Zusammenfassung
Fragte man heute wohl Liebhaber der Dichtung nach ihren bevorzugten Büchern aus der deutschen Überlieferung, dann würden sicher nicht sehr viele auch Des Knaben Wunderhorn nennen. Gewiß, diesen Sammelband Arnims und Brentanos, mit seinem erzromantischen, verzauberten und wirkungsmächtigen Titel, kennt jeder literarisch Gebildete. Ob ihn aber viele von diesen in ihren privaten literarischen Kanon heute noch aufnehmen? Das war im 19. Jahrhundert anders. Goethes Wunsch, den er in seiner Besprechung des ihm gewidmeten ersten Bandes des Wunderhorns aussprach, schien in Erfüllung zu gehen. Er hatte gemeint: Von Rechts wegen sollte dieses Büchlein in jedem Hause, wo frische Menschen wohnen, am Fenster, unter’m Spiegel, oder wo sonst Gesang- und Kochbücher zu liegen pflegen, zu finden sein, um aufgeschlagen zu werden in jedem Augenblick der Stimmung oder Unstimmung, wo man denn immer etwas Gleichtönendes oder Anregendes fände, wenn man auch allenfalls das Blatt ein paarmal umschlagen müßte. Am besten aber läge doch dieser Band auf dem Clavier des Liebhabers oder Meisters der Tonkunst, um den darin enthaltenen Liedern entweder mit bekannten hergebrachten Melodien ganz ihr Recht widerfahren zu lassen, oder ihnen schickliche Weisen anzuschmiegen, oder wenn Gott wollte, neue bedeutende Melodien durch sie hervorzulocken. Dies alles schien in der Tat in Erfüllung zu gehen. Allein die Liste späterer Gesamt- und Teildrucke des Wunderhorns, sowie des literarischen, im Druck offenkundig gewordenen Widerhalls füllt in Otto Mallons Brentano-Bibliographie (1926) viele Seiten.
Dieser Aufsatz ist das verbesserte Nachwort zur Ausgabe von Des Knaben Wunderhorn im Deutschen Taschenbuch Verlag, 1963.
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Henkel, A. (1983). Versuch über Des Knaben Wunderhorn. In: Der Zeiten Bildersaal. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03187-7_9
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03187-7_9
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00546-5
Online ISBN: 978-3-476-03187-7
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