenossen und des weltliterarischen Kanons zur Sprache. Thomas Richter widmet sich im ersten Teil seiner Dissertation diesen Aspekten des Konvoluts, wobei er vor allem von der bislang unausgewogenen Rezeption der Korrespondenz abrücken will, die alle Aussagen zur Literatur einzig im Blick auf den Klassiker Goethe ausgewertet habe (S. 28). Die neuere Forschung, so die Münchner Ausgabe (MA) oder das Goethe-Handbuch, geben zwar Zelters Briefen als emstzunehmenden Quellen der zeitgenössischen Rezeption breiten Raum, doch der Verfasser will die Reden über Literatur im Briefwechsel im Zusammenhang betrachten (S. 28) und vor allem Zelter als kompetenten Leser auch über seine bekannte Goetheverehrung hinaus wiederentdecken, die „Intensität, Qualität und Sensibilität“ (S. 2) seiner Lektüre. Zu berücksichtigen seien speziell die „Gesetze“ oder das „Grundgesetz“ der Korrespondenz (S. 28, 31, 32, 174, 343), also wohl die Merkmale der Textsorte Briefwechsel, und die sprachliche Produktivität von Zelters Briefen, die Goethe selber „wie Literatur behandelte“ (S. 7).