Die Französische Revolution politisiert die Invaliden — Das Elend von Napoleons Kriegen — Untertanen in Uniform: affirmative Invalidenfiguren der Restauration

Zusammenfassung

Allmählich, vom 16. bis ins 18. Jahrhundert, warf das Image des Invaliden seine negativen Züge ab. Dieses Bild war sozial determiniert, politisch aber indifferent. Nur in dieser Hinsicht erzeugte die Französische Revolution einen Wandel. Die politische Haltung der anciens soldats entzieht sich heutiger Kenntnis, anders als die Alltagsprobleme.² Daß etwa die Amerika-Veteranen revolutionär gewesen seien, ist nicht beweisbar;³ allzu wenige Invaliden wurden in Polizeiberichten als Agitatoren denunziert.⁴ Um die republikanische Gesinnung von gewesenen Offizieren des Königs zu messen, hat Bois 552 Beurteilungen ausgewertet, die das stereotype tyrannenhasserische, aber auch auf kriegerische Bravour abhebende Vokabular benutzen. Allgemein scheinen sich die Veteranen in der Revolution abwartend verhalten zu haben.⁵ Die Mannschaft des Invalidenhauses in Paris war den Revolutionären des Juli 1789 sogar verdächtig. Das Hôtel wurde durchsucht, und in der Stadt mußten Invaliden als uniformierte Royalisten damit rechnen, an die nächste Laterne gehängt zu werden, wie Restif de la Bretonne aus eigener Anschauung schildert.⁶ Am 17. Juli wurde ein einbeiniger Veteran gelyncht,⁷ zwei Invaliden, die die Menge für Spione hielt, erging es nicht anders.⁸ Beim Bastillesturm kamen weitere Invaliden ums Leben.⁹ Aber der 14. Juli begann “aux Invalides”, und die Insassen fraternisierten,¹⁰ wobei die Stürmung des Hôtel auch militärisch bedeutsam war, weil man mindestens “20.000 Flinten, Munition und Kanonen”, nach anderen Quellen doppelt soviele Waffen, wenn auch ohne Munition, erbeutete.¹¹

La politique […] est une pierre attachée au cou de la littérature, et qui, en moins de six mois, la submerge. La politique au milieu des intérêts d’imagination, c’est un coup de pistolet au milieu d’un concert.¹

(Stendhal: Le Rouge et le Noir)