Überwindung der russischen Transformationskrise: Ausgewählte Aspekte und Politikoptionen

Zusammenfassung

Während der vergangenen 15 Jahre hat sich Rußland tiefgreifend gewandelt. Es ist keine Diktatur mehr, die von einer einzelnen Partei regiert wird. Ebenso besitzt es keine offizielle Ideologie oder Zensur mehr. Die Gesellschaft hat sich gegenüber dem Rest der Welt geöffnet und eM Pluralismus der Meinungen und Lebensweisen setzt sich durch. All dies war undenkbar während des sowjetisch gepragten Sozialismus. In gleicher Weise hat sich auch die russische Wirtschaft verandert. Sie hat sich von einer zentral verwalteten Őkonomie zu einer Wirtschaftsform gewandelt, die man als marktwirtschaftlich bezeichnen kann. Aber es ist eine sehr seltsame Marktwirtschaft. Die ökonomische Stagnation, die vor einem Vierteljahrhundert offensichtlich wurde, ging über in einen starken Rückgang der Produktion, der immer noch anhält. Zur gleichen Zeit stieg das soziale Gerälle enorm an, und Massenarmut wurde ReaEtät. Der wirtschaftliche Niedergang Rußlands ist — sofern man von anderen, sich noch schlechter entwickelnden ehemaligen Sowjetrepubliken absieht — nahezu ohne Vorbild in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, daß dies in einem Land stattgefunden hat, das bestens mit natürlichen Ressourcen ausgestattet ist und über relativ gut ausgebildete Arbeitskräfte und große industrielle und technologische Erfahrungen verfügt. Rußlands 20. Jahrhundert ist überhaupt geprägt durch einmalige Entwicklungen: der Zusammenbruch eines Weltreiches, Revolution und Bürgerkrieg, Hungersnot, erzwungene Industrialisierung, Kollektivierung, Aufbau von Diktatur und Massenterror, ein weiterer zerstörerischer Krieg, Zusammenbruch des Systems und nun wirtschaftlicher Niedergang.