Zusammenfassung
Für den weiteren Verlauf der Untersuchung ist es zu empfehlen, um eventuellen Unklarheiten und daraus resultierenden Missverständnissen zu steuern, vorab den Begriff des subjektiven Rechtfertigungselements als Verständigungsgrundlage zu bestimmen. — Allerdings wird im Fortgang der Untersuchung noch ein erhebliches Kontingent offener Fragen hinsichtlich der grundsätzlichen Berechtigung des Inhalts und der Rechtsfolgen dieses Elements zu bewältigen sein. Deren Beantwortung aber hat unmittelbaren Einfluss auf die Struktur des Begriffs. Deshalb läßt sich an dieser Stelle zunächst nur ein „Vorbegriff“ des subjektiven Rechtfertigungselements bilden. Ein Begriff also, der in den weiteren Untersuchungs-schritten noch der näheren Bestimmung seiner Merkmale bedarf und zusätzlich auch noch unter der aufschiebenden Bedingung seiner kriminaltatsystematischen Legitimierbarkeit überhaupt steht. Gemäß dem Gesetz des Verhältnisses von Intension und Extension eines Begriffs, wonach im Grundsatz der Begriffsumfang, die von ihm umfaßten Gegenstände, sein Anwendungsbereich, um so geringer ist, je mehr Inhaltsreichtum er aufweist1, muss der Vorbegriff also, um gleichsam für jegliche Antwort auf die angeführten Fragen empfänglich zu sein, einen weiten Umfang und damit eine geringe Intension haben. Deshalb kann in diesem Abschnitt die Begriffsbestimmung nur durch wenige Grobcharakteristika erfolgen. Und auch diese sind im Begründungsgang noch in ihrer Berechtigung zu explizieren — selbst, wenn sie weitestgehend nicht auf Widerspruch stoßen dürften; übernommen werden darf, wie erläutert, grundsätzlich nichts.
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(1)
Innere Disposition. — Mit „subjektivem“ Rechtfertigungselement ist eine innere Disposition gemeint, eine psychische Ausrichtung also. Im Problemkontext geht es näherhin im Wesentlichen um die Dispositionen Wissen, Wollen und Motiviertheit.
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(2)
Dispositionen des Täters. — Die thematischen Ausrichtungen befinden sich im Kontext der Rechtfertigung. Rechtfertigung aber bedeutet eine Entlastung des Täters durch bestimmte Subjektvollzüge. Es steht mithin eine Disposition des Täters in ihrer kriminalrechtlichen Bedeutung in Frage.2
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(3)
Zusammenhang mit den objektiven Rechtfertigungsvoraussetzungen. — Rechtfertigung muss, um überhaupt interaktioneile Relevanz, d. i. Rechtsbedeutsamkeit, erlangen zu können, auch aus einem objektiven Verhaltensvollzug in einem objektiven Verhaltenskontext bestehen. Und mit dessen Voraussetzungen muss sich das subjektive Rechtfertigungselement — so darf, ohne zu präjudizieren, gesagt werden — in einem weitesten Sinne in einem Zusammenhang befinden. Ohne einen solchen Konnex könnte sich das subjektive Element gar nicht vermitteln in den interaktionellen Unrechtsausschlussprozess.
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(4)
Verbindung mit der Verwirklichung des Unrechtstatbestandes. — Rechtfertigung kann nicht als ursprünglicher Vorgang gedacht werden, vielmehr soll sie etwas negativ Bewertetes in zu bestimmender Weise „ausgleichen“ (detaillierter unten im 4. Teil, 1. Abschnitt, § 1). Dieses Negativum ist die Verwirklichung der Voraussetzungen eines gesetzlichen Tatbestandes (Unrechtstatbestandes3). Also muss die Rechtfertigung mit dieser zusammenhängen, und damit muss auch zwischen Tatbestands Verwirklichung und subjektivem Rechtfertigungselement ein Konnex gegeben sein.
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(5)
Rechtsfolgenbedingende Wirkung. — Ein subjektives Rechtfertigungselement als Merkmal eines Rechtfertigungsgrundes ist, im Falle seiner Erforderlichkeit, in dessen Konditionalprogramm eingebunden. D. h., sein und das Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes bedeutet die Rechtfertigung des Täters, hinsichtlich der Verwirklichung der Merkmale eines Unrechtstatbestandes. Und umgekehrt: Dessen Nicht- oder defizitäres Vorliegen, bei gleichzeitigem Gegebensein der objektiven Rechtfertigungsvoraussetzungen — die Fallkonstellation des Erlaubnistatumstandsirrtums ist vorliegend grundsätzlich nicht thematisch —, muss Auswirkungen auf die Rechtfertigung des Täters haben.
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References
Näher de Vries, Begriff, 40, und Keller, Sprachphilosophie, 114.
Es kann auch von „Täterinnerem“ im Gegensatz zu „Täteräußerem“ gesprochen werden; so Schild, Verdross-Fs., 223, der einen guten Überblick gibt zu den unterschiedlichen Verwendungsweisen von „objektiv“ und „subjektiv“ in der strafrechtswissenschaftlichen Terminologie (ebenda, 216 ff.).
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Rath, J. (2002). Vorbegriff eines subjektiven Rechtfertigungselements. In: Das subjektive Rechtfertigungselement. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-56362-1_2
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