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Die Inkorporation externer Regionen

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Das Weltsystem des Erdöls
  • 1195 Accesses

Auszug

Thema dieses Kapitels ist die Eroberung und Erschließung der weltweiten Erdölvorkommen unter Führung der Hegemonialmächte Großbritannien und der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit dem Leitbegriff der Inkorporation untersuchen wir die wirtschaftlichen und politischen Prozesse, in deren Verlauf externe, noch außerhalb der Weltwirtschaft liegende Regionen zu Peripherien, d. h. zu integralen Bestandteilen des erweiterten Systems werden und darin unentbehrliche Funktionen erfüllen, im vorliegenden Fall die Versorgung der industriellen Verbrauchsländer mit Rohöl. Indem die Einnahmen aus dem Rohölexport über den Import von Industrieerzeugnissen und Dienstleistungen aus den Zentrumsländern in diese zurückfließen, schließt sich der Kreis und begründet sich eine wechselseitige Abhängigkeit von Zentrum und Peripherie.

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Literatur

  1. Ferguson vertritt die These, „dass es keine selbstbewussteren Imperialisten gegeben hat als die Gründungsväter der Vereinigten Staaten. Gewiss unterschied sich das Imperium, das sie sich vorstellten, erheblich von demjenigen, von dem sie sich abgespalten hatten. Es sollte keine Ähnlichkeit mit den maritimen Imperien Westeuropas besitzen, wohl aber mit den Festlandsimperien der Vergangenheit“ — insbesondere mit dem Römischen Reich, mit dem es vieles gemeinsam hat (vgl. Bender 2003). Im Unterschied zum Römischen Reich mussten die Vereinigten Staaten ihr Territorium aber nicht ausschließlich mit militärischen Mitteln erobern, sondern konnten es großenteils von europäischen Kolonialmächten gegen Staatsanleihen erwerben (vgl. Ferguson 2004: 47ff).

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  2. Tatsächlich folgte der Öffnung von Türen zu externen Regionen nicht selten ein informeller Imperialismus, bei dem sich die Amerikaner als gelehrige Nachfolger der Briten zeigten (vgl. Ferguson 2004: 24ff.).

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  3. Wallersteins polit-ökonomisches Konzept der Inkorporation, demzufolge die Inkorporation von externen Regionen oder Sektoren vor allem in Form von Allianzen zwischen den „starken Staatsapparaten“ der Zentrumsländer und dort beheimateter multinational orientierter Unternehmen betrieben wird, kann kultursoziologisch also erweitert werden, indem man neben wirtschaftlichen und politischen Interessen auch kulturelle Ideen als mitbestimmende oder zumindest modifizierende Faktoren bei der Inkorporation externer Regionen berücksichtigt. Man kann hier auf Webers These rekurrieren, der zufolge soziales und auch wirtschaftliches Handeln zwar primär von den materiellen Interessen der Akteure bestimmt wird, dass aber kulturelle Ideen und Weltbilder die Bahnen abstecken, innerhalb derer sich die Interessen-und Machtdynamik über längere Zeit entfaltet. Vgl. Weber 1988: 252.

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  4. Der gleiche Raum, — er umfasst „die Türkei, den Iran und vielleicht Afghanistan; den Irak und die Arabische Halbinsel; die vier levantinischen Staaten Syrien, Libanon, Israel und Jordanien; und Ägypten mit unterschiedlich definierten Ausdehnungen nach Süden und Westen ins arabischsprachige Afrika hinein“ — wird im Deutschen als „Naher Osten“, im englischen als „Middle East“ bezeichnet. Der in dieser Begriffsbildung zum Ausdruck kommende Eurozentrismus verweist auf das Periphere der bezeichneten Region, und es ist sicher kein Zufall, dass der Begriff des Middle East im Zenit des europäischen Imperialismus (im Zeichen Großbritanniens und Frankreichs) im Jahre 1902 geprägt wurde (vgl. Lewis 1994: 15ff, 40).

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  5. Deutschland war um diese Zeit völlig von der zur Standard Oil Corporation gehörenden Deutschen Petroleum-Verkaufsgesellschaft abhängig. Diese Gesellschaft, an der die Deutsche Bank einen Anteil von 9 Prozent hielt, tätigte 91 Prozent aller Ölverkäufe in Deutschland. Um die Abhängigkeit vom amerikanischen Öl zu reduzieren und eine mögliche britischen Seeblockade zu umgehen, plante die Deutsche Bank, mesopotamisches Öl mit der von ihr finanzierten „Bagdadbahn“ auf dem Landweg nach Deutschland zu transportieren (vgl. Engdahl 2000: 41ff).

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  6. Der heimische Ölverbrauch hatte zwischen 1911 und 1918 um 90 Prozent zugenommen; die Zahl der zugelassenen motorisierten Fahrzeuge war zwischen 1914 und 1920 von 1,8 auf 9,2 Millionen angestiegen (vgl. Yergin 1991: 252).

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  7. Sie wurde noch gesteigert durch die „Kopplung des IPC Diktats mit der Frage der territorialen Einheit und der Verfassungsentwicklung... Zurück blieb unter irakischen Nationalisten viel Bitterkeit, die sich bei vielen von ihnen bis zum unversöhnlichen Hass gegen die Briten anstaute; hinzu gesellte sich der entschlossene Wille, künftig jede Gelegenheit zur Revision, wenn nicht Beseitigung der IPC Konzession zu nutzen“ (Mejcher 1980: 27).

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  8. Neben dem Ölreichtum ist die Wahhabitische Lehre, eine radikale Variante des Islam, die die Saudis im 18. Jahrhundert übernommen und verbreitet hatten, die zweite — ideologische — Säule ihrer Macht (vgl. Lewis 2003: 135ff).

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  9. Nationale Besonderheiten bei der Inkorporation von Förderregionen sind trotz der Konvergenz zu internationalen Konsortien nie ganz verschwunden. So hat Großbritannien bei der Erschließung des Nordseeöls in den 1970er Jahren ähnlich wie seinerzeit im Nahen Osten ein nationales Unternehmen gegründet, die „British National Oil Corporation“ (BNOC). Vgl. Yergin 1991: 825, 916f; Yergin/Stanislaw 1999: 30.

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  10. Die Motivation für die koloniale Inbesitznahme Afrikas bringt Pakenham auf „drei C“: Commerce, Christianity, Civilization und fügt aus der Sicht der Afrikaner ein viertes „C“ hinzu: Conquest. Eine rein ökonomische Erklärung des „neuen Imperialismus“ greift aus Hobsbawm Sicht (und der vieler anderer Imperialismusforscher) zu kurz. Wirtschaftliche Motive verquicken sich vor allem bei Großbritannien fast immer mit strategischen Interessen, insbesondere der Sicherung der Schifffahrtswege und des Zusammenhalts des Empire. Zudem lenkt imperialistische Politik von den inneren wirtschaftlichen und sozialen Problemen der Industrieländer ab und fokussiert die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Herausforderungen und Chancen globaler Aktivitäten. Schließlich war der neue Imperialismus auch ein kulturelles, von missionarischem Eifer und zivilisatorischer Mission getragenes Phänomen. Es äußert sich in der Verbreitung europäischer Sprachen und Religionen, Ideen und Institutionen. Neben der Verbesserung von Bildung und Gesundheit ging es auch um die Internalisierung von zwei Grundformen zivilisierten Verhaltens, nämlich Steuern zu zahlen und zu arbeiten — sollten die Kolonien sich doch grundsätzlich selbst finanzieren und für ihre Herren Gewinn abwerfen (vgl. Hobsbawm 1989: 83ff; Reinhard 1990: 98).

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  11. Zur Entwicklung der Libyschen Produktion vgl. Karlsson 1986: 202 sowie 20ff. und 40 mit vergleichenden Zeitreihen über die Weltölproduktion.

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  12. Eine Abfolge der Regierungen Nigerias findet man in Khan 1994: 13.

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  13. Der Begriff ist populär geworden durch Rudyard Kiplings Buch „Kim“, in dem die imperiale Welt Britisch-Indiens und seine Bedrohung durch das ebenfalls imperialistische Zarenreich ausgemalt wird. Das große Spiel um Zentralasien ist ausführlich dargestellt in: Hopkirk 1994.

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  14. über die zweifelhaften Praktiken der ExxonMobil berichtet Klevemann 2002: 121ff.

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  15. Während die OECD-Länder ihren Energieverbrauch von 1970 bis 2003 pro Jahr um durchschnittlich 1,3 Prozent steigerten, waren es in den Entwicklungsländern Asiens, Afrikas und Südamerikas durchschnittlich 4,6 Prozent. Dadurch verringerte sich der Anteil der OECD am Weltverbrauch von fast 70 Prozent auf 55 Prozent (vgl. Berenberg Bank/ HWWI 2005: 16, 18).

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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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(2008). Die Inkorporation externer Regionen. In: Das Weltsystem des Erdöls. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91217-2_4

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